2. Februar 2025 Redaktion Sozialismus.de: Trump macht Ernst und globale Handelskriege wahrscheinlich
Der Zollkrieg hat begonnen
US-Präsident Donald Trump hat ein Dekret unterzeichnet, dass ab dem 1. Februar Zölle in Höhe von 25% auf Waren aus Mexiko und Kanada und 10% auf Einfuhren aus China erhoben werden. Auf die Frage, ob die drei wichtigsten Handelspartner der USA zum jetzigen Zeitpunkt eine Chance hätten, einen Aufschub zu erwirken, antwortete er mit Nein.
Die USA hätten große Handelsdefizite mit diesen Ländern, weshalb die Zölle sogar noch deutlich erhöht werden könnten. Zudem sollen Mexiko und Kanada dazu bewegt werden, illegale Einwanderer und Lieferungen der synthetischen Droge Fentanyl in die USA zu stoppen. Außerdem wolle er damit erreichen, dass die USA Hunderte von Mrd. US-Dollar an Einnahmen kassieren können.
Auch die Europäische Union hat der US-Präsident ins Visier genommen, sich aber noch nicht auf einen Zeitplan für die Einführung von möglichen Zöllen auf EU-Produkte festgelegt, ließ er seine Sprecherin Karoline Leavitt mitteilen. Trump zufolge soll es damit noch lange nicht genug sein. Er ziehe auch Importsteuern insgesamt auf Stahl, Aluminium, Kupfer, Medikamente und Halbleiter in Betracht.
Und sollten die betroffenen Länder etwa mit Gegenzöllen auf Waren aus den USA reagieren, sehen Passagen in seinen Dekreten vor, dass die Zölle ggf. noch erhöht oder ausgeweitet werden könnten. Einem Zoll- und Handelskrieg sieht der US-Präsident gelassen entgegen, denn die USA würden den längeren Atem haben.
USA und Mexiko ökonomisch eng verzahnt
Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum erklärte, sie habe ihren Wirtschaftsminister angewiesen, ebenfalls Zölle gegen Waren aus den USA zu verhängen und weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Interessen Mexikos zu verteidigen. Zudem wies sie kategorisch Anschuldigungen des Weißen Hauses zurück, die mexikanische Regierung sei mit organisierten Verbrechergruppen verbündet. Sie suche jedoch keine Konfrontation, sondern Zusammenarbeit und einen Dialog mit den USA.
Mexiko ist der wichtigste Handelspartner der USA. Kein anderes Land exportiert mehr in die Vereinigten Staaten, mehr als 80% der gesamten Ausfuhren Mexikos gehen in die USA. Tausende Unternehmen und Millionen Jobs hängen davon ab. Trumps Zollpolitik dürfte Ökonom*innen zufolge beiden Volkswirtschaften durch höhere Inflation und den Verlust von Arbeitsplätzen schaden. Trump behauptet auch, chinesische Unternehmen würden Strafzölle umgehen, indem sie in Mexiko investierten und von dort aus in die USA exportierten.
Mexiko ist Hauptlieferant für Autos, Autoteile, Computer, Bildschirme und Kühlschränke auf dem US-Markt. Mehr als 15% ihrer Einkäufe tätigen die USA in Mexiko. Dabei sind beide Ökonomien aufs engste verzahnt, vor allem im Automobilsektor. Bis zur Endfertigung wechseln die Komponenten eines Fahrzeugs oft mehrfach die Grenze. Analyst*innen halten durch die Zölle eine Rezession in Mexiko für möglich.
Der mexikanische Wirtschaftsminister Marcelo Ebrard erklärte daher: »Hauptleidtragende der Zölle werden Millionen von Familien in den Vereinigten Staaten sein, wenn sie für die mexikanischen Produkte 25% mehr bezahlen müssen.« Zugleich dürfte im Rückschlag durch einen stockenden Absatz auch die mexikanische Wirtschaft massive Einbußen erleiden.
Diese Einschätzung wird auch vom deutschen Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) geteilt, dessen Präsident sagte: »Trumps Entscheidung wird die Amerikanerinnen und Amerikaner teuer zu stehen kommen, Zölle wirken immer auf beiden Seiten.« Gegenmaßnahmen der betroffenen Länder würden einen »Handelskonflikt zwischen den Nationen« noch verschärfen. »Die Verlierer sind immer die Endverbraucher, die die Preissteigerungen an der Kasse spüren. Ich würde mir wünschen, dass die Zölle noch abgewendet werden können.« Jandura sorgt sich auch um mögliche Zölle gegen die EU: »Wir dürfen nicht erstarrt abwarten, bis auch die EU oder Deutschland mit Zöllen belegt werden.« Die Europäische Union müsse wieder ein wettbewerbsfähiger Wirtschaftsraum werden.
Mexiko wird durch die Zölle und die Rückführung von möglicherweise Hunderttausenden Migrant*innen enorm unter Druck gesetzt. Das Land hat in den letzten Jahren einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt, nicht zuletzt dank der Bemühungen der USA, die Produktion für ihren Markt von China weg ins Nachbarland zu holen.
Mit seiner Einschüchterungspolitik macht sich Trump keine Freunde in Lateinamerika. Die latenten antiamerikanischen Gefühle, die in der Region als Folge der zahlreichen militärischen und nichtmilitärischen Interventionen der USA im 19. und im 20. Jahrhundert eh existieren, werden erneut Auftrieb bekommen. Und Trump könnte mit den wirtschaftlich destabilisierenden Maßnahmen bewirken, dass sich die lateinamerikanischen Länder noch stärker China zuwenden.
Bereits jetzt ist Peking der wichtigste Handelspartner Südamerikas. Selbst die Amerika-Freunde – Argentiniens Kettensägen-Präsident Javier Milei und auch der ehemalige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro – mussten erkennen, dass sie den chinesischen Markt und die chinesischen Investitionen nicht ignorieren können. So verwandelte sich ihre scharfe antichinesische Rhetorik rasch in eine pragmatische Zusammenarbeit mit dem Reich der Mitte. Den USA und auch Europa droht so ein eminent wichtiger Rohstofflieferant verlorenzugehen.
Folgen für Kanada und China
Eine Ausnahmeregelung gibt es für Öl aus Kanada, diese Importe würden nur mit einem Zoll von 10% belegt werden. Damit soll Rücksicht auf den heimischen Energiemarkt genommen werden. Kanadas Ministerpräsident Justin Trudeau kündigte Gegenmaßnahmen in gleicher Höhe an. Kanada werde seinerseits Zölle in Höhe von 25% auf US-Waren einführen.
Für Kanada sind die USA der wichtigste und größte Handelspartner – knapp eine Billion US-Dollar an Waren und Dienstleistungen werden zwischen den beiden Nachbarländern umgeschlagen. Neben einer engen Zusammenarbeit in der Autoindustrie verkaufen kanadische Firmen eine Reihe von landwirtschaftlichen Produkten sowie vor allem Öl, Gas und Mineralien in die Vereinigten Staaten.
Zudem sind Kleinsendungen mit einem Wert von weniger als 800 US-Dollar nun nicht mehr zollfrei. Zölle Washingtons auf alle Importe aus Kanada dürften die Produkte auf dem US-Markt teurer und damit weniger attraktiv machen, sodass sie letztendlich den Produzenten in Kanada empfindlich schaden dürften.
Auch die Volksrepublik China will die Zölle nicht ohne »entsprechende Gegenmaßnahmen« hinnehmen. Peking warnte Washington, in einem »Handels- oder Zollkrieg« gebe es »keine Gewinner«. Die zusätzlichen Zölle in Höhe von 10% würden sich »unweigerlich auf die künftige bilaterale Zusammenarbeit bei der Drogenkontrolle« auswirken und dieser »schaden«. China hat zudem angekündigt, die Verhängung der US-Zölle vor der Welthandelsorganisation (WTO) anzufechten. Das chinesische Handelsministerium erklärte, die Zölle der USA verstießen deutlich gegen die WTO-Regeln. Auf die WTO legt Trump allerdings wenig Wert, insofern dürfte ihn diese Ankündigung wenig beeindrucken.
Handelskrieg ohne »Ausnahmen«, also auch gegen Europa
Auch die Europäische Union kann sich auf eine Verschärfung der Zollpolitik einstellen. »Absolut, denn Die EU hat uns so schlecht behandelt«, sagte der US-Präsident auf die Frage, ob er auch Zölle auf Produkte aus der EU erheben werde. Die USA hätten ein gewaltiges Defizit im Handel mit der EU. »Also werden wir etwas sehr Beträchtliches mit der Europäischen Union unternehmen«, kündigte er an – ohne Details zu nennen.
Es ist Trump seit langem ein Dorn im Auge, dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA verkaufen als amerikanische Unternehmen in der EU. Einen heftigen Handelsstreit hatte es zwischen den USA und der EU schon in Trumps erster Amtszeit gegeben. Bereits in seinen Regierungsjahren von 2017 bis 2021 hatte er insgesamt im großen Stil auf Zölle gesetzt, um Handelskonflikte mit anderen Ländern auszutragen. Die angedrohten Maßnahmen gegen die EU werden die dort bestehenden ökonomischen Probleme massiv verschärfen. Damit besteht die Gefahr eines globalen Handelskriegs, der für alle beteiligten Länder zu weitreichenden wirtschaftlichen Beeinträchtigungen führen könnte.
Zur Durchsetzung der neuen Zölle hat der US-Präsident den nationalen Notstand gemäß des »International Emergency Economic Powers Act« ausgerufen, der ihm weitreichende Befugnisse zur Krisenbekämpfung einräumt. Mexiko, Kanada und China wurde eine Frist bis zum 1. Februar gesetzt, um dem Schmuggel von Fentanyl und chemischer Vorläuferstoffe aus China über Mexiko und Kanada in die USA zu stoppen und Einwanderer*innen an den US-Grenzen abzuweisen.
Das Weiße Haus teilte weiter mit, es werde keine Ausnahmen von den Zöllen geben, selbst wenn die Zölle auch die Lage in den USA negativ beeinflussen könnten. Ein Modell des Chefvolkswirts der Beratungsfirma Ernst & Young, Greg Daco, über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Zölle geht davon aus, dass diese das US-Wachstum in diesem Jahr um 1,5 Prozentpunkte verringern sowie Kanada und Mexiko in eine Rezession abdrängen könnten.