26. Januar 2024 Gespräch mit Katalin Gennburg über linke Stadtentwicklungspolitik

Wem gehört die Stadt?

Politische Bildung life – das war unser erster Kontakt mit Katalin Gennburg beim Stadtspaziergang »zu den Aufwertungsplänen der Signa-Gruppe rund um den Hermannplatz« im Juli 2023.

Sie berichtete über die Pläne der Signa Holding,[1] aus dem Karstadt Kaufhaus einen Luxuskonsumtempel zu machen. Inzwischen hat Signa Konkurs angemeldet, mit weitreichenden Folgen: Schließung von Kaufhäusern, Entlassung von Personal, fehlende Einkaufsmöglichkeiten, Neubaustopp, hohe Verluste für kooperierende Unternehmen und Käufer*innen von Wohnungen. Ein Lehrstück über gescheiterte Stadtentwicklungspolitik und das ideologische Ausschlagen von Alternativen zur kommunalen Warenhaussicherung gemeinsam mit den Beschäftigten.


Sozialismus.de: Die Rolle der Eigentumsfrage in der Berliner Stadtentwicklung: Wie ist deine Bilanz zur Rolle der Eigentumsfrage in der Berliner Stadtentwicklung?

Katalin Gennburg: Nur wenn wir wissen, wer sich mit welchen Interessen die Stadt aneignet, können wir auch gestalten und als Sozialistin kämpfe ich für das Gemeineigentum an Grund und Boden und eine soziale Bodenreform. Die wenigsten wissen heute, wo welches Kapital schon überall reingeschwappt ist und wie verzweigt die Zusammenhänge und die Konflikte dahinter sind, was sich durch Stadtspaziergänge zu stadtpolitischen Konflikten gut erklären lässt. 2018 mit dem Start zum Volksentscheid »Deutsche Wohnen & Co enteignen« wurde die Eigentumsfrage gestellt und ist inzwischen immanenter Bestandteil einer antikapitalistischen Stadtentwicklungspolitik.

Uns ist es als gesellschaftliche Linke in Berlin in den letzten Jahren gelungen, den öffentlichen Diskurs nach links zu verschieben und eine radikalere Haltung für eine solidarische Stadtpolitik einzubringen. Ein großer Fortschritt! Zu den sieben Jahren Regierungsbeteiligung der LINKEN gehörten mindestens vier Jahre Auseinandersetzung um die Eigentumsfrage und das Enteignungsvolksbegehren. Und siehe da: Die CDU hat gemeinsam mit der SPD beschlossen, die Stadtwerke zurückzukaufen. Offensichtlich haben die Diskussionen über Gemeineigentum und Vergesellschaftungsfragen dazu beigetragen, dass wir wieder über solidarische Politik entlang der Eigentumsfrage sprechen können und die Systemfrage über die Linke hinaus diskutiert wird.

Wie bewertest Du den Berliner Mietendeckel, der ja durch das Bundesverfassungsgericht rückgängig gemacht wurde?

Ich habe für den Mietendeckel von Anfang an gekämpft und intensiv mit an der Umsetzung gearbeitet und bin bis heute zutiefst überzeugt, dass er richtig war und richtig sein wird! Eine vieldiskutierte und spannende Frage ist, ob der Mietendeckel der Weg in die richtige Richtung ist, und wie sehr die Eigentumsfrage tatsächlich die Überwindung des Kapitalismus organisieren helfen kann.

Katalin Gennburg wurde im Bezirk Treptow-Köpenick direkt in das Berliner Abgeordnetenhaus gewählt und ist Sprecherin für Stadtentwicklung, Bauen, Umwelt und Tourismus für die Linksfraktion; seit 2023 ist sie stellvertretende Landesvorsitzende der Partei in Berlin. Das Gespräch führten Klaus Kohlmeyer und Stefanie Odenwald.

[1] Siehe auch berlinerinnen-gegen-signa.de – INITIATIVE FÜR GEMEINWOHLORIENTIERTE STADTPLANUNG IN DER BERLINER CITY WEST, gegründet von Boris Bonczyk.

Die komplette Leseprobe als pdf-Datei!

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