Hajo Funke
AfD-Masterpläne
Die rechtsextreme Partei und die Zerstörung der Demokratie | Eine Flugschrift
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ISBN 978-3-96488-210-3

Michael Brie
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Strategische Fragen linker Politik in Zeiten von Krieg und Krise
Eine Flugschrift
126 Seiten | EUR 12.00
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Antje Vollmer/Alexander Rahr/Daniela Dahn/Dieter Klein/Gabi Zimmer/Hans-Eckardt Wenzel/Ingo Schulze/Johann Vollmer/Marco Bülow/Michael Brie/Peter Brandt
Den Krieg verlernen
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Frank Deppe
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Peter Wahl
Der Krieg und die Linken
Bellizistische Narrative, Kriegsschuld-Debatten und Kompromiss-Frieden
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Heiner Dribbusch
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Arbeitskämpfe und Streikende in Deutschland seit 2000 – Daten, Ereignisse, Analysen
376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80
ISBN 978-3-96488-121-2

1. Februar 2023 Joachim Bischoff: Die Konjunkturprognose des IWF

Licht und Schatten in der Weltwirtschaft

Foto: IWF

Belastet vom Krieg in der Ukraine und der hohen Inflation wird die Weltwirtschaft im Jahr 2023 geringer wachsen als 2022. Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird es nur zu einem Plus von 2,9% reichen (2022 wurden 3,4% erreicht), bevor es dann 2024 wieder etwas stärker aufwärts geht.

Die Weltwirtschaft (zu den Aussichten der Globalökonomie siehe auch: Joachim Bischoff, Gelingt ein »Soft Landing« der Akkumulationsbewegung? in Sozialismus.de, Heft 2-2023, S. 21ff.) wird mithin die Folgen des Kriegs in der Ukraine und die weiterhin hohe Inflation etwas besser verkraften als zunächst befürchtet. Und auch die umfangreichen Sanktionen zwingen Russlands Wirtschaft nicht in die Knie. Das liege nicht zuletzt an den Entwicklungen in China und Indien. Verantwortlich für den besseren Ausblick sind jedoch weder die USA noch der Euro-Raum.

Zwar wird sich die Weltwirtschaft im laufenden Jahr abschwächen, doch die Schätzung für die Veränderung des Bruttoinlandprodukts (BIP) wird leicht von 2,7% auf 2,9% nach oben korrigiert. Der IWF spricht von einem möglichen Wendepunkt: Trotz des anhaltend starken Gegenwinds durch den Krieg und die Inflation seien die Aussichten weniger düster als noch im Oktober angenommen, schreibt der Währungsfonds in seinem Update zum »World Economic Outlook«.

Auch bei der Inflation wird mit einer Entspannung gerechnet. »Der Kampf gegen die Inflation zahlt sich allmählich aus«, sagte IWF-Chefökonom Pierre-Olivier Gourinchas. Die Notenbanken, die zuletzt rund um den Globus die Zinsen ungewöhnlich schnell angehoben haben, müssten ihre Anstrengungen fortsetzen. Der Gegenwind sei aber weniger stark als noch im Oktober. 2023 könnte die Wende bringen, der Ausblick habe sich nicht weiter eingetrübt. »Das sind gute Nachrichten, aber noch nicht genug.«

Die weltweite Inflation lag 2022 bei 8,8% und damit noch höher als der deutsche Rekordwert von 7,9%. Laut IWF werden es weltweit in diesem Jahr 6,6%, 2024 dann wohl 4,3%. In den drei Jahren vor der Pandemie waren es im Schnitt nur rund 3,5%. 2024 sollten sich die Auswirkungen der jetzigen Zinserhöhungen endgültig durchsetzen. Der Höhepunkt sei bereits im Herbst überschritten worden – 84% der Länder sollten 2023 niedrigere Teuerungsraten haben als 2022. Neben den Zinserhöhungen wirkten sich hier sinkende Energie- und Rohstoffpreise aus.


Die Berliner Republik als Bremsgewicht

Für Deutschland sagen die Expert*innen dieses Jahr ein Mini-Wachstum voraus. Schon im vierten Quartal erwies sich Deutschland, die größte Volkswirtschaft der Eurozone, als Bremsklotz: In Deutschland schrumpfte das BIP um 0,2%. In Italien ging es um 0,1% bergab, in Frankreich legte die Wirtschaftsleistung hingegen mit 0,1% minimal zu, während in Spanien ein Plus von 0,2% heraussprang.

Die Wirtschaft der Eurozone ist Ende 2022 überraschend auf Wachstumskurs geblieben. Das BIP stieg von Oktober bis Dezember um 0,1% zum Vorquartal gerechnet. Im Sommer war die Wirtschaft der Eurozone noch um 0,3% gewachsen. Im Gesamtjahr 2022 ergab sich ein Plus beim BIP von 3,5%.

Auf der Wirtschaft im Euroraum lasten die hohe Inflation und die Folgen des Ukraine-Kriegs, d.h. neben den Militärlasten auch die Rückwirkungen der Sanktionen. Laut der aktuellen Prognose des IWF dürfte Deutschland mit einem mageren Plus von 0,1% verglichen mit anderen EU-Staaten 2023 schwach abschneiden.

Auch wenn die Aussichten weniger düster eingeschätzt werden als im Oktober, bestehen für die Weltwirtschaft weiter Risiken – u.a. durch eine Eskalation im Krieg Russlands gegen die Ukraine oder durch eine höhere Inflation als vorausgesagt. Auch weitere Corona-Infektionswellen in China könnten die Lage verschlechtern, ebenso wie eine starke Abkühlung auf dem dortigen Immobilienmarkt.


Indien und China liefern das Wachstum,
Sanktionen gegen Russland wenig effektiv

»Indien bleibt ein Lichtblick«, sagte Gourinchas. Die Hälfte des erwarteten weltweiten Wachstums dürfte allein auf Indien und China entfalle. Die USA und die Euro-Zone kämen nur auf ein Zehntel des gesamten Wachstums. Die Wirtschaft in China wird laut IWF 2023 um 5,2% wachsen, 2024 dann um 4,5%, für Indien werden 6,1% und dann 6,8% erwartet.

Auffällig ist auch, dass die Prognosen für Russland deutlich verbessert wurden. Nach einer 2022 um 2,2% schrumpfenden Wirtschaft prognostiziert der IWF nun Plus-Raten von 0,3% in diesem Jahr und 2,1% im nächsten Jahr. Die Schätzung für 2023 wurde um satte 2,6% nach oben gesetzt. Für 2024 wurde die Vorhersage um 0,6 Punkte erhöht. Russland dürfte sich damit dieses Jahr besser schlagen als etwa Deutschland oder Großbritannien.

Ursprünglich hatte es teilweise Prognosen gegeben, die russische Wirtschaft könnte 2022 um mindestens 10% einbrechen. Laut der Notenbank in Moskau hat sich die Wirtschaft aber schnell an die neue Lage angepasst. Die nach dem Angriff auf die Ukraine Ende Februar 2022 verhängten umfangreichen Sanktionen gegen Russland sind zumindest kurzfristig wenig wirksam. Allerdings sind als Folge des Krieges und der Sanktionen die Energie- und Lebensmittelpreise im Westen massiv gestiegen.

Bei keinem anderen Land muss der IWF seine Prognosen stärker revidieren. Zwar ist die russische Wirtschaft 2022 um schätzungsweise 2,2% geschrumpft; noch im Oktober hatte der Währungsfonds noch ein Minus von 3,4% erwartet. Bereits für dieses Jahr wird wieder ein leicht positives Wachstum erwartet. Ein wichtiger Grund für die Revision: Die Einnahmen aus russischen Erdölexporten dürften weniger stark als erwartet unter internationalen Sanktionen leiden, zumal der Handel erfolgreich zu Staaten umgeleitet werden konnte, die keine Sanktionen verhängt haben.

Seit knapp zwei Monaten bestehen das Importverbot der EU und ein internationaler Preisdeckel für russisches Rohöl per Schiff. Am gesamten Exportvolumen Russlands hat sich dennoch wenig geändert. Das Land verschifft noch immer rund drei Millionen Barrel Rohöl am Tag, und der Preis ist verhältnismäßig moderat gestiegen.

Die Öl-Exporte gingen aber nicht mehr nach Europa, dem einstigen größten Abnehmer, sondern vor allem nach China und Indien. Zudem wird das russische Rohöl verstärkt mithilfe einer »Schatten-Flotte« von Tankern transportiert. Russisches Rohöl wird zudem mit einem Abschlag zum Weltmarktpreis gehandelt.


Brexit – ein Fiasko, auch wegen des Mangels an Arbeitskräften

Drei Jahre nach dem EU-Austritt Großbritanniens, der damals als Startschuss für eine wirtschaftliche Belebung gefeiert wurde, herrscht im Vereinigten Königreich wirtschaftliche Katerstimmung. Diese Desillusionierung wird durch die Konjunkturprognose des IWF verstärkt. Die britische Wirtschaft wird in diesem Jahr demnach nicht wachsen, sondern um 0,6% schrumpfen.

Am 31. Januar 2020 war Großbritannien nach 47 Jahren aus der EU ausgetreten. Inzwischen dämmert immer mehr Menschen, dass der Brexit nicht das von seinen Befürwortern versprochene wirtschaftliche Erfolgsrezept ist. Umfragen zeigen, dass inzwischen eine Mehrheit der Brit*innen den Brexit nicht nur für einen Fehler hält, sondern einen Wiedereintritt befürwortet. In der politischen Debatte ist eine mögliche EU-Rückkehr allerdings kein Thema.

Die Brexit-Folgen machen der Konjunktur erheblich zu schaffen. Das Land bildet das Schlusslicht in der IWF-Konjunkturprognose für die G7-Staaten für das Jahr 2023 und schneidet selbst schlechter ab als das wegen seines Angriffskriegs gegen die Ukraine mit Sanktionen belegte Russland. Hintergrund für die düsteren Aussichten seien die Steuerpolitik der Regierung, die straffere Geldpolitik der Zentralbank und noch immer hohe Energiepreise, die den Geldbeutel der Haushalte belasteten, erklärte der IWF.

Die Brexit-Anhänger*innen hatten geltend gemacht, ein Austritt aus der EU werde es Großbritannien erlauben, eigene Handelsabkommen zu schließen, die viel vorteilhafter seien. Bisher ist das aber nicht gelungen. Die bisher neu verhandelten Verträge etwa mit Australien oder Neuseeland wiegen die schweren Einbußen im Außenhandel mit der EU nicht annähernd auf. Das erhoffte Freihandelsabkommen mit den USA ist in weiter Ferne. Drei Jahre nach dem Austritt aus der EU ist die Bilanz desolat. Dieses Jahr dürfte das Land als einzige große Volkswirtschaft in eine Rezession rutschen.

Für die rechtskonservative britische Regierung ist die Prognose am dritten Jahrestag des EU-Austritts wenig schmeichelhaft. Das schwache Wachstum sei vor allem auf den Mangel an Arbeitskräften zurückzuführen, sagte der Direktor des Institutes for Fiscal Studies, Paul Johnson, der BBC. Auslöser dafür sei u.a. der Brexit gewesen, der Einwanderung aus der EU erheblich erschwerte. In vielen Bereichen – etwa der Gastronomie oder der Logistik – fehlen Arbeitskräfte. Früher wurden diese Berufe von EU-Bürger*innen ausgeübt. Davon orientierten sich jedoch viele in der Pandemie sowie rund um den Brexit um. Nun ist es wegen kostspieliger Visa nicht mehr ohne weiteres möglich, zum Arbeiten nach Großbritannien zu kommen.

Für den seit kurzem im Amt agierenden Tory-Premier Rishi Sunak, der vor allem die Erholung der Wirtschaft im Auge hat, ist selbst eine dafür dienliche Entspannung des Verhältnisses mit Brüssel schwierig. Es ist unklar, ob er sich gegen die Brexit-Anhänger*innen seiner Partei durchsetzen kann. Spekulationen zufolge wartet Sunaks Vorvorgänger Boris Johnson nur auf eine Gelegenheit, um dem Premier Verrat am Brexit vorzuwerfen, und sich den Weg zurück an die Regierungsspitze zu bahnen.

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