26. Oktober 2017 Klaus Lang: Anmerkungen zu »Für eine offensive Gewerkschaftspolitik der IG Metall – sieben Thesen«

Zu formelhaft, um provokativ zu sein

Selten habe ich mich in den letzten Jahren über einen politischen Text in der Zeitschrift »Sozialismus« mehr geärgert als über diese sieben Thesen.

Viele Artikel in der Zeitschrift finden in den politischen Ansichten und Schlussfolgerungen nicht meine Zustimmung. Aber oft kann man die gute und faktenreiche Analyse sehr gut gebrauchen oder auch strategische Überlegungen teilen.

Bei den genannten Thesen ist die Einfallslosigkeit dieser fast ewig gültigen Formeln Garant für ihre praktische Wirkungslosigkeit. Diese Thesen hätten nahezu unverändert auch vor fünf, zehn, fünfzehn oder fünfundzwanzig Jahren geschrieben werden können.

Mich ärgert das deshalb, weil wir uns in Deutschland und Europa (ich will einmal die globale Perspektive außen vor lassen) in einer bedrückenden, teilweise beängstigenden Situation befinden. Das hat viele Gründe und Ursachen. Daher wäre eine linke Analyse und darauf aufbauende politische Strategie, die auf die realen Gegebenheiten Bezug nimmt und daraus verändernde Kraft entwickelt, dringend notwendig. Der vorliegende Text bietet dafür meines Erachtens keine Grundlage.

Ich habe diese Anmerkungen ursprünglich aufgrund der Fassung der Thesen in Sozialismus 10-2017 geschrieben und mir danach die ausführliche Fassung bestellt. Sie mindert aus meiner Sicht den Grund für meine kritischen Anmerkungen kaum. In der Vorbemerkung der Langfassung gibt es einen Absatz, dem ich uneingeschränkt zustimmen kann: »Die IG Metall muss ihre Durchsetzungsmöglichkeiten und Grenzen realistisch einschätzen und beschreiben. Tut sie dies nicht und stellt ihre Kraft überhöht dar, muss sie Verantwortung für gesellschaftliche Verhältnisse übernehmen, deren Gestaltung sie nur unzureichend beeinflussen kann. Es besteht die Gefahr, dass die IG Metall die Realität anders beschreibt, als sie von einem Großteil ihrer Mitglieder wahrgenommen wird und sich hierdurch von ihrer Mitgliedschaft entfernt. Letztlich kann dies nur zu Rechtfertigung von Verhältnissen führen, die nicht im Interesse der IG Metall liegen.« Leider haben die Autoren der sieben Thesen diese richtige Erkenntnis nicht bei der Abfassung ihres Textes angewandt. Damit trifft das Urteil den eigenen Text. Meine Kritik will ich mit Anmerkungen zu einzelnen Thesen deutlich machen.

Klaus Lang war von 1979 bis 2003 Gewerkschaftssekretär beim Vorstand der IG Metall und von 2003 bis 2008 Arbeitsdirektor Stahlwerk und Holding Georgsmarienhütte.

Die komplette Leseprobe als pdf-Datei!

Siehe hierzu auch das Interview, das Otto König in der Printausgabe der Zeitschrift mit Heidi Scharf und Günter Hoetzl geführt hat.

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