Trumps Triumph?
Dienstag, 21. Januar 2025 | Berlin | 19:00 Uhr | RLS, Straße der Pariser Kommune 8A (auch Online)
Ingar Solty wird im Gespräch mit der Professorin für Politikwissenschaft Margit Mayer die Thesen seiner Anfang Februar erscheinenden Flugschrift zu den Folgen der US-Präsidentschaftswahlen vorstellen.

Rudolf Hickel
Schuldenbremse
oder »goldene Regel«?

Verantwortungsvolle Finanzpolitik für die sozial-ökologische Zeitenwende | Eine Flugschrift
96 Seiten | € 12.00
ISBN 978-3-96488-226-4

Christoph Scherrer/
Ismail D. Karatepe (Hrsg.)
Arbeit in der Lieferkette
Miserable Arbeitsbedingungen auf See und in den Häfen
192 Seiten | € 18.80
ISBN 978-3-96488-220-2

Peter Renneberg
Handbuch Tarifpolitik und Arbeitskampf
5., aktualisierte Ausgabe
232 Seiten | € 19.80
ISBN 978-3-96488-224-0

Hans-Jürgen Urban (Hrsg.)
Gute Arbeit gegen Rechts
Arbeitspolitik: Theorie, Praxis, Strategie – Ausgabe 2024
136 Seiten | EUR 10.00
ISBN 978-3-96488-225-7

Torsten Teichert
Die Entzauberung
eines Kanzlers

Über das Scheitern der Berliner Politik | Eine Flugschrift
108 Seiten | EUR 12.00
ISBN 978-3-96488-216-5

21. Dezember 2024 Joachim Bischoff: Putin informiert auf seiner Jahrespressekonferenz

Russlands Kriegswirtschaft floriert

Auf seiner jährlichen Pressekonferenz in Moskau zeigte sich der russische Präsident Wladimir Putin über die Situation seines Landes zufrieden – sowohl wirtschaftlich als auch mit Blick auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Ungeachtet zahlreicher Sanktionen zog der 72-Jährige eine insgesamt zufriedenstellende Wirtschaftsbilanz – vor allem im Vergleich zu westlichen Industrienationen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde 2024 um 3,9%, »vielleicht sogar 4%« wachsen, prognostizierte der Kreml-Chef bei der Veranstaltung, zu der auch als Bürgersprechstunde eingeladen wurde. Mit Blick auf die Ukraine ändere die Situation sich »radikal«. »Wir rücken entlang der gesamten Frontlinie vor«, konstatierte er. Im von ihm stets »spezielle Militäroperation« genannten Krieg sei man auf dem Weg »unsere Ziele zu erreichen«.

Die Zufriedenheit Putins über die wirtschaftliche Entwicklung ist keineswegs übertrieben. Das Wachstum der russischen Wirtschaft ist angesichts der umfassenden westlichen Sanktionen gegen russische Unternehmen und Vermögen im Ausland sowie gegen Moskaus Ölhandel bemerkenswert. Die russische Ökonomie ist bisher in keine ökonomische Krise abgedriftet, sie expandiert. Das BIP soll im laufenden Jahr deutlich zulegen. Und die Arbeitslosenquote in Russland hat sich seit Kriegsbeginn halbiert.

Zentrales Problem ist die massive Inflationsrate, sicher eine Folge der Kriegsökonomie. Die Notenbank in Moskau unter Führung von Elwira Nabiullina kämpft zunehmend damit, die Preissteigerungen in den Griff zu bekommen. Die Teuerung liegt aktuell bei 9%. Das ist keine Hyperinflation. Allerdings konnte die Zentralbank trotz mehreren Zinsanhebungen nichts gegen diesen Preisauftrieb unternehmen. Wie der Ökonom Vasily Astrov vom Wiener Institut WIIW erklärt, ist diese Entwicklung selbst eine Folge des Krieges: Die russischen Einkommen sind seit Kriegsbeginn kräftig gestiegen, laut Zahlen der Notenbank liegen die Medianeinkommen heute 20% höher als noch 2022.

Weil Arbeitskräfte fehlen – viele Männer sind an der Front, gefallen oder ins Ausland geflohen –, wetteifern der zivile und der militärische Sektor darum, Beschäftigte zu finden. Die höheren Arbeitseinkommen sind eine Folge der umfangreichen Militarisierung der Ökonomie. Hinzu kommt, dass der Staat Soldaten hohe Gehälter und Angehörigen Gefallener hohe Pensionen ausbezahlt. Diese Einkommenszuwächse sind eine Hauptstütze der positiven Wirtschaftsentwicklung, weil sie den Konsum befeuern.

Von Anfang August bis Anfang Dezember hat der russische Rubel gegenüber dem US-Dollar rund ein Fünftel seines Wertes verloren, obwohl die russische Zentralbank in diesen vier Monaten ihren Leitzins in zwei Schritten von 18 auf 21% anhob. Ökonomen kritisieren die russische Geldpolitik. Während das Wiener Institut in seiner Mitte Oktober veröffentlichten »Herbstprognose« das Wachstum der russischen Wirtschaft im Jahr 2025 noch auf 2,5% veranschlagt, gibt es auch Prognosen, die das Wachstum stärker abfallen sehen.

Der Produktionsanstieg könnte sich im nächsten Jahr auf nur noch rund 1,5% abschwächen. Die russische Regierung geht in ihrer kürzlich vom Parlament gebilligten Haushaltsplanung weiterhin davon aus, dass das reale Bruttoinlandsprodukt nach einem Anstieg um 3,9% im laufenden Jahr im nächsten Jahr noch um 2,5% wächst.

Zu den Krisenerscheinungen trägt auch bei, dass der Staat inzwischen 40% des Budgets in den Militärsektor pumpen muss, Tendenz laufend steigend. Ein Teil der Mittel fließt natürlich in die Militärproduktion – zulasten ziviler Industrie.

Putin achtet allerdings auf Budgetdisziplin: Der Krieg wird bisher nicht damit finanziert, dass der Staat Geld druckt. Im Gegenteil: Top-Verdiener werden stärker besteuert. Die Gewinnsteuern für Unternehmen wurden von 20 auf 25% angehoben. Laut den Ökonomen hat der Staat mit dem Schritt seine Budgeteinnahmen deutlich erhöht. Damit wird vor allem der Rückgang von Einnahmen aus dem Geschäft mit fossilen Rohstoffen kompensiert, Russland kann ja sein Gas zurzeit schwerer verkaufen.

Selbst wenn die Zeit des hohen Wachstums vorbei sein sollte, gibt es keinen ökonomischen Grund dafür, dass Putin seinen Krieg in der Ukraine auf absehbare Zeit nicht fortsetzen kann. Zumal Moskau ja auch eine etwas höhere Inflation zulassen könnte als die angestrebten 4%. Es bleibt vorerst dabei: Putins Oligarchen haben sich als fähiger erwiesen als seine Generäle.

Um die boomende Kriegskonjunktur zu bremsen und die massiv gestiegene Geldmenge zu reduzieren, hält die Zentralbank die Zinsen hoch. Der wichtigste Leitzins steht bei 21%, eine weitere Steigerung wird erwartet. Was das für den Kreditmarkt bedeutet, illustriert die Zentralbank-Statistik zu Privatkrediten. Für kurzfristiges Geld müssen Bürger*innen im Durchschnitt 26,54% Zins zahlen. Wenn das Darlehen länger als drei Jahre läuft, sind es immer noch 18,59%.

Während Rüstungsunternehmen subventioniert werden, verhindern hohe Zinsen, dass die zivile Industrie investieren kann. Die Russische Union der Industriellen und Unternehmer (RSPP) hat deswegen an die Regierung appelliert, sie solle die noch unabhängige Zentralbank anweisen, die Zinsen zu senken.

Janis Kluge von der Berliner »Stiftung Wissenschaft und Politik« fasst in einer Analyse Trends der Entwicklung der russischen Wirtschaft treffend zusammen: »In Teilen der russischen Wirtschaft hat die hohe staatliche Nachfrage in den vergangenen zwei Jahren einen Kriegsboom ausgelöst. Die Einkommen sind stark gestiegen, und es herrscht Aufbruchstimmung. Aufgrund des Arbeitskräftemangels und der westlichen Sanktionen ist das Wirtschaftswachstum im Laufe dieses Jahres jedoch zum Erliegen gekommen, während sich eine hartnäckige Inflation eingestellt hat.

Die Zentralbank kämpft mit hohen Zinsen gegen die Preisspirale an, was die Wirtschaft bremst, die Inflation aber noch nicht dämpfen konnte. Mit Blick auf das Jahr 2025 trüben sich die Konjunkturaussichten weiter ein, wodurch Russland krisenanfälliger wird. Neue Sanktionen oder auch ein niedrigerer Ölpreis könnten eine Rezession in Gang setzen.«

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