Hajo Funke
AfD-Masterpläne
Die rechtsextreme Partei und die Zerstörung der Demokratie | Eine Flugschrift
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ISBN 978-3-96488-210-3

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Antje Vollmer/Alexander Rahr/Daniela Dahn/Dieter Klein/Gabi Zimmer/Hans-Eckardt Wenzel/Ingo Schulze/Johann Vollmer/Marco Bülow/Michael Brie/Peter Brandt
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ISBN 978-3-96488-211-0

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Frank Deppe
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Bellizistische Narrative, Kriegsschuld-Debatten und Kompromiss-Frieden
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100 Seiten | Euro 10.00
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Heiner Dribbusch
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376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80
ISBN 978-3-96488-121-2

10. April 2018 Redaktion Sozialismus

Orbán triumphiert in Ungarn

Foto: European People's Party | flickr.com (CC BY 2.0)

Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei haben einen deutlichen Wahlsieg in Ungarn erreicht. Bei einer hohen Wahlbeteiligung von knapp 67,1% konnte sich die rechtspopulistische Fidesz-Partei eine Zwei-Drittel-Mehrheit sichern.



Macht man sich klar,
dass auch »Jobbik, die Bewegung für ein besseres Ungarn«, bei minimalen Verlusten ihre Position von knapp 20% gehalten hat, wird deutlich, dass Ungarn fest in der Hand der politischen Rechten ist. Jobbik ist stramm rechtsnational, populistisch und EU-feindlich, zudem wurde und wird auch die Grenze zu Antisemitismus und Antiziganismus immer wieder überschritten.



In vielen politischen Bereichen
gibt es eine große Übereinstimmung in der Programmatik von Fidesz und Jobbik. Beim Thema Migration übernahm der Fidesz die Forderungen von Jobbik nicht nur, sondern setzte sie auch zielstrebig um. Das verhalf der Regierungspartei in dieser Frage zu hoher Glaubwürdigkeit. Keine Oppositionspartei kann beim Thema Migration mit der Fidesz mithalten oder ihn gar überbieten. Die fremdenfeindliche und EU-kritische Haltung sichert der Regierungspartei ihre hohe Popularität.

Orbán hatte das Votum in der Kampagne als »Schicksalswahl« dargestellt: Es gehe darum, ob Ungarn ein »Einwanderungsland« werde oder seine Identität behalten könne. Der einen Anti-Flüchtlings-Kurs fahrende Orbán wirft dem ungarisch-stämmigen US-Milliardär George Soros seit Jahren vor, Millionen Migranten in Europa ansiedeln zu wollen, und stellt Oppositionspolitiker und Nichtregierungsorganisationen als »Soros-Söldner« hin.

Fast die Hälfte der Wahlbevölkerung hält Orban zugute, dass er Ungarn in den letzten acht Jahren aus einer schweren Wirtschaftskrise herausgeholt hat. Die Basis seiner Akzeptanz besteht darin, dass ihn eine Mehrheit als Garant für eine berechenbare und sichere Zukunft des Landes sieht. In einer Gesellschaft, die von Misstrauen und der Angst vor fremden Einflüssen geprägt ist, verspricht er Stabilität.

Die ungarische Wirtschaft wächst mit starken 4% pro Jahr, die Arbeitslosenquote ist auf einen der niedrigsten Werte in Europa zurückgegangen, und die Menschen erleben ein kleines Lohnwunder. Die steigenden Löhne bilden eine wichtige Säule für das robuste Wirtschaftswachstum im Land und in der Region. Sie treiben den Privatkonsum an. Im letzten Jahr verdienten die lohnabhängigen Ungarn durchschnittlich 12,8% mehr als vor Jahresfrist. Bei einer Inflation von derzeit rund 2% bedeutet das, dass sich die Menschen real gut 10% mehr leisten können.

Außerdem stützt sich das Wachstum auch auf EU-Mittel. Die Regierung Orbán hat viele öffentliche Projekte vorgezogen, was der Wirtschaft vor den Wahlen einen Stimulus von rund vier Prozentpunkten des Bruttoinlandprodukts (BIP) gebracht hat. Aber diese Gelder werden in der zweiten Hälfte der EU-Förderperiode (2019 bis 2022) fehlen. Die Wirtschaftsdynamik dürfte deshalb zurückgehen, wenn nicht andere Wachstumsquellen auftauchen.



Für die ungarische Linke war schon die Wahl vor vier Jahren ein massives Debakel. Die Parteien dieses Lagers konnten sich nur mühsam auf ein Bündnis verständigen. Aus der Zersplitterung hat man nicht herausgefunden. Neue Verhandlungen für eine Wahlallianz im letzten Jahr verliefen derart chaotisch, dass der zum sozialistischen Spitzenkandidaten gekürte Hoffnungsträger Laszlo Botka bereits im Herbst entnervt das Handtuch warf. Der folgende Spitzenkandidat Karacsony ist selbst nicht Mitglied der MSZP, sondern der links-grünen Partei Parbeszed. Die Ungarische Sozialistische Partei (MSZP) fiel von 28 auf – zusammen mit einem kleinen links-grünen Partner – 20 Mandate zurück. Auch die Grünen (LMP) und die linksliberale DK sind im Parlament vertreten.

Die Demokratische Koalition des sozialistischen Exministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány schloss mit der MSZP einen für sie vorteilhaften Teil-Deal über das koordinierte Antreten in den Direktwahlkreisen. Die DK hat nun neun statt vier Mandate. Mit 5,6% der Stimmen kam sie gerade noch über die Fünf-Prozent-Hürde. Es gelang also, einige Direktmandate mehr zu gewinnen als vor vier Jahren. Doch verweigerten sich die Kleinparteien LMP und Momentum einer umfassenden Kooperation.

Neben der gut laufenden Ökonomie und der deutlichen Reallohnentwicklung begünstigt das Wahlrecht die größte Partei Fidesz – 106 der 199 Parlamentsmandate werden an Direktkandidaten vergeben –, und war so Basis für den Gewinn der Zweidrittelmehrheit. Die Massenmedien sind mit wenigen Ausnahmen in den Händen von Vertrauten Orbàns, und das öffentlich-rechtliche Fernsehen ist zum völlig einseitigen Sprachrohr der Regierung verkommen. Zudem gab das Amt des Ministerpräsidenten allein in den Monaten Dezember und Januar Millionenbeträge für »Informationskampagnen« aus, d.h. für Parteipropaganda.

Eine wichtige Folge des Wahlergebnisses wird sein, dass die Zusammenarbeit mit dem EU-kritischen Orbàn schwierig bleibt. Orbàns gesamter Wahlkampf fußte auf dem Versprechen, er werde sein Land vor muslimischen und angeblich kriminellen MigrantInnen schützen. Vor diesem Hintergrund einen Kompromiss bei der geplanten Reform des EU-Asylrechts zu erzielen, wird für Brüssel und Berlin eine kaum lösbare Aufgabe. EU-Kommissionschef Juncker ließ erklären: Man freue sich darauf, mit der neuen ungarischen Regierung zusammenzuarbeiten, knüpfte daran aber auch eine Mahnung: »Die EU ist eine Union der Demokratie und der Werte. Präsident Juncker ist der Ansicht, dass die Verteidigung dieser Werte und Prinzipien die gemeinsame Pflicht aller Mitgliedsstaaten ist.«

Interessant dürften die kommenden Monate schon deshalb werden, weil die Kommission sich nunmehr festgelegt hat, dass sie künftig Fördergelder aus dem EU-Haushalt an die Einhaltung demokratischer Spielregeln knüpfen will. Ungarn ist von diesen Zahlungen stark abhängig. Konflikte sind vorprogrammiert.

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