25. Oktober 2023 Joachim Bischoff: Kongress-Kammer blockiert Handlungsfähigkeit
Weltmacht USA in der Sackgasse
Im Repräsentantenhaus des US-Kongresses herrscht eine politisch bedingte Blockade, die den gesamten Willensbildungs- und Entscheidungsprozess der Hegemonialmacht USA erheblich einschränkt. Seit dem Sturz des Sprechers des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, durch den Rechtsaußen-Flügel seiner eigenen Partei ist die Kammer führungslos und der amerikanische Kongress handlungsunfähig.
Aufgrund von Gegenstimmen aus seiner eigenen Fraktion kam Jim Jordan, der Vertraute des früheren US-Präsidenten Donald Trump, bei den Abstimmungen nicht auf die nötige Mehrheit.
Der Streit innerhalb der Fraktion der Republikaner hat Auswirkungen: Ohne Vorsitzenden ist das Repräsentantenhaus weitgehend handlungsunfähig. Dadurch kann der Kongress u.a. keine weiteren Militärhilfen für Israel, das von der radikalislamistischen Palästinenserorganisation Hamas angegriffen wurde, und die von Russland angegriffene Ukraine beschließen. Außerdem: Sollte das Repräsentantenhaus bis zum 17. November keine Einigung mit dem Senat über einen neuen Haushalt erzielen, kommt es zum »Shutdown« – einem Stillstand der Regierungstätigkeit –, den der gestürzte Speaker McCarthy mit einer Übergangsfinanzierung verhindert hatte. Hintergrund der Absetzung McCarthys war, dass die ultrarechten Republikaner sehr tiefgreifende Ausgabenkürzungen durchsetzen wollten.
US-Präsident Joe Biden will dem Kongress den Entwurf für eine Ergänzung des Haushalts vorlegen. Der Demokrat will die Abgeordneten um weitere Mittel zur Unterstützung von Israel, der Ukraine und Taiwan sowie zur Sicherung der Grenze zu Mexiko ersuchen. Daher steigt im politischen System angesichts der politischen Krisen der Druck auf die Weltmacht. Da der bis dahin letzte Versuch der Republikaner, einen Speaker zu wählen, aber gescheitert ist, drohen dem Kongress weitere Tage, vielleicht Wochen, des politischen Vakuums. »Diese Lähmung ist nicht bloß eine Unannehmlichkeit«, bringt der Demokrat Mike Quigley die Lage im Kongress auf den Punkt. »Es macht unsere Nation verwundbar. Es zeigt der Welt – Verbündeten und Feinden –, dass wir nicht regieren können.«
Dieses Vakuum wirkt sich auf folgende Punkte aus: Erstens muss der Überbrückungshaushalt durch einen ordentlichen Haushalt für 2024 abgelöst werden. Abgesehen von der eingeschränkten Unterstützung für Israel und die Ukraine geht es zweitens um den weiteren Umgang mit der Schuldengrenze, und drittens um die Gestaltung der öffentlichen US-Finanzen.
Der Überbrückungshaushalt
Der Kongress hat Ende September einen Überbrückungshaushalt für 45 Tage bewilligt. Bis zum 17. November ist damit die Finanzierung der Bundesbehörden und der öffentlichen Ausgaben gesichert. Die Laufzeit des im vergangenen Jahr vom US-Kongress beschlossenen Haushalts endete mit Ablauf des Monats September. Bis dahin musste ein neuer Bundeshaushalt beschlossen werden, um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden.
Die Zahlungsunfähigkeit hätte bedeutet, dass die USA auf Bundesebene ohne Verwaltung und öffentliche Einrichtungen wie Flughafenkontrollen und Katastrophenhelfer*innen dagestanden hätten: kein Gehalt für die Angestellten der Regierung, von denen viele hätten Zwangsurlaub nehmen müssen. Dabei leben etliche von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck und haben keine relevanten Rücklagen. Auch ein staatliches Ernährungsprogramm für die Ärmsten wäre buchstäblich ausgehungert worden. Für mindestens sieben Mio. Familien mit kleinen Kindern hätte ein Shutdown besonders dramatisch werden können.
Joachim Bischoff ist Mitherausgeber von Sozialismus.de.