12. Dezember 2016 Joachim Bischoff / Björn Radke
Griechenland: kein Fass ohne Boden
Das Parlament in Athen hat den Haushalt für 2017 mit knapper Mehrheit gebilligt. Nach einer fünftägigen Debatte votierten 152 Abgeordnete für den Etat der Koalitionsregierung aus Linken und Rechtspopulisten, 146 stimmten dagegen. Der Etat mit Ausgaben von rund 56 Mrd. Euro setzt auf die Förderung des Wirtschaftswachstums.
Unter dem Druck der europäischen Gläubiger sind allerdings weitere Sparmaßnahmen programmiert, zum Ärger der Opposition – und Teilen der linken Basis der regierenden Syriza-Partei. Die GriechInnen müssen sich daher auf neue Sparmaßnahmen in Höhe von knapp 2,45 Mrd. Euro einstellen.
Vorgesehen sind vor allem höhere indirekte Steuern, etwa auf Tabak, Kaffee, Spirituosen und Treibstoff. Auch Bauern und Freischaffende sollen mehr bezahlen. Unbeschadet von dieser Fortsetzung der Sparpolitik ist das Ziel der Regierung: Die griechische Wirtschaft soll 2017 um 2,7% wachsen und die Arbeitslosenquote bis Jahresende auf 20,6% fallen.
Keine Frage: »Mit den indirekten Steuern zahlen wieder die Schwächeren«, kritisierte der Chef der stärksten Oppositionspartei, der konservativen Nea Dimokratia (ND), Kyriakos Mitsotakis. Diese Kritik ist wohlfeil, weil Griechenland noch immer nicht seine politische Souveränität von den Gläubigerstaaten und -Institutionen zurück gewonnen hat. Außerdem hat die konservative Partei trotz aller parteiinternen Reformen immer noch keinen Bruch mit den alten Oberschichten vollzogen, die für den dramatischen Niedergang des Landes verantwortlich sind.
Griechenland ist noch immer im »Kontrollmodus«. Die zweite Überprüfung des dritten Rettungsprogramms ist nicht abgeschlossen. Bei den aktuellen Verhandlungen der Troika mit Griechenland geht es um Maßnahmen zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und zum Abbau der exorbitant hohen notleidenden Kredite, die die Bilanzen der griechischen Banken belasten und die Kreditvergabe an die Wirtschaft blockieren. Fast die Hälfte der Kredite wird zurzeit nicht bedient. Die EU-Kommission machte erst vor kurzem klar, dass sie die Banken nicht mehr ohne harte Sanierungsmaßnahmen refinanzieren wird wie im vergangenen Jahr.
Ende September 2016 hatte eine Expertenkommission ihre Empfehlungen für den griechischen Arbeitsmarkt verkündet. Diese war 2015 eingesetzt worden, die Vertreter wurden zur Hälfte von der griechischen Regierung und zur anderen Hälfte von der Quadriga aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus bestimmt. Überraschenderweise stärkte der Kommissionsbericht mehrheitlich die Position der griechischen Regierung und der Gewerkschaften. Sie forderten etwa, die 2012 abgeschaffte Tarifautonomie wieder einzuführen, keine Ausnahmen beim Mindestlohn für Unter-24-Jährige zuzulassen und das Streikrecht nicht zu beschneiden.
Drei Monate später sind dies die Streitpunkte zwischen Griechenland und den Geldgebern. Im Abschlussdokument des Eurogruppentreffens wird festgehalten: »Um das Ziel des Primärüberschusses von 3,5% des BIP 2018 zu erreichen, sind weitere substanzielle Reformen nötig, um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Das beinhaltet substanzielle Reformen des Arbeitsmarktes.« Gefordert wird auch, dass Investitionshemmnisse abgeschafft werden und der neue Privatisierungsfonds HCAP noch vor Ende Januar 2017 tätig wird.
Im Detail verlangen die Gläubiger Gesetzesänderungen, die es erleichtern, Gewerkschaftsmitglieder zu entlassen, und es erschweren, zu Streiks aufzurufen. Der IWF – der nur beratende Institution ist – möchte zudem weitere Rentenkürzungen, die Senkung des Steuerfreibetrages von 8.600 Euro auf 5.000 Euro sowie neue Sparmaßnahmen auch nach 2018, dem Ende des dritten Memorandums, durchsetzen. Dies spricht nach wie vor nicht für eine Unterstützungspolitik unter Berücksichtigung der Souveränität.
Der Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes, Luca Visentini, greift zu Recht zu scharfer Kritik: »Diese neuen Forderungen nach noch weitergehenden sogenannten Reformen sind komplett ideologisch getrieben und ergeben ökonomisch keinerlei Sinn. Sie wären der letzte Sargnagel für die Rechte griechischer Arbeitnehmer.«
Die GriechInnen erwarten also weitere Sparmaßnahmen, wenn die Austeritätspolitik durch die Hegemonialmächte in der EU nicht beendet wird. Finanzminister Efklidis Tsakalotos rief die Opposition dazu auf, die Regierung darin zu unterstützen, keine weiteren »Reformen« im Arbeitsrecht zuzulassen. Es gebe etwa Verhandlungen mit den Institutionen darüber, die Tarifverhandlungen wieder einzuführen. Auch wenn der IWF hier hart bleibt, hätten diese, so Tsakalotos, »keine guten Argumente«. Er forderte, die Einigung mit den Gläubigern als Gesamtpaket zu betrachten.
Politische Schlussfolgerung der Linksregierung: Sie will das Land weiterhin stufenweise aus der schweren Finanzkrise herausführen. Das kommende Jahr 2017 werde ein Meilenstein bei der Bewältigung der Krise werden, sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras. Daher ist auch die Verabschiedung des Haushaltes von großer Bedeutung: »Und dies ist der erste Haushalt des Optimismus, des Wachstums und der Erholung.«
Das Ringen geht weiter
Die Linksregierung ist aus Sicht der Hegemonialmächte weiterhin im Verzug bei den geforderten »Reform«maßnahmen. Die europäischen Geldgeber und der IWF streiten zwar derzeit über weitere Schuldenerleichterungen für Griechenland. Die Euro-Finanzminister haben dem hoch verschuldeten Land eine Reihe an Erleichterungen bei der Schuldentilgung zugestanden.
Der ESM ist im Auftrag der Euro-Länder der mit Abstand größte Gläubiger Griechenlands und überwacht gemeinsam mit EU-Kommission und Europäischer Zentralbank die Umsetzung der Reformen, die im dritten Hilfsprogramm mit Athen vereinbart wurden. Der IWF hat eine beobachtende Rolle und will erst nach Abschluss der laufenden Überprüfung entscheiden, ob er sich finanziell beteiligt. Nach dem Regierungswechsel in der US-Administration könnte eine positive Entscheidung des IWF schwierig werden.
Die griechische Regierung sieht einige Vereinbarungen in den Schuldenverhandlungen als Erfolg. So sollen Rückzahlungszeiträume für Kredite aus dem zweiten Hilfsprogramm von 28 auf rund 32 Jahre gestreckt werden. Zudem soll Griechenland vollständig an den derzeit extrem günstigen Zinsen partizipieren.
Das laufe laut Finanzminister Tsakalotos darauf hinaus, dass Athens Schuldenlast um 20% verringert werde – allerdings bis 2060. Bis 2040, so rechnete er vor, werde man eine Reduktion von 9% im Verhältnis zum BIP erreichen. Doch auch so würde der Schuldenstand immer noch 171% des BIP betragen. Solche langfristige Aussagen sind erfahrungsgemäß sehr unsicher. Der IWF und die EU-Kommission hatten sich schon bei kurzfristigeren Vorhersagen geirrt. Beim ersten Memorandum 2010 etwa sagten sie voraus, die griechische Wirtschaft werde 2011 aufgrund »reformbedingter Produktivitätssteigerungen« nur um 1,1% schrumpfen. In Wirklichkeit gab es ein Minus von 6,7%.
Auch der Streitpunkt um den Primärüberschuss (Haushaltsüberschuss ohne Schuldendienst) von 3,5% des BIP ab 2018 ist laut dem Regierungssprecher noch nicht ausgeräumt. Die Linksregierung will eine geringere Vorgabe erreichen. Der Staat brauche das Geld, um Investitionen zu tätigen sowie sozial Schwache zu unterstützen. Laut Eurogruppenkommuniqué soll dennoch die 3,5%-Marke mittelfristig bestehen bleiben.
Ein heikles Thema am Rande der Haushaltsdebatte waren Sparmaßnahmen, die der IWF laut griechischer Regierung für die Zeit nach 2018 fordert, um sich am laufenden Reform- und Sparprogramm zu beteiligen. Athen bezifferte diese Summe auf 4,5 Mrd. Euro. Alexis Tsipras betonte: »Griechenland wird auf keinen Fall zusätzliche Sparmaßnahmen akzeptieren, die im aktuellen Memorandum nicht vorgesehen sind.«
Der Ministerpräsident und Syriza-Chef verteidigte außerdem die Entscheidung, den ca. 1,6 Millionen RentnerInnen mit geringem Einkommen mit 617 Mio. Euro eine Sonderzahlung zu gewähren. RuheständlerInnen, die weniger als 850 Euro im Monat erhalten, sollen dieses Jahr eine Art 13. Rente zwischen 300 Euro und 700 Euro bekommen. »Wir helfen den ärmeren Menschen«, sagte Tsipras zur Begründung. Diese soziale Politik sei möglich, weil Griechenland dieses Jahr einen Primärüberschuss von 1,9 Mrd. Euro, also ohne Schuldendienst, erreichen konnte. Dieser ist deutlich höher als ursprünglich von den Geldgebern vorgegeben (0,5 Mrd. Euro).
Die EU-Kommission pocht dagegen darauf, dass das hoch verschuldete Griechenland wichtige Budgetentscheidungen vorab mit den Gläubigern abstimmen muss. Das vereinbarte Hilfsprogramm enthalte klare Verpflichtungen, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel.
Die angekündigten Sozialmaßnahmen könnten sicherlich die Leben Situation vieler AltersrentnerInnen verbessen. Die Auswirkungen auf die politische Akzeptanz dürften sich in Grenzen halten. Demoskopen zufolge liegen die oppositionellen Konservativen der Nea Dimokratia (ND) seit Monaten in der Gunst der WählerInnen mit einem Vorsprung von acht bis 15 Prozentpunkten vor der sozialistischen Syriza von Alexis Tsipras.
Dazu eine Stimme der europäischen Hegemonialmacht in der Bild-Zeitung: Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) kritisiert die griechische Regierung wegen der geplanten Sonderleistung für RentnerInnen. »Erst in dieser Woche haben die Finanzminister der Euro-Länder Griechenland weitere Schuldenerleichterungen gewährt«, sagte er. »Es ist daher völlig unverständlich, dass die Regierung Tsipras jetzt Zusatzleistungen für Rentner ankündigt und den öffentlichen Dienst aufbläht. Griechenland hat wenig verstanden.« Der Chef des Euro-Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, kritisierte ebenfalls die geplante Maßnahme für bedürftige RentnerInnen. »Die Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten vergangene Nacht ohne Rücksprache mit den Prüf-Institutionen wirft eine Reihe von Fragen auf.«
Widerstand gegen die Fortsetzung des Diktats der Gläubiger kommt auch aus der griechischen Zivilgesellschaft. Ein erneuter landesweiter Generalstreik gegen die Sparmaßnahmen hatte das öffentliche Leben in Griechenland weitgehend lahmgelegt. Staatsbedienstete, Seeleute, Bankangestellte, Bahnmitarbeiter und Ärzte hatten sich an der Protestaktion gegen die Kürzungspolitik beteiligt.
Etwa neun von zehn Griechen glauben verschiedenen Umfragen zufolge, dass das Land sich in die falsche Richtung bewegt. In Athen warten abends Dutzende leerstehende Taxis am zentralen Syntagmaplatz vergeblich auf Kundschaft. Weiter sind entlang der ehemals blühenden Einkaufsstraße Stadion nach wie vor Hunderte Geschäfte geschlossen. Zehntausende Wohnungen in allen Regionen des Landes stehen leer. Mieter gibt es kaum. Und wer eine Wohnung hat, muss enorme Grundbesitzsteuern aufbringen. Mehr als 400.000 gut ausgebildete junge GriechInnen sind bereits ins Ausland ausgewandert. Fast jeder vierte Grieche ist ohne Job.
Laut vereinbartem Memorandum wird Griechenland wird bis 2018 die Unterstützung der Europartner akzeptieren müssen. Bis dahin sollen über das dritte, 2015 vereinbarte Hilfspaket bis zu 86 Mrd. Euro nach Athen fließen. Mit Spannung wird erwartet, ob – und wenn ja, wie – der Internationale Währungsfonds dabei weiter finanziell mitmacht. Eine Beteiligung des IWF war eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass der Bundestag dem dritten Hilfspaket für Athen zugestimmt hat.
Zentrales Problem im Prozess der Erholung bliebt weiterhin, dass Griechenland zu wenig Raum und Ressourcen für Investitionen und für die wirtschaftliche Erholung zugestanden werden. Im Krisensommer 2015 ging es – wie sich immer deutlicher zeigt – weniger darum, Griechenland langfristig zu retten, als zunächst einmal die Zustimmung für die Milliardenhilfe in den Geldgeberländern zu sichern. Und dazu gehörte offenbar das Narrativ: Griechenland muss bluten. Daran leidet die Griechenland-»Rettung« bis heute.
Der jüngste Beschluss der EU-Kommission, die Aussetzung des Dublin II-Abkommens im März 2017 zu beenden, bedeutet eine zusätzliche Belastung für das Land. Die Einstellung der eigentlich nach dem Dublin II-Abkommen gebotenen Rückabschiebungen von Flüchtlingen oder Migranten, die über Griechenland in andere Staaten der EU gelangt sind, trat in Kraft, nachdem die seinerzeit untragbaren Zustände für die Schutzsuchenden im finanziell angeschlagenen Mittelmeerstaat dies geboten.
Der Feststellung der EU-Kommission, dass die Zustände in den Flüchtlingslagern auf den Inseln sich derart verbessert hätten, dass Dublin II wieder in Kraft treten könne, widersprechen Flüchtlingshilfsorganisationen, das UNHCR und die meisten Beobachter der Lage der Flüchtlinge im Land. Sie verweisen auf die immer wieder brennenden Lager auf den griechischen Inseln und die eher unzureichende Unterbringung der Menschen in Lagern auf dem Festland.
Und dennoch positive Entwicklungen
Trotz der brutalen Austeritätspoltik der Gläubiger-Staaten: Mit Griechenland geht es wirtschaftlich wie politisch aufwärts. Die Industrieproduktion stabilisiert sich, der private Konsum zieht an, die Arbeitslosenrate sinkt.
Griechenlands Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im Vergleich zum zweiten Quartal um 0,5% gestiegen. Verglichen mit den Werten aus dem dritten Quartal des Jahres 2015 ergibt das sogar einen deutlichen Anstieg von 1,5%. Fazit: Griechenland geht wieder auf einen leichten und fragilen Wachstumskurs.
Das Wirtschaftswachstum von 1,5% im Jahresvergleich war um einiges höher als erwartet und stimmt die griechische Regierung optimistisch für die Zukunft. Tatsache ist, dass die griechische Wirtschaft nach dem Katastrophenjahr 2015 stärkere Widerstandskraft gezeigt hat als erwartet. Der Crashkurs der Regierung Tsipras gegenüber den Gläubigern im Frühjahr 2015 und die folgende Einführung der Kapitalkontrollen im Juni desselben Jahres ließen Schlimmeres erwarten.
Der beginnende Aufschwung wurde zwar unterbrochen, und die Sparmaßnahmen des dritten Rettungspakets sorgten für eine Rezession im ersten Halbjahr 2016, aber jetzt ist unübersehbar: Die Wirtschaft hat tatsächlich wieder Fahrt aufgenommen. Der starke Zuwachs gerade im dritten Jahresdrittel ist zwar technisch vor allem dem starken Einbruch im Vergleichszeitraum 2015 zu verdanken, doch es gibt weitere Indikatoren für eine Überwindung der Krise.
Erstaunlicherweise ist es nicht der Tourismus, der hauptsächlich für die Trendwende verantwortlich ist. Dieser hat vor allem auf den Ägäis-Inseln unter dem großen Flüchtlingsansturm gelitten, auch die Scharen christlicher Touristen aus der Türkei bleiben an der türkischen Riviera in diesem Jahr aus. Gleichwohl hat Griechenland aufgrund einer starken Nachfrage nach vielen Jahren wieder den zweiten Platz vor der Türkei unter den Mittelmeerländern zurückgeholt.
Es überrascht, dass sich die stark strapazierte griechische Industrieproduktion 2016 leicht erholen konnte. Im Sommer zogen auch die griechischen Exporte – nach einem schlechten ersten Halbjahr – wieder an. Ein guter Richtwert sind auch die steigenden Verkäufe von neuen Autos. In Griechenland waren in den vergangenen Jahren angesichts der Finanznöte der Konsumenten vor allem Gebrauchtwagen gehandelt worden. Und noch überraschender: Der private Konsum ist als positiver Faktor wieder da.
Zwar haben sich die steuerlichen Belastungen der BürgerInnen durch die Sparmaßnahmen des dritten griechischen Rettungspakets weiter erhöht. Doch gleichzeitig ging die Arbeitslosigkeit sowohl 2015 als auch 2016 leicht, aber stetig zurück. Noch 2014 lag die Arbeitslosenrate über 26%, im August 2016 hatte sie sich auf 23,4% reduziert. Nur noch knapp die Hälfte der Arbeitsplätze sind zwar volle Stellen, die Kaufkraft der Griechen hat aber dank der höheren Beschäftigung insgesamt zugenommen.
Das alles sind zwar wichtige, aber immer noch schwache Lebenszeichen der malträtierten Ökonomie. Deshalb versucht die Regierung Tsipras die Trendumkehr mit allen Mitteln zu verstärken. Griechenland ist seit 2010 von internationalen Krediten abhängig. Für das dritte Hilfsprogramm in Höhe von bis zu 86 Mrd. Euro hatten sich die Regierung in Athen und die Geldgeber auf ein umfangreiches Reform- und Sparprogramm bis 2018 verständigt. Es gibt allerdings keinen Spielraum für gesellschaftliche Investitionen.
Der Konsum allein wird nicht 2,7% und 3,1% Wachstum herbeizaubern, die für 2017 und 2018 von den europäischen Gläubigern verlangt werden. Dazu braucht es vor allem Investitionen, sowohl aus dem Ausland als auch im Inland. Und deshalb hat es Athen eilig, die zweite Überprüfung des dritten Rettungsprogramms im Dezember 2016 abzuschließen. Denn davon hängt es ab, ob die Gläubiger die im Mai angekündigten kurzfristigen Maßnahmen über eine Schuldenentlastung konkretisieren und eine Diskussion über die mittelfristigen beginnen. Das wiederum ist Voraussetzung für die Einbeziehung der offensiven Kreditpolitik der EZB für griechische Anleihen, ohne die eine Verbesserung des Investitionsklimas kaum möglich sein wird.
Klaus Regling vom europäischen Rettungsfonds ESM sieht Griechenland grundsätzlich auf einem guten Weg: »Ich rechne damit, dass Griechenland in der Lage sein wird, deutlich vor dem Ende des (laufenden Hilfs-)Programms im August 2018 an die Anleihemärkte zurückzukehren.« Voraussetzung sei, dass die notwendigen Reformen umgesetzt würden. Die vom ESM vorgeschlagenen und in der Euro-Gruppe beschlossenen kurzfristigen Maßnahmen beim Schuldenmanagement dürften für das Land eine zusätzliche Hilfe sein. »Um es in einem Satz zu sagen: Griechenland ist kein Fass ohne Boden.«