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14. April 2023 Bernhard Sander: Die PCF-Führung schwelgt in Nostalgie

Frankreichs Linke kokettiert mit Spaltung

Fabien Roussel (PCF)

In Frankreichs linker Oppositionskoalition NUPES zeigen sich Risse, da mehrere Gruppen und Parteien, die die parlamentarische Linke bilden, sich fragen, ob sie Teil einer ebenso lauten wie radikalen Opposition sein wollen.

Nachdem bei einer Nachwahl zur Nationalversammlung eine PS-Dissidentin, die im ersten Wahlgang noch hinter dem NUPES-Kandidaten gelegen hatte, den Wahlkreis in der entscheidenden zweiten Runde nicht zuletzt mit Unterstützung der Mitte gewonnen hat, bricht vor dem Hintergrund der stagnierenden Straßenproteste gegen Macrons Rentenreform wieder Nervosität zwischen den Partnern des NUPES-Bündnisses auf.

Ohne die Absprachen zur Bildung von NUPES in den wenigen Wochen zwischen Präsidentschafts- und Parlamentswahl im letzten Jahr wären die Kommunisten (PCF) nicht mehr in Fraktionsstärke in die Nationalversammlung eingezogen. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage des Ifop-Instituts, die die Hypothese einer gespaltenen Linken angesichts einer möglichen Auflösung der Nationalversammlung aufwarf, ließ die PCF auf einem bescheidenen Niveau von 3%, hinter LFI (11%), EE-LV (9%) und der PS (7%).

Der frisch wiedergewählte Vorsitzende der PCF, Fabien Roussel, der aktuell in den Umfragen mit 6% mehr als die 2,3% erzielt, die er als Präsidentschaftskandidat und seine Partei in den letzten 20 Jahren registrieren musste, hatte bereits im Vorfeld des Parteitages verlauten lassen, er betrachte NUPES als »überholt«, und dass »man weit darüber hinaus zusammenkommen muss« und, warum nicht, Sozialisten und Ungehorsame einschließen sollte bis hin zu Ex-Premierminister Bernard Cazeneuve, der mit der PS völlig gebrochen hat, und deren Ersten Sekretär Olivier Faure aus allen Rohren beschießt. Und für die, die die Botschaft nicht verstanden haben, fügt der Kommunist, der gerne gutes Essen aus der Region genießt und damit auf die »Barbecue-Linke« zielt, hinzu, dass er »Appetit auf eine neue Linke hat, die sich nicht auf Jean-Luc Mélenchon reduzieren lässt«.

Er schlägt an der Stelle der Neuen sozialen und ökologischen Volksunion (NUPES) eine »neue Volksfront« vor, die sich auf die »Welt der Arbeit, das pochende Herz Frankreichs«, stützen soll. »Dafür aber sucht er die Verbindung zu den PS-Dissidenten, die soeben NUPES eine Niederlage bei einer Nachwahl beigebracht haben. Mit alten Regierungsmitgliedern der PS zu reden, »bedeute ja nicht an die Amtszeit Hollandes anzuknüpfen«. Es ist allerdings schwierig, Kräfte jenseits der Linken gewinnen zu wollen, und damit zu beginnen, indem man die Kräfte, mit denen man ein Bündnis eingehen will, immer wieder angreift.


PCF als politischer Faktor

Die französische kommunistische Partei (PCF), die wegen der Pandemie ihren 100. Geburtstag (2021) nicht wirklich feiern konnte, ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Seit 2018 ist die Mitgliederzahl weiter gesunken (42.000 Beitragszahler*innen, 7.000 weniger als bei Roussels Amtsantritt als Parteichef). Ende Januar votierten 82% der 29.000 an der Abstimmung beteiligten Parteimitglieder (immer noch traditionell als »Militante« bezeichnet) für den Leitantrag Roussels. Ein trotz dieses Votums eingebrachter Alternativentwurf (ein Novum in der Parteigeschichte) scheiterte. Roussel, der gegenüber dem Bündnispartner La France Insoumise eine harte Linie vertritt, wurde mit 80,4% in eine zweite Amtszeit geschickt. Die Gegenposition war von seinem Vorgänger Pierre Laurent und dem Vorstandsmitglied Elsa Faucillion markiert worden.

Die zarte Blüte der PCF, die Roussel ausmacht, verkennt allerdings das veränderte Umfeld seiner etwas nostalgischen Sicht. Der von ihm erträumte »Pakt für ein erstarkendes Frankreich der Arbeit« zehrt zuerst einmal von aktuellen Protest: »Zu der immer noch extrem starken Mobilisierung gegen die Rentenreform kam Wut über den Einsatz des 49.3 hinzu, mit dem die Meinungsäußerung der Nationalversammlung zu einem grundlegenden Text mit Füßen getreten wurde. Das war ein Moment des Umkippens. Eine mächtige Forderung nach Demokratie kam zum Ausdruck, und das tat gut. Eine Forderung nach Respekt, sowohl von den Gewerkschaften als auch vom Volk. Nicht der Mob, sondern das Volk: jene Bürger, die Rechte haben und diese verteidigen.« Der PCF fordert ein Referendum, einen Volksentscheid, den Macron zweifellos verlieren würde. Damit wäre die Parlamentsauflösung durch den Präsidenten unvermeidlich.

»Wir sind bereit zu regieren. Wir müssen dies ab sofort bekräftigen und eine politische Alternative anbieten. Nicht eine Alternative, sondern einen tiefgreifenden Wandel, einen Bruch mit der derzeitigen liberalen Logik, die unser Sozialmodell wie auch den Planeten schädigt.« Roussel zielt erklärtermaßen auf die hohe Zahl der Wahlenthaltungen und auf Wähler*innen der extremen Rechten.

Roussel war seinerseits aufgefallen mit einer Polemik gegen die »gauche des allocs«, die »Sozialleistungslinke«. Die Betonung der Arbeit, ihrer Dichte, ihres Umfangs und ihres Sinns ist umso wünschenswerter, als die Linke sich zu sehr auf Beschäftigungsprobleme beschränkt hat. Als der Nationalsekretär zur Veranschaulichung seiner Ausführungen »das Frankreich der Sozialleistungen« kritisierte, betrat er sofort vermintes Gelände. Zwar erklärte er, dass er dem Frankreich, das sich mit den Ausgleichszulagen arrangiert, das Frankreich der Löhne gegenüberstellen wollte.

Aber in einem Moment, in dem die Rechte und noch mehr die extreme Rechte starken Druck ausüben und die Wut auf die »Sozialhilfe« bis in die unteren Schichten hinein vorherrscht, besteht die Gefahr, dass die Infragestellung der Sozialleistungen in eine Denunziation der Leistungsempfänger*innen umschlägt. Man glaubt, das Feld der extremen Rechten einzugrenzen, doch im Umkehrschluss kann sie dadurch gestärkt werden, indem die mörderische Logik des »Sündenbocks« wiederbelebt wird.

Und es ist eine argumentative Grundlinie Macrons, Arbeitnehmer*innen gegen RSA (Sozialhilfe)-Empfänger*innen auszuspielen, »die nie arbeiten«. Jetzt stellt Roussel klar: »Es handelt sich um zwei Gesellschaftsprojekte, zwei Welten, zwei völlig unterschiedliche Vorstellungen von Arbeit in Frankreich. Wir verteidigen eine Arbeit, die emanzipiert, die erfüllt und die den Bedürfnissen des Landes und den klimapolitischen Herausforderungen gerecht wird. Für das Macron-Lager ist die Arbeit eine Quelle des Profits, sie dient als Anpassungsvariable für die Rentabilität der Unternehmen, Arbeitslosigkeit und Armut sind die Folge. Der Präsident der Republik verteidigt das Frankreich einer Arbeit, die auf dem Niveau der Sozialhilfe entlohnt wird. Wir antworten darauf: weniger arbeiten, besser arbeiten und alle arbeiten. Das ist das zentrale Thema, bei dem die Linke viel stärker sein muss, sonst überlässt man es der Rechten und den Liberalen, es für sich zu beanspruchen. Was das Recht auf Faulheit betrifft, so wurde es karikiert, indem man sich vorstellte, dass man eine Gesellschaft ohne Arbeit am Laufen halten könnte. Und manche theoretisieren es so sehr, dass sie für ein universelles Einkommen eintreten. Wir wollen die Partei der Arbeit sein, um ein freies, starkes und glückliches Frankreich aufzubauen. Um dieses Triptychon herum möchte ich mein Projekt für Frankreich aufbauen. … Es ist auch die Arbeit, durch die wir – insbesondere über die öffentlichen Dienste – die Gleichberechtigung aller Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Geschlecht, gewährleisten und einen echten ökologischen Übergang aufbauen können. Es handelt sich um ein umfassendes Projekt, das die Grundlagen für eine neue soziale, ökologische, feministische und säkulare Republik schafft.«

Das Programm finde »seine ganze Aktualität in dieser großen Idee: Jeder Arbeitnehmer, jeder Arbeiter muss sich seine Produktionsmittel wieder aneignen. Es geht nicht nur darum, den Reichtum zu verteilen und die Dividenden zu besteuern. Damit sind alle einverstanden, sogar die Sozialisten. Und das ist auch gut so. Aber wir denken weiter: Wir wollen darüber entscheiden, wie wir diesen Reichtum produzieren und wofür. Das ist auch eine Forderung, die in dieser sozialen Bewegung erhoben wird: an den Entscheidungen teilhaben.«

In diesem letzten Punkt der Erneuerung der Demokratie trifft sich Roussels Leitantrag mit einer Analyse der Fondation Jean Jaurès (dem französischen Pendant der Friedrich-Ebert-Stiftung), die die neuen »Cahiers des doleánces« (»Beschwerdehefte«) ausgewertet hat, die Staatspräsident Macron durch die Bürgermeister hatte sammeln lassen nach den Gelbwestenprotesten.

»Während wir uns kollektiv einer Vielzahl von Herausforderungen stellen müssen, bestätigt und verschärft sich die Krise der repräsentativen Demokratie jeden Tag aufs Neue. Wahlenthaltung und Misstrauen sind in wenigen Jahrzehnten zu den wichtigsten Markern des derzeitigen Systems geworden.

Innerhalb dieser Risse und Unvollkommenheiten haben die Ansprüche jedoch nicht nachgelassen. Die Franzosen sind weit davon entfernt, auf die Politik zu verzichten, sondern stellen vielmehr höhere Ansprüche an die Demokratie. Partizipieren, beteiligt sein und mitentscheiden geben den Ton für eine neue politische Praxis an, die im Übrigen von zahlreichen gewählten Vertretern getragen wird, die wahrnehmen, dass die Methode nunmehr über das Mandat siegt. Überall im Land werden auf Initiative der öffentlichen Einrichtungen und Körperschaften immer mehr Bürgerbefragungen durchgeführt, so dass ein neues partizipatives Millefeuille (Handlexikon) entsteht, eine außergewöhnliche Fülle, die jedoch häufig die Ungleichheiten und Auswahlverzerrungen des repräsentativen Modells reproduziert. Gleichzeitig wird die ›deliberative Wende‹ der Demokratie in Frankreich durch zahlreiche Hürden und Vorurteile unterschiedlichster Art eingeschränkt. Obwohl die Erfahrung das Gegenteil beweist, soll die Zeit der Bürgerbeteiligung nicht die Zeit der Reformen, der Behandlung von Notfällen oder der effizienten Entscheidungsfindung sein.

Wie kann man diese immer stärker werdende Spannung zwischen einem repräsentativen System, dem der Atem ausgeht, und einem demokratischen Streben, das sein Modell noch nicht gefunden hat, auflösen? Wie können wir wieder Zusammenhalt und Gleichheit schaffen, wenn die Krisen – Umwelt-, Sozial-, Energiekrise ... – eher spalten als zusammenschweißen? Die Demokratisierung der Institutionen ist eine Voraussetzung und kein Hindernis. Es wurden Vorschläge gemacht, der Kontext ist nun dringend, es bleibt nur noch, den Rahmen zu setzen, um demokratisch über den Inhalt der durchzuführenden institutionellen Reformen nachzudenken und zu entscheiden.«[1]

Die Studie der Jaurès-Stiftung hebt vor allem folgende Ergebnisse hervor: »Ohne es unbedingt vorausgesehen zu haben, hat die Reform der Regionen die Entscheidungszentren noch weiter von den Lebens- und Wohnorten der Franzosen im ländlichen Raum entfernt. Und damit ein Gefühl der Verlassenheit offenbart«, das durch den Modus vertikaler Wahlen nicht aufgefangen werden könne. Die Abstentionisten bilden heute übrigens die größte Partei Frankreichs!

»Sie haben das Gefühl, unsichtbar gemacht zu werden. Und doch gibt es dieses Frankreich: Einer von drei Franzosen lebt auf dem Land (in Gemeinden mit weniger als 3.500 Einwohnern). In der Untersuchung wird deutlich, dass Frankreich nicht ausschließlich städtisch, diplomiert und mobil ist. Das berühmte Abstiegsgefühl der Landbevölkerung, um es kurz zu machen, wurzelt im Alltag der Franzosen: das allmähliche Verschwinden der öffentlichen Dienstleistungen in der Nähe oder, in einer subtileren Form, deren Qualitätsverlust (das gilt für den Verkehr ebenso wie für die Schulen).

Die Frage beispielsweise der medizinischen Wüsten erscheint an der Spitze der sozialen Anliegen, wie sie in den Heften zum Ausdruck kommen. Und das ein Jahr vor der Krise im Zusammenhang mit Covid-19! Diese Entwicklungen betreffen zudem die kommenden Generationen und geben den Eltern ein Gefühl der Ohnmacht, als ob die Spiele von vornherein entschieden wären. Die territoriale Ungerechtigkeit führt gleichzeitig zu einer Ablehnung der Besteuerung, da die Dienstleistungen, die die Gegenleistung für die Steuer darstellen, nicht mehr gegeben sind. Diese Situation ist politisch äußerst gefährlich: Die Zustimmung zur Steuer ist das Fundament unserer Demokratien. Wenn sie ins Wanken gerät, wird der Begriff des Gemeinwohls selbst dekonstruiert und letztlich auch die Möglichkeit, eine Gemeinschaft zusammenleben zu lassen, die nichts mehr teilt.« Die Gelbwestenproteste hatten gezeigt, dass sich dieses Problem nicht durch eine Konzentration auf die »Welt der Arbeit« wird bewältigen lassen, da sie gerade auch von den prekarisierten Arbeitnehmergruppen getragen wurden.

Im Leitartikel von »Humanité«, der selbständigen, aber in der Wahrnehmung immer noch Parteizeitung der PCF, werden die Bögen noch weiter gespannt und die Herausforderungen der Zeit so umrissen: »Der globalisierte Finanzkapitalismus hat einen derartigen Umbruch verursacht, dass er die Menschheit in den Abgrund stürzt. Diese Tatsache wird von den Weltbürgern kaum oder gar nicht wahrgenommen, obwohl sie den Sinn der Arbeit, unsere Lebensweise, die Art und Weise, wie wir leben, produzieren, konsumieren usw., hinterfragen. Kurz gesagt: wie wir in einer gemeinsamen Welt zusammenleben können. […]

Die Bewältigung dieser Herausforderungen kann nicht durch eine Politik der Anpassung an das System erfolgen. Es geht darum, das System zu überwinden: Teilung der Macht, des Wissens und des Reichtums, Befreiung der Arbeit von der kapitalistischen Ausbeutung, Aneignung der Produktions- und Tauschmittel, damit die Arbeitnehmer ›durch ihre Arbeit souverän‹ werden, wie Jean Jaurès es verkündete. Neue menschliche und soziale Beziehungen mit der Natur und dem Lebendigen zu begründen, ist die Aufgabe der Volksbewegung, die den bestehenden Zustand der Dinge immer wieder überwindet, hin zu dem, was wir Kommunismus nennen.

Trotz der Karikaturen, die von den Verfechtern der etablierten Ordnung von ihm gemacht werden, trotz der Misserfolge des Sowjetismus, der ein Ideal und revolutionäre Prozesse durch Autoritarismus und abscheuliche Verbrechen fehlgeleitet hat, ist der Kommunismus die Antwort auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Arbeiterbewegung in Frankreich hat durch ihre Kämpfe große Seiten sozialer und demokratischer Errungenschaften geschrieben. Der französische Kommunismus hat Frankreich mit einer Vielzahl von sozialen Errungenschaften, die jeder kennt, geprägt. Die aktuelle Bewegung gegen die Rentenreform trägt diesen Geist in dem Sinne, dass sie darauf abzielt, eine dieser großen Errungenschaften und die Herausforderung emanzipierter Arbeit zu verteidigen. Sie zeigt die Einheit der Arbeitnehmer und fegt die Versuche der Spaltung weg, die das System einflößen will, um die Herrschaft zu erlangen. Um neue ›glückliche Tage‹ zu erobern, wird die KPF auf ihrem Parteitag die Weichen für ein Gesellschaftsprojekt stellen, das nicht von der Stange kommt, sondern das Ergebnis eines Volksansatzes ist und mit den verfügbaren Kräften agiert. Dies wird eine grundlegende Stütze sein, um die notwendigen Brüche unserer Zeit voranzutreiben.«[2]

Auf der politischen und gesellschaftlichen Linken ist bei der Bewältigung dieses Aufgabenkataloges der strategische Zwiespalt keinesfalls überwunden, den der PCF-Dissident Roger Martelli so beschreibt: »Ein Teil von ihnen ist eher empfänglich für den Wunsch nach einem Bruch, ein anderer für die Suche nach Kompromissen im Rahmen des Systems. Es ist daher möglich, eine Sensibilität einer anderen vorzuziehen. Es spricht nichts dagegen, dass man der Meinung ist, dass Anpassung ohne den Druck eines Pols des Bruchs zu leicht in Kompromisse und Verzicht umschlägt. Umgekehrt kann man aber auch davon ausgehen, dass die Leidenschaft für den Bruch, wenn sie nicht kanalisiert wird, zu Ausrutschern und meist zum Scheitern führen kann. Wenn also dauerhafte Ungleichheit ohne einen Bruch mit der bestehenden Ordnung nicht denkbar ist, kann es keinen Bruch geben ohne Mehrheiten, um ihn zu führen, und damit ohne die Sammlung der gesamten Linken, um eine Mehrheit zu bilden. Unabhängig davon, welche grundlegende Wahl man trifft, sollten beide Aussagen gleichzeitig gedacht werden.«[3]

Bei den PCF-Aktivist*innen überwiegt zudem der Eindruck, dass der Verzicht auf eine eigene Präsidentschaftskandidatur (1965, 1974, 2012 und 2017) die Partei geschwächt habe, der von der damaligen Nummer eins, Robert Hue, um die Jahrhundertwende eingeleitete »Wandel« erratisch und wenig kohärent war und die Regierungsbeteiligung im Rahmen der »pluralistischen Linken« die PCF in die Mühlen einer Linken geführt hatte, die nach und nach vom »Sozialliberalismus« verschlungen wurde.

Roussel ist der Protagonist einer nostalgischen Strömung in der PCF, die anstatt die chaotische Verwaltung des Wandels und die Armut seiner strategischen Grundlagen genauer zu untersuchen, nun den Wandel an sich als Ursache allen Übels bezeichnet. »Man« habe die Zellen zerstört, »man« habe den Betrieb aufgegeben, »man« habe die Identität der Partei aufgegeben.

Dabei wurde übersehen, dass die große Ausweitung der politischen Organisation auf den Betrieb nur für einen relativ kurzen Zeitraum (die 1960er und 1980er Jahre) wirksam war, und dass der kommunistische Einfluss in der Arbeitswelt zuvor eher über die militante kommunistische Präsenz in den Gewerkschaften erfolgte (CGT als Transmissionsriemen). Der Rückgang der Betriebszellen setzte bereits in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre ein, als Georges Marchais noch Generalsekretär der Partei war. Damals schwand mit den Montanindustrien und den postfordistischen Experimenten für eine neue Betriebsweise auch die Basis im Betrieb, während gleichzeitig die Sozialisationsformen verschwanden, die die Geschichte der Arbeiterklasse über lange Zeiträume hinweg strukturiert hatten.

»Der Wunsch, so nah wie möglich an der Erfahrung der Bevölkerung zu arbeiten, das Bestreben, das Politische wieder in den Raum der modernen Arbeit wie auch in den der Stadt einzufügen: all das ist lobenswert. Aber es besteht immer die Gefahr, dass die Pflicht zum Wiederaufbau und damit zur politischen Neugründung durch eine nostalgische Rückkehr zu dem ersetzt wird, was man erlebt hat – entweder direkt oder durch die militante Erinnerung. Die Kommunisten werden eine nicht unerhebliche Änderung ihrer Satzung vornehmen. Es bleibt für sie zu hoffen, dass diese Änderungen mit ehrgeizigeren Änderungen der Praxis und der politischen Kultur der Kommunisten verbunden werden«, resümiert Martelli.

Wie die potentielle PCF-Wählerschaft allerdings diese Analyse beurteilt, ist durchaus unklar.

Anmerkungen

[1] Florence Baillon und Laure Pallez État d’urgence démocratique : comment décider ensemble ? - Fondation Jean-Jaurès (jean-jaures.org) Im folgenden - leicht gekürzt – Auszüge aus einem Interview. »Diese Initiative Macrons knüpfte an die Beschwerdehefte an, die in den letzten Jahren vor der Revolution 1789 von den Landständen gesammelt wurden, und war sowohl was die Zahl der Teilnehmer*innen an der Grand Débat, als auch was Umfang und Vielfalt der Modalitäten betrifft (Fragebögen, Apps für Jugendliche, öffentliche Debatten, Eröffnung von Beschwerdeheften in den Rathäusern, freie Beiträge usw.) einmalig. Insgesamt haben mehr als zwei Mio. Bürger*innen den Fragebogen beantwortet, 10.000 Debatten wurden organisiert, 400.000 Seiten in den Heften in fast jedem zweiten Rathaus vollgeschrieben. Sie verstauben seit dem weitgehend in den Archiven, nachdem Macron daraus vier Themenfelder markiert hatte: Aufwertung der Überstunden, Einfrieren der CO2-Steuer, Aktivitätsprämie und Abschaffung der Erhöhung der Allgemeinen Sozialabgabe auf die Renten. Das alles zu Gesamtkosten von 10 Mrd. Euro! Der Rest passte nicht in das politische Konzept der Regierung.
Die Untersuchung dieses Materials, insbesondere der Fragebögen ermöglicht es nach Meinung der Autoren, Rohdaten über die Präferenzen zu erhalten, »die Blackbox des individuellen Empfindens entschlüsseln«.
[2] Fabien Gay, »Die Notwendigkeit des Kommunismus«, in: Humanité 8.4.2023 Translated with DeepL
[3] Roger Martelli, PCF : Fabien Roussel, acte II - regards.fr.

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