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Hajo Funke
AfD-Masterpläne
Die rechtsextreme Partei und die Zerstörung der Demokratie | Eine Flugschrift
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Den Krieg verlernen
Zum Vermächtnis einer Pazifistin | Eine Flugschrift
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Der Krieg und die Linken
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Heiner Dribbusch
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Arbeitskämpfe und Streikende in Deutschland seit 2000 – Daten, Ereignisse, Analysen
376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80
ISBN 978-3-96488-121-2

11. Dezember 2022 Otto König/Richard Detje: Der neue Sipri-Report zu den Rüstungskonzernen

Bombige Geschäfte

Trotz Corona-Krise und Lieferketten-Problemen: Die 100 größten Rüstungskonzerne der Welt machen weiter bombige Geschäfte mit dem Tod.

Ihre Umsätze sind im vergangenen Jahr erneut gewachsen: 2021 haben sie Waffen und militärische Dienstleistungen im Wert von 592 Milliarden US-Dollar verkauft. 1,9% mehr als im Vorjahr. Zu diesem Ergebnis kommt das Stockholmer International Peace Research Institute (Sipri) in seinem neuen Report.

Das Geschäft mit dem Krieg bleibt demnach lukrativ. Geopolitische Interessen haben im internationalen Rüstungsgeschäft Vorrang vor den vom Westen mantrahaft wiederholten »Werten« wie Menschenrechte, Gewaltenteilung und repräsentative Demokratie. Dies zeigt sich insbesondere bei den bewilligten Waffengeschäften mit Saudi-Arabien, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

SIPRI zählt bei den TOP-100 Unternehmen 40 aus den USA, 27 aus der EU und sechs aus Russland. Gut die Hälfte des weltweiten Umsatzes generieren US-amerikanische Rüstungshersteller. Die 40 US-Waffenschmieden setzten Waffen im Wert von 299 Milliarden US-Dollar (etwa 285 Milliarden Euro) ab. Wie im Jahr 2020 belegt Lockheed Martin mit einem Umsatz von $60,3 Milliarden den ersten Platz. Auf den Rängen zwei bis fünf folgen Raytheon Technologies ($41,9 Milliarden), der Boeing ($33,4 Milliarden), Northrop Grumman ($29,9 Milliarden) und General Dynamics ($26,4 Milliarden).

Angesichts des Pentagon-Budgets der Biden-Regierung von über 800 Milliarden Dollar pro Jahr ist die Spitzen-Positionen der US-Waffenhersteller auf dem internationalen Waffenmarkt kein Wunder. Erst jüngst hat die US-Armee dem Rüstungskonzern Lockheed Martin einen 431-Millionen-Dollar-Vertrag zur Herstellung weiterer »High Mobility Artillery Rocket Systems« (HIMARS) erteilt, um sowohl den »eigenen dringenden Bedarf« als auch den von Verbündeten zu befriedigen, wie das Pentagon mitteilte. Der Mehrfachraketenwerfer als »Game Changer« habe sich in der Ukraine bewährt, lobte Kiews Verteidigungsminister Olexij Resnikow überschwänglich.

Die Waffenverkäufe der 21 Unternehmen in Asien und Ozeanien, die zu den Top 100 zählen, erreichten 2021 136 Milliarden US-Dollar – 5,8% mehr als 2020. Die Volksrepublik China hat sich über die letzten Jahre mit einem aktuellen Anteil von 18% zum zweitgrößten Waffenproduzenten der Welt entwickelt. Die acht chinesischen Unternehmen auf der Top 100-Liste verzeichneten einen Umsatz von insgesamt 109 Milliarden US-Dollar und ein Wachstum von 6,3%.

»Seit Mitte der 2010er Jahre gibt es eine Welle der Konsolidierung in der chinesischen Rüstungsindustrie«, sagte Xiao Liang, Forscher beim SIPRI Military Expenditure and Arms Production Programme. »Im Jahr 2021 wurde Chinas CSSC nach einer Fusion zweier bestehender Unternehmen zum größten militärischen Schiffbauer der Welt mit Waffenverkäufen von 11,1 Milliarden US-Dollar.« Der Anstieg der Waffenverkäufe spiegele das Ausmaß der Modernisierung der chinesischen Militärausrüstung und das Ziel des Landes wider, bei der Produktion aller wichtigen Waffenkategorien unabhängig zu werden.

Die Waffenverkäufe der vier südkoreanischen Unternehmen in den Top 100 stiegen im Vergleich zu 2020 um 3,6% auf 7,2 Milliarden US-Dollar. Dies war vor allem auf einen Anstieg der Waffenverkäufe von Hanwha Aerospace um 7,6% auf 2,6 Milliarden US-Dollar zurückzuführen. Es wird erwartet, dass Hanwhas Waffenverkäufe in den kommenden Jahren deutlich zunehmen werden, nachdem das Unternehmen 2022 ein großes Waffengeschäft mit Polen unterzeichnet hat.

Die aggregierten Waffenverkäufe der vier in Japan ansässigen Top-100-Unternehmen beliefen sich auf 9,0 Milliarden US-Dollar, ein Rückgang von 1,4% gegenüber 2020. Die fünf Top-100-Unternehmen mit Sitz im Nahen Osten erwirtschafteten 2021 Waffenverkäufe im Wert von 15,0 Milliarden US-Dollar. Das waren 6,5% mehr als 2020, das höchste Wachstumstempo aller in den Top 100 vertretenen Regionen.

Auf den weiteren Plätzen im internationalen Ranking liegen Großbritannien (6,8%) und Frankreich (4,9%). Russland kommt bei einem Zuwachs von 0,4% auf 3,0%, die Bundesrepublik auf 1,6%. Dass die russische Rüstungsindustrie im Jahr 2021 nur minimal zugelegt hat, ist laut SIPRI-Bericht auf die Anweisung der russischen Regierung aus dem Jahr 2016 an den militärisch-industriellen Komplex zurückzuführen, die zivile Produktion zu erhöhen.

Der Umsatz in Europa hat im vergangenen Jahr, also vor der russischen Invasion in der Ukraine, um 4,2% zugelegt. Die 27 europäischen Unternehmen in der Liste der 100 größten Rüstungsfirmen verkauften Waffen und andere Produkte im Wert von 123 Milliarden US-Dollar. Die vier deutschen Rüstungsfirmen auf der Liste – Rheinmetall, Thyssenkrupp, Hensoldt und Diehl – setzten im vergangenen Jahr Kriegsgerät im Wert von 9,3 Milliarden US-Dollar um (8,9 Milliarden Euro), was einer Steigerung von 5,6% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Spitzenreiter in Sachen Waffenverkäufe blieb laut Sipri Rheinmetall mit einem Umsatz von 4,5 Milliarden US-Dollar.

Das vergangene Jahr sei ein »Rekordjahr« für die Rheinmetall gewesen, sagte Vorstandschef Armin Papperger jüngst auf der Hauptversammlung des Rüstungskonzerns in Düsseldorf. Der Ukraine-Krieg und die Ankündigung neuer Aufrüstungsprogramme hätten diesen Trend beschleunigt. Entsprechend habe sich der Konzern höhere Finanzziele für die mittlere Frist gesteckt. So soll sich der Umsatz im Jahr 2025 gegenüber dem Jahr 2021 nahezu verdoppeln. Auch Nettogewinn und Dividende dürften sich in etwa verdoppeln, verlautbarte es aus der Vorstandsetage.

Schon im ersten Quartal 2022 sei der Nettogewinn auf 61 Millionen Euro gestiegen, teilte Papperger den Aktionär*innen mit. Die ausgeschüttete Dividende pro Aktie steigt von 2,00 Euro auf 3,30 Euro. Künftig soll die Ausschüttungsquote für die Dividende bei 35% bis 40% liegen und nicht mehr wie in der Vergangenheit bei 30% bis 35%. Börsenanalysten rechnen mit einem Anstieg der Dividende auf 7,00 Euro bis zum Jahr 2026. Das Geschäft mit dem Tod lohnt sich für Coupon-Schneider.

Den größten Umsatzsprung mit 1,61 Milliarden Dollar und einem Plus von 19% verbuchte der Elektronikspezialist Hensoldt und kletterte damit auf der globalen Top 100-Liste gleich um zehn Plätze auf Rang 69. Thyssenkrupp, das den Rang 55 einnimmt, verzeichnet im Rüstungssektor ein Plus von 11% auf 2,4 Milliarden Dollar. Dazu beigetragen hat vor allem, so Sipri, die Lieferung einer Fregatte an die deutsche und vier Korvetten an die israelische Marine. Diehl defence, Produzent von High-Tech-Ausrüstung wie Lenkflugkörper, kam mit einem Umsatzplus von 870 Millionen Dollar »aufgrund der Nachfrage nach seiner Militärausrüstung seitens der EU- und NATO-Staaten sowie Australiens, Japans, Neuseelands und der Schweiz« neu auf Platz 99 der Liste. Der fünfte Rüstungskonzern, Krauss-Maffei Wegmann, firmiert wegen seines Zusammenschlusses mit der französischen Nexter Group zur KMW+NEXTER Defense Systems Holding nicht mehr unter Germany, sondern wie Airbus und Matra BAe Dynamics Aérospatiale als »transeuropäisch«.

Dass Deutschland in Zukunft die NATO-Empfehlung, der zufolge Mitgliedstaaten mindestens 2% der Wirtschaftsleistung für Rüstung ausgeben sollten, einhalten will, eröffnet für die Konzerne »goldene« Perspektiven. Unter dem Stichwort »Zeitenwende« hat der Bundestag in Berlin zudem ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung der Bundeswehr beschlossen.

Das Verteidigungsministerium in Berlin plant als Nachfolger für die im rheinland-pfälzischen Büchel stationierten Tornados die US-Tarnkappen-Jets F-35 anzuschaffen sowie Hubschrauber, Korvetten und Nachfolger für den Schützenpanzer Marder und den Truppentransporter Fuchs. Darüber hinaus sollen die Munitionsdepots der Bundeswehr aufgefüllt werden, dazu soll Munition für 20 Milliarden Euro beschafft werden. Die Branche kann sich also auf fette Jahre freuen. Rheinmetall beispielweise erwartet laut Sipri ein sprunghaftes Umsatzwachstum seiner Defence-Sparte von 100 bis 150% in diesem Jahr und 2023 um weitere 30 bis 40%.

Die russische Invasion hat die Nachfrage nach Waffen in die Höhe schnellen lassen. Der Krieg ist für Waffen- und Militärexperten aus aller Welt zugleich eine wunderbare Gelegenheit, anhand realer Frontkämpfe und Bombardements zu beobachten, was das Kriegsgerät im Ernstfall leisten kann.

EU-Länder rüsten massiv auf. Polen will die Zahl seiner Soldaten innerhalb von fünf Jahren verdoppeln, Finnland stärkt seine Luftabwehr. Die Entwicklung seit Beginn des Ukraine-Krieges wird im aktuellen Report noch nicht abgebildet. Für 2022 rechnet Sipri mit einer weiteren deutlichen Ausweitung der weltweiten Umsätze im Rüstungssektor. Die russische Invasion habe »zu einem Anstieg der Waffennachfrage in Europa und den Vereinigten Staaten geführt«, heißt es im Report. Die Ukraine bekomme viel militärische Ausrüstung aus den Beständen, »mit Fortgang des Krieges schrumpfen die Lagerbestände«. Washington setzt den Waffenlieferungen an die Ukraine keine zeitlichen Grenzen. US-Verteidigungsminister Lloyd J. Austin III erklärte im Hauptquartier der NATO in Brüssel, dass man sich dem ohne festes Ende (open-ended) verpflichtet fühle.

Die Steigerung der Rüstungsproduktion braucht jedoch Zeit. Die weltweiten geopolitischen Spannungen verschärfen die Lieferkettenprobleme auch dort. So dämpft der Wirtschaftskrieg gegen Russland die westliche Rüstungsproduktion, da das Land als wichtiger Lieferant von Rohstoffen ausfällt. Das könne, so SIPRI, »die laufenden Bemühungen in den Vereinigten Staaten und Europa behindern, ihre Streitkräfte zu stärken und ihre Lagerbestände aufzufüllen […] Es kann mehrere Jahre dauern, bis Rüstungsunternehmen in der Lage sind, sich an die neue Nachfrage anzupassen«, schreibt Sipri und nennt als Beispiel: »Bis Oktober 2022 hatten die USA 8.500 Panzerabwehrraketen vom Typ Javelin an die Ukraine geliefert, was einer Produktion von vier Jahren entspricht. Die Javelin-Joint-Venture-Partnerschaft zwischen Lockheed Martin und Raytheon Technologies plant, ihre derzeitige Produktion von 2.100 Raketen pro Jahr auf fast 4.000 zu steigern.« Aber die Verdopplung des Produktionstempos könnte zwei Jahre dauern.

Es ist zu hoffen, dass in der Zwischenzeit ernsthafte Friedensbemühungen realisiert werden können.

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