Hajo Funke
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Antje Vollmer/Alexander Rahr/Daniela Dahn/Dieter Klein/Gabi Zimmer/Hans-Eckardt Wenzel/Ingo Schulze/Johann Vollmer/Marco Bülow/Michael Brie/Peter Brandt
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Peter Wahl
Der Krieg und die Linken
Bellizistische Narrative, Kriegsschuld-Debatten und Kompromiss-Frieden
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Heiner Dribbusch
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Arbeitskämpfe und Streikende in Deutschland seit 2000 – Daten, Ereignisse, Analysen
376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80
ISBN 978-3-96488-121-2

4. März 2018 Joachim Bischoff: Die erneute Androhung von Strafzöllen

»Handelskriege sind gut!« (US-Präsident Trump)

Foto: dpa

US-Präsident Donald Trump überschreitet mit der Androhung von Strafzöllen erst für Stahl- und Aluminium-Importe und nun selbst gegenüber der EU für Autos auch auf internationalem Terrain bestehende Regeln. Die Aministration geht seit Monaten mit einschneidenden Maßnahmen gegen die Einfuhren aus einigen Ländern vor, mit denen die USA ein Handelsdefizit haben.

Betroffen sind bisher vor allem China und die Nachbarn Mexiko und Kanada. Ein Teil der Anti-Dumping-Aktionen bewertet die Welthandelsorganisation WTO als zu prüfende Vertragsverletzung. Das Weiße Haus bereitet aktuell ein Maßnahmenpaket gegen China vor, weil das Land US-Firmen zum Technologietransfer zwinge und amerikanische Geschäftsgeheimnisse und geistiges Eigentum stehle.

Der Startschuss zu einem Handelskrieg sind jetzt die Strafzölle auf Stahl- und Aluminium-Importe. Handelsminister Wilbur Ross war in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Dumping-Politik der Konkurrenten der USA auf dem Terrain von Stahl- und Aluminium die Nationale Sicherheit gefährde. Trumps Schlussfolgerung: »Unsere Stahl- und Aluminiumbranche sowie viele andere wurden jahrzehntelang durch unfairen Handel und schlechte Politik mit vielen Ländern der Welt dezimiert.«

Daher werde es Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte geben. Diese sollen 25% für Stahl und 10% für Aluminium betragen. Trump will die heimische Stahl- und Aluminiumindustrie wiederaufbauen. Diese sei seit Jahrzehnten von anderen Ländern unfair behandelt worden. »Wir werden neue Jobs bekommen und pulsierende Unternehmen«, sagte Trump. Die Stahl-Politik ist elementarer Teil seiner Prämisse »America First«.

Ob sich die neuen Importbeschränkungen mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) vertragen, interessiert Donald Trump wenig. Der Präsident behauptet, seine Vorgänger hätten sich von den US-Handelspartnern ausnehmen lassen – mit dem Resultat, dass Billigimporte ungehindert ins Land flössen, die industrielle Basis der USA dezimierten und Amerikanern die Jobs wegnähmen. Noch ist unklar, wann die Zölle in Kraft treten, wie lange sie gelten und auf welchen Produkten genau sie zur Anwendung kommen würden.

Im Zentrum des Angriffs steht Kanada: Der nördliche Nachbar ist sowohl der wichtigste Stahl- als auch Aluminiumlieferant der USA. 2017 war das Nachbarland für 16% der US-Stahlimporte und für 43% der US-Einfuhren von Aluminium verantwortlich.

Kanada gilt seit den 1940er Jahren als Teil der rüstungsindustriellen Basis der USA. Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass die WTO im Falle der zu erwartenden Klage Kanadas und anderer Betroffener die Begründung der US-Regierung für die Zölle, wonach die »übermäßigen« Stahl- und Aluminiumeinfuhren die nationale Sicherheit gefährden, akzeptieren würde. Die USA haben sich im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) dazu verpflichtet, ihre Zölle nicht über eine bestimmte Rate hinaus zu erhöhen.

Dieser gebundene Zoll ist im Fall der USA nicht für alle Waren exakt gleich, aber für Eisen- und Stahlprodukte liegt er im Durchschnitt bei lediglich 0,3% – es gibt also kaum Zweifel, dass der Vorschlag eines globalen Zolls auf Stahlimporte in Höhe von 25% die Zusagen der USA verletzt, auch wenn Donald Trump behauptet, dies sei durch die »nationale Sicherheit« motiviert.

Die USA zählen derzeit noch etwa 140.000 Stahlarbeiter*innen, in der Aluminiumindustrie dürften noch etwa 50.000 beschäftigt sein. In der Bauwirtschaft, im Transportsektor oder in der Rohstoffförderung – um nur einige der Branchen zu nennen, die mit Stahl- und Alu-Produkten arbeiten – ist es ein Vielfaches davon. Entsprechend bitter sind die Erfahrungen, die die USA mit früheren Schutzversuchen gemacht haben. Kaum eine Branche hat in den vergangenen Jahrzehnten mehr Rückendeckung von der US-Regierung erhalten als die Stahlindustrie.

Aktuell sind – noch ohne Berücksichtigung der neuen flächendeckenden Trump-Zölle – über 200 verschiedene US-Antidumping- und -Ausgleichszölle auf Eisen- und Stahlprodukten aus aller Welt in Kraft, weil diese angeblich unter unfairen Umständen nach Amerika geliefert werden. Trotzdem schreit die Branche ständig nach weiteren Schutzmaßnahmen. Das zeigt, dass Importbeschränkungen versagen und der Wettbewerbs- und Innovationskraft der Branche mittelfristig mehr schaden als nützen.

Die US-Stahlhersteller werden schlagartig einen Wettbewerbsvorteil erlangen. Nicht nur können ausländische Produzenten deutlich weniger Stahl nach Amerika liefern, weil sie preislich benachteiligt sind. Auch werden die Preise für Stahl in den USA, die sich bereits stark erhöht haben, wegen der Angebotsverknappung weiter steigen.

Unmittelbar nach der Ankündigung Trumps übten Vertreter diverser Abnehmerbranchen wie der Maschinenindustrie, des Erdöl- oder des Schiffbausektors scharfe Kritik. Ihnen bereitet nicht nur die Verteuerung eines zentralen Werkstoffs Sorge. Die verarbeitende amerikanische Industrie muss auch mit großen Störungen in ihren Lieferketten rechnen, weil der US-Stahlsektor für die Herstellung diverser Halbfabrikate und Fertigprodukte wie Bohrrohren für Erdölfelder gar nicht die Kapazitäten besitzt.

Die EU und Wirtschaftsnationen wie Brasilien und Kanada haben bereits Vergeltungsmaßnahmen angekündigt. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kann sich etwa im Gegenzug Einfuhrzölle auf Whisky, Jeans und Motorräder aus den USA vorstellen – damit würde er Symbole der US-Wirtschaft treffen, ohne jedoch allzu großen volks- und weltwirtschaftlichen Schaden anzurichten. »Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden«, sagte Juncker.

Der Internationale Währungsfonds warnte vor Schäden durch die Stahl-Zölle in den USA selbst. »Die vom US-Präsidenten angekündigten Importerschwernisse werden wahrscheinlich Schaden nicht nur außerhalb der USA anrichten, sondern auch in den Vereinigten Staaten selbst.« Betroffen könnten auch die verarbeitende Industrie und der Bausektor sein. Ferner gebe es große Bedenken, die Zölle mit der Nationalen Sicherheit zu begründen.

Trump verschärft unbeeindruckt von der Kritik im In- und Ausland seinen Politikansatz. Wenn ein Land viele Milliarden US-Dollar im Handel mit praktisch jedem Land verliere, mit dem es Geschäfte mache, »dann sind Handelskriege gut – und einfach zu gewinnen«, schrieb er auf Twitter: »Beispiel: Wenn wir ein 100-Milliarden-Dollar-Defizit mit einem Land haben und sie das ausnutzen, handeln wir nicht mehr – und machen einen Riesengewinn. Es ist so einfach!« Er wolle künftig auch auf andere Produkte Einfuhrzölle oder Grenzsteuern erheben, wenn dies andere Länder für US-Produkte tun. »800 Milliarden Handelsdefizit lassen uns keine andere Wahl«, schrieb Trump. »Wir werden bald mit wechselseitigen Steuern beginnen.«

Die multilateralen ausländischen Handelsdefizite der US-Wirtschaft haben den Boden bereitet für eine folgenreiche Dummheit der Trump-Administration: eine Hinwendung zum Protektionismus. Der Versuch, ein multilaterales Ungleichgewicht durch bilaterale Zölle zu lösen, wird zur Zerstörung der regulierten Handels- und Währungsordnung führen. Dem wegen der Russland-Affäre und anderer Skandale unter starkem Druck stehenden Präsidenten war wichtig, die neuen Zölle anzukünden und dadurch zu demonstrieren, dass Amerika unter ihm endlich zurückschlage, selbst wenn er zumindest Teile seines Stabs und seiner Partei, aber auch Alliierte damit regelrecht überfuhr.

Grund für die enormen Ungleichgewichte im Handel sind vor allem globale Überkapazitäten. Diese können allerdings nur über die internationale Zusammenarbeit und nicht über Alleingänge Amerikas gelöst werden. Neben einem Ausgleich internationaler Ungleichgewichte braucht es faire Regeln mit Sozial- und Umweltstandards im internationalen Handel statt dem noch immer herrschenden Recht des Stärkeren. Wenn dieser Irrsinn nicht gestoppt wird, werden wir einen veritablen Wettlauf der Zölle erleben.

Trump schottet mit seiner Strategie der Handelskriege die amerikanische Wirtschaft immer mehr gegen ausländische Konkurrenz ab und riskiert den Zusammenbruch der kapitalistischen Nachkriegsordnung. Auf den internationalen Finanzmärkten ist schlagartig die Unsicherheit zurück: Die Indizes haben ihre Talfahrt deutlich beschleunigt.

Händler begründeten die Verluste mit einer Mischung aus hoher Bewertung der Papiere, den Sorgen wegen einer zunehmend protektionistischen Politik des amerikanischen Präsidenten Donald Trump sowie der Furcht vor rasch steigenden Leitzinsen. Mit seinem Hang zum Protektionismus wirft er die US-Wirtschaft selbst zurück. Importbeschränkungen versagen und schaden der Wettbewerbs- und Innovationskraft der Unternehmen. Die Hoffnung von Trump, dass bei allen negativen Rückwirkungen Jobs erhalten bleiben, ist schlicht falsch.

Zur Finanzierung von Konsum und Wachstum nehmen die USA Kredite in Form ausländischer Kapitalüberschüsse auf, um das eigene Defizit auszugleichen. All diese Kredite implizieren ein großes Zahlungsbilanzdefizit gegenüber der übrigen Welt, welches ein gleichermaßen hohes Handelsdefizit verursacht. Trumps Politik ist dabei, die ökonomische Konjunktur abzuwürgen.

Der US-Präsident und sein Finanzminister Steven Mnuchin hatten ein Wirtschaftswunder versprochen. Sie argumentierten, dass sie dauerhaft ein jährliches Wirtschaftswachstum von über 3% oder sogar über 4% erreichen werden. Trump hat zudem wiederholt gesagt, dass Amerikas gesamtwirtschaftliche Leistung 2017 als direktes Ergebnis seiner Politik gesehen werden sollte. Und er hat die Wachstumsrate des dritten Quartals, die anfänglich mit 3,3% gemeldet wurde, zu einer großen Sache gemacht. Im vierten Quartal fiel das Wachstum jedoch auf 2,6%, und erste Schätzungen deuten darauf hin, dass das Gesamtwachstum für das Jahr 2,3% nicht übersteigen wird. Von einem Wunder kann also keine Rede sein. Trump hat keinerlei Steigerung des Wirtschaftswachstums bewirkt.

Bislang hatte Trump sein Versprechen, in den Außenhandel einzugreifen, nicht realisiert. Das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) bleibt ebenso bestehen wie die Handelsbeziehungen mit China und anderen wichtigen Partnern. Die Gefahr einer selbst verschuldeten Rezession ist also im ersten Jahr vorbeigezogen.

Jetzt droht der US-Präsident, Unheil anzurichten: Da läuft die größte Volkswirtschaft der Erde auf Hochtouren, setzt im neunten Jahr hintereinander ihren Aufschwung fort und nähert sich der Vollbeschäftigung. Doch die Regierung in Washington fährt eine Haushaltspolitik, als stecke das Land in einer Finanz- und Wirtschaftskrise oder zumindest in einer Rezession. Mit schuldenfinanzierten Steuersenkungen und Ausgabenprogrammen heizt sie die Konjunktur weiter. Es ist sehr gewagt, mehr brennbare Flüssigkeit in ein Feuer zu schütten. Mit seinen protektionistischen Maßnahmen läuft Trump jetzt Gefahr, die US-Ökonomie, die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte schwer zu schädigen.

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