24. März 2023 Björn Radke

Weltklimarat: Klimawandel entschärfen

Der Weltklimarat IPCC[1] hat jetzt den Synthesebericht des sechsten Sachstandsberichts (AR6) veröffentlicht. Er schließt den etwa achtjährigen Bewertungszyklus des IPCC ab mit dem bahnbrechenden 1,5-Grad-Bericht in 2018, den beiden Sonderberichten über Land und Klima sowie Ozeane und Kryosphäre in 2019, und den drei regulären IPCC-Arbeitsgruppenberichten über die physikalische Wissenschaft, Anpassung und Auswirkungen (in 2021) und Minderung (in 2022).

Im Abschlussbericht wird konstatiert, dass die 1,5-Grad als Grenze weltweit nicht infrage gestellt wird. Allerdings gehen die meisten der bewerteten Emissionsreduktionspfade von einer Überschreitung der 1,5-Grad-Marke aus und setzen auf die gefährliche, risikoreiche und unbewiesene Beseitigung des Kohlendioxids wie auf stetiges Wachstum, statt auf den erforderlichen tiefgreifenden und systemischen Wandel. Zudem spielen fossile Brennstoffe in den Szenarien noch bis 2050 eine Rolle. Da die Folgen der Klimakrise dramatischer sind, als zuvor angenommen, sei ein radikales Umlenken dringend nötig. Der UN-Generalsekretär António Guterres: Die Klima-Zeitbombe tickt und bis sie hochgehe, bleibe nicht mehr viel Zeit.

Im Sachstandbericht[2] heißt es: »Menschliche Aktivitäten haben eindeutig die globale Erwärmung verursacht, vor allem durch die Emission von Treibhausgasen. Dadurch lag die globale Oberflächentemperatur im Zeitraum 2011–2020 um 1,1°C höher als der Wert von 1850–1900. […] Es haben weitverbreitete und schnelle Veränderungen in der Atmosphäre, im Ozean, in der Kryosphäre und der Biosphäre stattgefunden. Der vom Menschen verursachte Klimawandel wirkt sich bereits auf viele Wetter- und Klimaextreme in allen Regionen der Welt aus. Dies hat zu weitverbreiteten nachteiligen Folgen und damit verbundenen Verlusten und Schäden für Natur und Menschen geführt. Verwundbare Bevölkerungsgruppen, die historisch am wenigsten zum aktuellen Klimawandel beigetragen haben, sind unverhältnismäßig stark betroffen.«

Schon jetzt sind Folgen wie häufigere und stärkere Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren deutlich, etwa die Hitze und Überschwemmungen in Kalifornien, Indien und Pakistan im Jahr 2022 und die anhaltende Dürre südlich der Sahara und Südafrika. Besonders betroffen von den Klimaveränderungen ist der globale Süden. Länder wie das westafrikanische Niger, Somalia, Indonesien, Afghanistan oder Haiti gelten als besonders gefährdet. Aber auch bei uns ist spürbar, dass die Zahl der Extremwetter-Ereignisse steigt. Allein in Deutschland hat es in den letzten 20 Jahren über 600 Überschwemmungen, Waldbrände oder Dürren gegeben. Das hat eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ermittelt. Die Kosten in Deutschland beliefen sich demnach auf 145 Mrd. Euro.

Über die Hälfte, 75 Mrd. Euro, entfielen dabei auf drei große Ereignisse: die Hitzesommer 2018 und 2019 sowie die Flut 2021. Auch die Schäden in NRW waren enorm. Bei der Flut wurden Wohngebäude, Hausrat und Betriebe zerstört. Die Infrastruktur wurde in vielen Gemeinden stark in Mitleidenschaft gezogen. Durch die Dürren gab es Ernteausfälle. Auch dem Wald im Westen geht es aufgrund von Trockenheit und Schädlingen sehr schlecht.
Zusätzlich droht eine Verschärfung der Situation durch das Wetterphänomen »El Niño«. Da El Niño auch kurzfristig die globalen Temperaturen erhöht, könnte das Jahr 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen werden.

Björn Radke ist Redakteur von Sozialismus.de.

[1] Das »Intergovernmental Panel on Climate Change« (IPCC) – besser bekannt als der »Weltklimarat« – ist eine Institution der Vereinten Nationen. Es ist die größte internationale Forscherkooperation der Welt. Ihre Aufgabe: den aktuellen Kenntnisstand zum Klimawandel zusammentragen und aus wissenschaftlicher Sicht bewerten.
[2] www.de-ipcc.de/media/content/Hauptaussagen_AR6-SYR.pdf.

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