Trumps Triumph?
Dienstag, 21. Januar 2025 | Berlin | 19:00 Uhr | RLS, Straße der Pariser Kommune 8A (auch Online)
Ingar Solty wird im Gespräch mit der Professorin für Politikwissenschaft Margit Mayer die Thesen seiner Anfang Februar erscheinenden Flugschrift zu den Folgen der US-Präsidentschaftswahlen vorstellen.

Rudolf Hickel
Schuldenbremse
oder »goldene Regel«?

Verantwortungsvolle Finanzpolitik für die sozial-ökologische Zeitenwende | Eine Flugschrift
96 Seiten | € 12.00
ISBN 978-3-96488-226-4

Christoph Scherrer/
Ismail D. Karatepe (Hrsg.)
Arbeit in der Lieferkette
Miserable Arbeitsbedingungen auf See und in den Häfen
192 Seiten | € 18.80
ISBN 978-3-96488-220-2

Peter Renneberg
Handbuch Tarifpolitik und Arbeitskampf
5., aktualisierte Ausgabe
232 Seiten | € 19.80
ISBN 978-3-96488-224-0

Hans-Jürgen Urban (Hrsg.)
Gute Arbeit gegen Rechts
Arbeitspolitik: Theorie, Praxis, Strategie – Ausgabe 2024
136 Seiten | EUR 10.00
ISBN 978-3-96488-225-7

Torsten Teichert
Die Entzauberung
eines Kanzlers

Über das Scheitern der Berliner Politik | Eine Flugschrift
108 Seiten | EUR 12.00
ISBN 978-3-96488-216-5

10. Januar 2025 Joachim Bischoff: Trumps Großmachtfantasien

Erweiterung der USA durch Greenland und mehr?

Der künftige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Donald Trump denkt noch vor seiner Amtseinführung in aller Öffentlichkeit über die Ausdehnung seines Landes nach. So präsentierte er in einem 70-minütigen Presse-Statement in seinem Anwesen in Mar-a-Lago erneut die Idee, Grönland zu erwerben.

Die Insel ist geostrategisch von Bedeutung für die USA. Sie haben dort eine Basis, die unter anderem vor ballistischen Raketen warnen kann. Interesse zeigte der Immobilienmogul auch am Panama-Kanal, Kanada und einer Erweiterung in Mittelamerika.

Das Wall Street Journal hatte schon 2019 über die Grönland-Fantasien berichtet. Einer von Trumps Vorgängern, Harry Truman, hatte bereits 1946 den Kauf von Grönland für 100 Millionen Dollar angeregt. Einige Berater sagten, der Plan erinnere an den Erwerb von Alaska, den heutigen Bundesstaat der Vereinigten Staaten. Das russische Zarenreich hatte 1867 das etwa 1,6 Millionen km² große Alaska für 7,2 Millionen Dollar an die USA verkauft – mit einem Preis von nur 4,74 Dollar pro Quadratkilometer einer der billigsten Landkäufe der Geschichte. Russland wollte verhindern, dass Großbritannien es in einem militärischen Konflikt an sich reißt.

Das nun erneut von Trump in den Blick genommene Grönland gehört als autonomes Gebiet zu Dänemark. Auf der zwei Millionen Quadratkilometer großen Insel leben nur knapp 57 000 Menschen, die meisten von ihnen Inuit. 85% der Landmasse sind mit Eis bedeckt. Auf der Insel befindet sich der US-amerikanische Militärflugplatz Thule Air Base. Ein jahrzehntealtes Verteidigungsabkommen gibt den Amerikanern dort fast unbegrenzte Freiheiten. Die Basis liegt 1.200 Kilometer nördlich des Polarkreises und ist  mit einer Radarstation als Teil des Frühwarnsystems gegen ballistische Raketen ausgestattet.

Die USA versuchen bereits in der Vergangenheit, chinesische Bemühungen, in Grönland wirtschaftlich Fuß zu fassen, zunichtezumachen. Im Jahr 2018 verhinderte das Pentagon die Finanzierung von drei Flughäfen durch die Volksrepublik. Nun träumt der frühere und künftige US-Präsident davon, sein Land geografisch zu vergrößern. Dabei schließt er auch militärischen Zwang gegen ein NATO-Mitglied wie Dänemark nicht aus.

Bereits vor Weihnachten hatte er damit gedroht, auch den Panamakanal wieder unter die Kontrolle der USA zu bringen, sollte der chinesische Einfluss an dem geostrategisch wichtigen Wasserweg weiter zunehmen. In seiner Pressekonferenz vom 8.1. schwadronierte Trump nun auch darüber, dass Kanada der 51. Gliedstaat der Vereinigten Staaten werden sollte.

Dort bekräftigte Trump seine imperialistischen Ansprüche. Als ein Journalist von der New York Times wissen wollte, ob er im Falle des Panamakanals und Grönlands weder wirtschaftlichen noch militärischen Zwang ausüben werde, um diese Gebiete unter amerikanische Kontrolle zu bringen, antwortete er: »Nein, ich kann dies in beiden Fällen nicht ausschließen«, es könne sein, dass man etwas unternehmen müsse.

Wie einst Richard Nixon gilt auch Trump als Anhänger der »Madman Theory«. Diese politische Strategie geht davon aus, dass man mit weitestgehendsten Forderungen größere Chancen hat, seine Verhandlungspartner zu Zugeständnissen zu bringen. Die Washington Post kommentiere: »Es hört sich lächerlich an und wird vermutlich niemals eintreten. Aber selbst die implizite Drohung ist eine Provokation.«

Trump behauptete, es sei nicht klar, ob Dänemark überhaupt einen rechtlichen Anspruch auf Grönland habe, »aber wenn dem so ist, sollten sie darauf verzichten, denn wir brauchen es für unsere nationale Sicherheit.« Für den Fall, dass Kopenhagen nicht kooperieren sollte, drohte er mit »sehr hohen Zöllen«.

Im Falle von Kanada schloss Trump militärische Druckmittel aus. Er werde auf wirtschaftliche Maßnahmen setzen und verwies darauf, dass die amerikanisch-kanadische Grenze eine »künstlich gezogene Linie« sei: »Kanada und die USA, das wäre wirklich etwas. Du entfernst die künstlich gezogene Linie und schaust dir an, wie das aussieht.« Das wäre auch besser für die nationale Sicherheit, denn Amerika bezahle »jährlich Hunderte Milliarden« Dollar, um Kanada zu beschützen.

Während der Pressekonferenz bekräftigte Trump auch seine Drohung, Mexiko mit höheren Zöllen zu belasten, um es für die anhaltende Zuwanderung zu bestrafen. Zudem sprach er davon, dass der Golf von Mexiko eigentlich besser »Golf von Amerika« heißen solle. Das Wall Street Journal bezeichnete Trumps Äußerungen als eine durchaus kohärente auenpolitische Agenda, die »sich nicht auf globale Allianzen und den Freihandel stützt, sondern auf wirtschaftlichen Zwang und unilaterale militärische Macht, auch gegen Verbündete«.

Im Grunde scheint Trump dabei ähnlich wie der Kremlchef Wladimir Putin zu denken. Wie die russische Propaganda suggerierte der künftige amerikanische Präsident am Dienstag, dass ein möglicher NATO-Beitritt der Ukraine, den Russland stets kategorisch abgelehnt habe, der Auslöser für den Angriffskrieg gewesen sei. Aber sein Vorgänger Joe Biden habe darauf bestanden, dass Kiew dem Bündnis beitreten dürfe. »Nun, dann hätte Russland jemand an seiner Türschwelle, und ich könnte seine Gefühle darüber verstehen.«

Während republikanische Politiker die expansionistischen Ankündigungen ihres angehenden Präsidenten begrüßten oder dazu schwiegen, bezeichnete der demokratische Abgeordnete Jim Himes die impliziten Drohungen gegenüber Dänemark als »völligen Wahnsinn«. Der demokratische Fraktionsführer im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, schrieb auf der Plattform X: »Die Demokraten sind darauf fokussiert, die hohen Lebenskosten in Amerika zu senken, nicht darauf, in Grönland einzumarschieren.«


Der harte Kern des politischen Wahnsinns

So absurd sich die Pläne auch anhören mögen, Trump argumentiert für seine Fantasien: Die Klimaerwärmung lässt das Eis in der Arktis schmelzen und legt bisher unerschlossene Erdöl-, Gas- und Mineralvorkommen frei. Und Grönland, das wie ein Bollwerk zwischen Nordamerika, Russland und Europa liegt, sei auch geostrategisch für die nationale Sicherheit und Freiheit der Welt eine absolute Notwendigkeit, schrieb er bereits vor Weihnachten auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social.

Das größte Hindernis für den Dealmaker: Grönland steht nicht zum Verkauf. Darin sind sich die Grönländer und die Dänen einig. Doch da hört der Konsens auch schon auf. Grönlands Ministerpräsident Mute Bourup Egede hielt an Neujahr eine Rede, die auch in Kopenhagen für großen Wirbel sorgte: »Es ist Zeit, den nächsten Schritt für unser Land zu tun», sagte Egede in seiner Neujahrsansprache. Grönland genießt seit 1979 Autonomierechte und verwaltet sich in vielen Bereichen selbst. Egede will die »kolonialen Fesseln« nun endgültig ablegen. Das grönländische Parlament und die Regierung seien seit einiger Zeit dabei, eine neue Verfassung mit dem Ziel der Abspaltung von Dänemark auszuarbeiten.

Der Zeitpunkt der Ankündigung ist nicht zufällig. Die Kooperation zwischen Kopenhagen und Nuuk (Hauptstadt und Verwaltungssitz der Insel) hakelt schon länger. Für Unzufriedenheit sorgten die unaufgeklärten kolonialistischen Straftaten Dänemarks. In den 1960er-Jahren ließ die einstige Kolonialmacht Tausenden Frauen und Mädchen Spiralen ohne Einwilligung einsetzen, um die indigene Bevölkerung zu dezimieren. Eine Untersuchung läuft noch, betroffene Frauen haben den dänischen Staat auf Entschädigung verklagt.

Im April stehen auf der Insel Wahlen an. Die Aussicht auf Unabhängigkeit eignet sich gut als Wahlkampfthema. Für eine Abspaltung ist nicht nur die Zustimmung der grönländischen Bevölkerung und des grönländischen Parlaments erforderlich, sondern auch eine Mehrheit im dänischen Parlament. Wann eine Abstimmung auf Grönland durchgeführt werden könnte, ließ Egede offen. Außerdem ist die Insel in hohem Masse von dänischen Subventionen abhängig.

Donald Trump jedenfalls ist von seinem politischen Wahnsinn so begeistert, dass er seine Freude auf seiner Plattform Truth Social in Großbuchstaben artikuliert. Dort schreibt er, der Empfang seines Sohnes Don junior, den er mit seinem Flieger und Abgesandten schon mal auf der Insel einfliegen ließ, sei großartig gewesen: »Sie und die freie Welt brauchen Sicherheit, Stärke und FRIEDEN! Dieser Deal muss zustande kommen […] MAKE GREENLAND GREAT AGAIN!«

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