24. Juni 2011 Joachim Bischoff/Norbert Weber: Die West-LB
Abgesang auf das einstige Flaggschiff
Bis Ende Juni müssen die WestLB-Eigner der EU-Kommission einen Vorschlag für eine Aufspaltung der Landesbank auf den Tisch legen. Laut NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans ist jetzt eine entsprechende Einigung zwischen dem Bund, dem Land NRW und den Sparkassen als Eigner erzielt worden. „Wir haben in den Verhandlungen ein ausgewogenes Konzept mit einer fairen Lastenverteilung zwischen Sparkassen und Land erreicht, an dem auch der Bund beteiligt ist.“
Nach diesem Konzept wird die WestLB folgendermaßen aufgespalten:
Verbundbank für die Sparkassen: Diese eigentliche »Nachfolgebank« der ehemaligen WestLB soll nur noch als Dienstleister ausschließlich für die regionalen Sparkassen fungieren. Die Bilanzsumme soll auf maximal 45 Mrd. Euro schrumpfen, 400 von derzeit noch 4.500 Mitarbeitern würden demnach in der Verbundbank ihren Arbeitsplatz behalten können. Als zukünftige Eigentümer würden die Sparkassen ein wahrscheinliches Eigenkapital von etwa 1,5 Mrd. Euro aufbringen müssen.
Service-und Portfolio-Bank (SPB): Geschäftszweck dieser Auffanggesellschaft sollen Service und Zuarbeit wie Buchhaltung und IT-Dienstleistungen für die Bad Bank »EAA« und die Verbundbank sein. Sie soll zudem die nicht-veräußerbaren Bestandteile der ehemaligen Gesamt-WestLB übernehmen und Beschäftigungsgesellschaft für weitere 1.000 Beschäftigte sein. Den Plänen zufolge soll das Land NRW Eigentümer werden und damit wohl erneut Steuergelder investieren müssen.
Bad Bank »EAA«: Die »EAA« ist bereits vor zwei Jahren gegründet worden, um den Risikobestand der WestLB an Wertpapieren und Krediten aufzunehmen. In einer ersten Tranche wurden bereits 77 Mrd. Euro von der Kernbank auf die EAA ausgelagert. Weitere Transaktionen werden folgen müssen, um das Konzept wie geplant umsetzen zu können. Laut dem letzten Geschäftsbericht per Ende 2010 (weitere Veröffentlichungen wie Zahlen und Ergebnisse für das 1. Quartal 2011 sind vom Vorstand verweigert worden) entfallen immer noch 86,7 Mrd. Euro an ausfallgefährdeten Risiken auf die derzeitige Kernbank.
Alle anderen Geschäftsfelder der WestLB einschließlich der Auslandsstandorte sollen an Dritte verkauft werden. Das Konzept sieht hierfür einen Zeitkorridor bis zum 30.Juni 2012 vor. Alle Aktivitäten, die bis dahin nicht veräußert werden konnten, soll dann die » EAA« übernehmen.
Das vorgestellte Konzept lässt bisher elementare Fragen unbeantwortet:
- Was passiert mit etwa 3.000 »restlichen« MitarbeiterInnen mit teilweise beamtenähnlichen Gehalts- und Versorgungsansprüchen?
- Derzeit sind nach unseren Informationen noch WestLB-Anleihen in einer Größenordnung von mind. 22 Mrd. Euro in Umlauf. Wer wird der Rechtsnachfolger des derzeitigen Schuldners WestLB sein?
- Wer soll grundsätzlich Rechtsnachfolger der problembehafteten Bestände der WestLB sein?
Das Konzept sieht keinen Nachfolgebetrieb im rechtlichen Sinne, sondern nur Neugründungen mit unterschiedlichen Eigentümern vor, was prinzipiell schon Auseinandersetzungen provoziert. Wer wird die Haftung für Risiken übernehmen, die niemand beziffern kann? Sind es 10 Mrd. Euro, 100 Mrd. Euro oder mehr? Andere Banken, die eventuell an Teilbereichen der zum Verkauf stehenden Geschäftsfelder interessiert sind, werden ganz sicher keine Altlasten übernehmen.
Die Risiken werden wohl der Service- und Portfoliobank zugeschrieben werden und somit bei den SteuerzahlerInnen hängen bleiben. Ein teures Risiko! Als »Ausgleich« ist vorgesehen, in der »EAA« möglicherweise zukünftig anfallende Gewinne an die SPB abführen zu wollen.
Die Beschäftigten der WestLB sind in den vergangenen Tagen auf die Straße gegangen, um für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu demonstrieren. Der Betriebsrat befürchtet einen Kahlschlag und fordert den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und eine Sicherung aller Standorte. Die Aktivitäten sind sicherlich legitim, müssten sich jedoch vor allem gegen die aktuelle und ehemalige Unternehmensleitung richten. Denn es waren diese »Top-Banker«, die die Bank in diese katastrophale Situation gebracht haben, und nicht die SteuerzahlerInnen.
Der NRW-Landtag und die Gremien der beiden NRW-Sparkassenverbände müssen den vorgelegten Plänen noch zustimmen. Sollte die EU den Aufspaltungsplänen nicht zustimmen, droht der WestLB die Abwicklung.
Weitere Alternativen für die Zukunft der Bank wird die EU-Kommission nicht tolerieren. Im Interesse der SteuerzahlerInnen bleibt zu hoffen, dass eine möglichst haushaltsschonende Lösung umgesetzt wird. Dies gilt auch für Lösungen bei den anderen Landesbanken, die ebenfalls EU-Beihilfeverfahren anhängig haben. Das WestLB-Konzept wird hier Signalwirkung haben.