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Hajo Funke
AfD-Masterpläne
Die rechtsextreme Partei und die Zerstörung der Demokratie | Eine Flugschrift
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ISBN 978-3-96488-210-3

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Strategische Fragen linker Politik in Zeiten von Krieg und Krise
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ISBN 978-3-96488-215-8

Antje Vollmer/Alexander Rahr/Daniela Dahn/Dieter Klein/Gabi Zimmer/Hans-Eckardt Wenzel/Ingo Schulze/Johann Vollmer/Marco Bülow/Michael Brie/Peter Brandt
Den Krieg verlernen
Zum Vermächtnis einer Pazifistin | Eine Flugschrift
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Heiner Dribbusch
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376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80
ISBN 978-3-96488-121-2

7. Februar 2019 Joachim Bischoff: Trumps Rede zur Lage der Nation

Das »Wunder« des US-Präsidenten

Bei seiner aktuellen Rede zur Lage der Nation versuchte US-Präsident Donald Trump eine Überbrückung der tiefen politisch-sozialen Spaltung in den USA. Er appellierte an Einigkeit und Kompromisse: »Die Agenda, die ich heute Abend darlegen werde, ist weder die Agenda der Republikaner noch die der Demokraten. Es ist die Agenda des amerikanischen Volkes.«

Die Politik der »Rache« und »Vergeltung« müsse zugunsten von »Kooperation« und »Kompromiss« überwunden werden, fordert er – eine für diesen Präsidenten fremde Rhetorik.

Schon im Vorfeld waren die massiven Gegensätze stark hervorgetreten. Die Verfassung der USA schreibt eine jährliche Rede zur Lage der Nation vor. Die State-of-the-Union-Rede unterstellt eine gemeinsame Sitzung von Repräsentantenhaus und Senat. Der Vorsitzenden Nancy Pelosi fiel damit die Aufgabe zu, den Präsidenten formell zur Rede einladen.

In diesem Jahr wurde die Rede vom 29. Januar auf den 5. Februar verschoben, weil Pelosi, die der Demokratischen Partei angehört, sich weigerte, eine Einladung an den Präsidenten während des Shutdowns der Regierung auszusprechen. Der Präsident nutzt gemeinhin diese Rede die Regierungstätigkeit im vergangenen Jahr positiv herauszustellen. Zum anderen stellt er die wichtigsten Vorhaben vor, die er in den kommenden 12 Monaten verwirklichen will.

Die Partei, die nicht im Weißen Haus sitzt, hat das Recht auf eine Replik. In diesem Jahr benannten die Demokraten Stacey Abrams. Als erste Frau und als erste Schwarze wurde sie Vorsitzende der Demokraten im Staatsparlament von Georgia. Bei den Gouverneurswahlen dort im vergangenen Herbst unterlag sie ihrem republikanischen Konkurrenten nur knapp und gilt seither als Führungskraft der Demokraten.

Angesichts dieser Ausgangslage, die den Präsidenten in die Defensive drängt, überrascht es, dass er in seiner Rede kaum wichtige neue Initiativen ankündigte. Was die Themen anbelangt, handelte es sich über weite Strecken um eine Neuauflage seiner ersten Rede zur Lage der Nation vor einem Jahr.

Das zentrale Element vor einem Jahr war der Vorschlag einer Einwanderungsreform mit vier Säulen. Jugendliche, die mit ihren Eltern in jungen Jahren illegal in die USA gekommen waren (»Dreamers«), sollten einen Weg zur amerikanischen Staatsbürgerschaft erhalten. An der Südgrenze sollte die von Trump bereits im Wahlkampf versprochene Mauer gebaut werden. Die bis jetzt existierende Visa-Lotterie, die ohne Berücksichtigung der Fähigkeiten durch Zufallsentscheidung Niederlassungsbewilligungen verteilt, sollte abgeschafft werden. Und die sogenannte Kettenmigration, mit welcher ein Migrant große Teile seiner erweiterten Familie legal nachziehen kann, wollte er ebenfalls unterbinden.

Eine umfassende Einwanderungsreform, mit der die Amerikaner*innen seit drei Jahrzehnten hadern, ist allerdings auch im vergangenen Jahr nicht zustande gekommen. Trumps Beharren auf seiner Grenzmauer hat in dieser Frage jeden Kompromiss verhindert.

Mit keinem Wort erwähnte Trump den schädlichen, 35 Tage währenden Teilstillstand der Verwaltung, den er dem Land über die Jahreswende aufgezwungen hatte, um die Finanzierung seiner Mauer an der Südgrenze zu erzwingen. Die Finanzmittel für das Funktionieren der Regierung sind derzeit nur bis Mitte Februar sichergestellt. Man hätte deshalb erwarten dürfen, dass der Präsident den Amerikaner*innen erkläre, wie er diesen Streit zu lösen gedenke. Trump drohte jedoch weder mit einem neuen Shutdown noch mit der Ausrufung des Ausnahmezustandes an der Grenze, der von einigen Beobachtern erwartet worden war.

Der Streit um das Trumpsche Wahlversprechen Grenzmauer entlarvte die Rhetorik von der Kompromissbereitschaft. So erklärte der Präsident: »Mauern funktionieren, und Mauern retten Leben« und: »Ich werde sie gebaut bekommen.« Es werde allerdings keine Betonmauer sein, sondern eine »smarte, strategische, durchsichtige Stahlbarriere«. Er habe dem Kongress einen neuen Vorschlag unterbreitet. Es sieht aber eher nach einem weiteren Patt in der Einwanderungs- und Mauerfrage aus.

Auch in einem anderen Bereich wird die Kompromisslosigkeit überdeutlich. Trump forderte ein Ende der »lächerlichen« und »parteiischen« Untersuchungen von Vorgängen rund um seine Präsidentschaft. Diese Untersuchungen könnten das derzeitige »Wirtschaftswunder« in den Vereinigten Staaten abwürgen und behinderten den Gesetzgebungsprozess. Die konjunkturelle Entwicklung Amerikas komme einem »ökonomischen Wunder« gleich, für das er die Verantwortung trage. Die positive Entwicklung würde gestoppt, wenn unnötige Kriege geführt würden und wenn es zu parteipolitisch motivierten Untersuchungen gegen seine Person komme. Das Selbstlob erstreckte sich auf die vielen neuen Jobs, die Ölförderrekorde, die Rolle als mächtigste Militärmacht der Welt.

Die in der demokratischen Partei erhobene Forderung nach einer Reichensteuer nutzte Trump, um seine Nähe zur Plutokratie zu verdeutlichen. »Wir sind alarmiert über neue Forderungen, den Sozialismus in unserem Land einzuführen«, erklärte er und versprach: »Heute Abend bekräftigen wir unsere Entschlossenheit, dass Amerika nie ein sozialistisches Land sein wird.«

Außenpolitisch bekräftigte der US-Präsident seine Missachtung gegenüber der »liberalen Weltordnung«. Er wolle den Iran genau beobachten: »Wir werden ein Regime nicht aus den Augen lassen, das Amerika den Tod wünscht und dem jüdischen Volk den Völkermord androht.« Er erneuerte seine Unterstützung für die venezolanische Opposition um den Gegenpräsidenten Juan Guaidó, den die Vereinigten Staaten und inzwischen viele weitere Länder als legitimem politischen Führer in dem lateinamerikanischen Land anerkennen. Und er verteidigte den Ausstieg der USA aus dem Atomabrüstungsvertrag INF sowie seine Forderung nach dem Abzug amerikanischer Soldaten aus Syrien und Afghanistan.

Trump warf China erneut den Diebstahl geistigen Eigentums vor. Die Volksrepublik habe die US-Industrie angegriffen. Doch der Diebstahl amerikanischer Arbeitsplätze und amerikanischem Wohlstand sei nun zu Ende. Ein neues Handelsabkommen mit China müsse unfaire Handelspraktiken beenden, das chronische Handelsdefizit der USA beenden und amerikanische Arbeitsplätze schützen.

Vor einem Jahr hatte Trump den Kongress dazu aufgerufen, mit einem großen Investitionsprogramm von mindestens 1.500 Mrd. US-Dollar die vielfach marode Infrastruktur im Lande zu erneuern. Doch die von ihm vorgeschlagene öffentlich-private Partnerschaft für das Großprojekt wurde nie Realität. Mit der Übernahme des Repräsentantenhauses durch die Demokraten könnte das Projekt dieses Jahr eine neue Chance erhalten, aber wohl mit einer hundertprozentigen staatlichen Finanzierung. Das Angebot zur Zusammenarbeit, beispielsweise für einen Erneuerungsschub in der Infrastruktur, relativierte er unüberhörbar. Wenn man »Frieden und Gesetzgebung« wolle, könne es keinen »Krieg und Ermittlungen« geben.

In den USA gelten neue Machtverhältnisse, das hat die diesjährige Rede des Präsidenten zur Lage der Nation deutlich gemacht. Trump hat zwar die Republikanische Partei auf seine Konfrontationspolitik verpflichten können, aber die Niederlagen sind nicht zu übersehen. Der rechtspopulistische Präsident ist in der Defensive. Nach dem Verlust der Mehrheit im Repräsentantenhaus in der Kongresswahl im November ist er auch im Kräftemessen um Staatsbudget und Mauerbau unterlegen. Trump ging mit 37% Zustimmung in der jüngsten Gallup-Umfrage in diese Rede –und rund 40% im Schnitt der Erhebungen. So niedrige Werte sind selten nach zwei Amtsjahren und keine guten Vorboten für den Präsidentschaftswahlkampf 2020.

»Zusammen sind wir auf dem Weg in ein besseres Amerika«, sagte die Demokratin Stacey Abrams in ihrer Antwort auf die Rede zur Lage der Nation. In einem unpolemischen Modus benannte sie die zentralen gesellschaftlichen Punkte, für die man bessere Antworten suchen müsse. In Amerika könnten sich viele Menschen aus der Mittelklasse das Leben trotz Arbeit nicht leisten. Die Steuerreform habe die Situation nicht verbessert, Krankheitskosten und Ausbildungs-Schulden erdrückten viele Familien. In 14 Staaten blockierten die Republikaner eine von den Wähler*innen gewollte Ausweitung von Medicaid, der Krankenversicherung für Arme, beklagte sie.

Alternative Lösungen gegenüber der Trumpschen Politik durchsetzen zu wollen, könnte die Mehrheit bringen – allerdings müssten sich die Demokraten auf diese Strategie inhaltlich und personell noch verständigen.

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