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Heiner Dribbusch
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ISBN 978-3-96488-121-2

24. März 2012 Joachim Bischoff / Bernhard Müller: Die Bilanz 2011 der HSH Nordbank

Tiefrote Zahlen als Erfolgsgeschichte?

Zu Beginn des Jahres 2012 wurde der Hamburger Finanzsenator Tschentscher auf die kursierenden Zweifel am neuen Geschäftsmodell der HSH Nordbank angesprochen. Der Senator antwortete: »Ich will nicht sagen, dass alles sicher und in trockenen Tüchern ist. Es ist nach wie vor sehr schwer für die Bank, aber sie hat ein tragfähiges Geschäftsmodell, und sie hat wieder eine klare Perspektive... Das freut mich, weil wir als Land natürlich nach wie vor mit einem hohen Risiko beteiligt sind, und ich bin jeden Tag froh, wenn sich die Bank ein Stück weit aus dieser Gefahrenzone heraus bewegt.«

Es lässt sich nicht bestreiten: Nicht nur die EU-Kommission hat Zweifel, ob das neue Geschäftsmodell trägt und die einstige Landesbank sich zügig vom Tropf der öffentlichen Gelder abkoppeln kann. Gleichsam als »Aufräumoperation« hatte die EU-Kommission der Fortführung der Bank unter Auflagen zugestimmt. Im Unterschied zur West LB wurde die HSH-Bank nicht zur Auflösung gezwungen, sondern kann mit einigen erheblichen Auflagen ihre Geschäftsaktivitäten fortführen.

Die HSH Nordbank war von den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein vor der Insolvenz bewahrt worden, indem drei Mrd. Euro Kapital eingeschossen und eine Risikoabschirmung von 10 Mrd. Euro bereitgestellt wurde. Hinzu kamen zeitweilig Liquiditätsgarantien von 17 Mrd. Euro von der SoFFin.

Drei Punkte an dieser aufwändigen Rettungsaktion kritisierte und korrigierte die EU-Kommission:

  • Der Aktienpreis war bei der Umsetzung der Kapitalerhöhung eindeutig überhöht.
  • Die Vergütung für die Bereitstellung des Garantieschirms stellte gleichfalls eine verdeckte Begünstigung der Bank dar.
  • Die Bank sollte sich künftig gegenüber den risikoreichen Geschäften auf Dollarbasis zurückhalten.

Die Auflagen aus Brüssel hätten auch auf eine Zerschlagung hinauslaufen können. Die Genehmigung zur Fortführung signalisierte einen Kurswechsel der EU-Kommission im immer noch nicht beendeten Restrukturierungsprozess der bundesdeutschen Landesbanken. Vor allem die Eigentümer – sprich die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein – sahen diese Entwicklung positiv, weil ein Verkauf oder eine Zerschlagung mit Sicherheit mit erheblichen Vermögensverlusten verbunden gewesen wäre.

Neues Geschäftsmodell heißt in Absprache mit Brüssel: Die sechs Mrd. Euro schwere Flugzeugfinanzierung und das internationale Immobiliengeschäft werden aufgegeben und die Standorte in Amsterdam, Paris und Shanghai geschlossen. Das Geschäft mit Schiffsfinanzierungen, in dem die HSH eine weltweit führende Rolle hat, wird zurückgefahren. Ferner darf die HSH in diesem Kerngeschäft auf Geheiß der EU auf absehbare Zeit nicht nennenswert wachsen, sondern muss die Bilanzsumme deutlich zurückfahren. Zentrale Zielsetzung: Übergang auf ein Geschäftsmodell »Regionalbank« mit Schwerpunkt auf den Mittelstand.

Künftig will sich die einstige international agierende Kapitalmarktbank auf das Geschäft mit mittelständischen Kunden in Norddeutschland konzentrieren, in dem bislang vorwiegend die Sparkassen unterwegs sind. Bankchef Paul Lerbinger sieht den Übergang auf ein neues Geschäftsmodell bereits in trockenen Tüchern: »Wir haben die Umsetzung der harten EU-Vorgaben zügig auf den Weg gebracht… Damit haben wir uns eine gute Ausgangsbasis erarbeitet, um als ›Bank für Unternehmer‹ unsere Marktposition in den kommenden Jahren weiter auszubauen.«

Vom nun vorgelegten Jahresergebnis 2011 her gesehen, kann der Verlust von 263 Mio. Euro nicht als positiver Übergang in das neue Geschäftsmodell gewertet werden. Ohne Umbaukosten und Aufwand für öffentliche Hilfen hätte man einen Gewinn vor Steuern von 914 Mio. Euro eingefahren, tönt das Bankmanagement. Gleichwohl, das operative Kerngeschäft hat wenig zum Ergebnis beigetragen. Alle Ertragsquellen wie Handels-, Provisions- und Zinsüberschuss sowie das Ergebnis aus Finanzanlagen waren gegenüber dem Vorjahr rückläufig.

Faktisch hat die Bank die zurückliegenden Monate überwiegend positiver Entwicklungen an den Wertpapierbörsen genutzt, vorhandenes Tafelsilber und Bestände an toxischen Papieren und Engagements zu veräußern. Wertpapierbestände sind neu bewertet und in Vorperioden gebildete Risikopositionen umgebucht worden, bis mit Hilfe hieraus generierter Deckungsbeiträge ein einigermaßen vorzeigbares Ergebnis präsentiert werden konnte.

Gut eine Mrd. Euro an Abschreibungen auf das Kreditgeschäft sowie Wertpapieranlagen in der internen »Bad Bank« verbuchte die HSH Nordbank als »Kompensationsposten« in ihrer Bilanz. Dadurch entstand in der Risikovorsorge ein Ertrag von knapp 390 Mio. Euro. Diesen Schritt wählte die Bank nach eigenen Angaben, um das Eigenkapital zu schonen. Das neue Geschäftsmodell hat den Praxistest also noch nicht bestanden und die Altbestände sind noch immer nicht völlig auf gearbeitet.

Zu Recht bleibt der Vorstand für das laufende Jahr 2012 zurückhaltend und geht davon aus, dass das Ergebnis weiterhin von den Umsetzungen der EU-Vorgaben und der Staatsschuldenkrise bestimmt wird. Dennoch erwartet die Bank für das laufende Jahr ein positives Ergebnis sowie schrittweise Verbesserungen in den folgenden Jahren. Nach dem vollständigen Abschluss des Umbaus im Jahr 2014 will die HSH Nordbank dauerhaft eine Eigenkapitalrendite vor Steuern von 10% erwirtschaften.

Die Freie und Hansestadt Hamburg muss in ihrer Rechnung weiterhin auf Dividenden verzichten und sowohl beim Hamburger Versorgungsfonds und der Vermögensverwaltung weitere Abschreibungen vornehmen. Allein aufgrund der Neubewertung der Aktien muss der Fonds, der die Anteile von Hamburg und Schleswig-Holstein an der Bank hält, 951 Mio. Euro abschreiben. Das bedeutet: Die drei Mrd. Euro, die die Länder 2009 in die Bank investiert hatten, um sie zu retten, sind nur noch gut zwei Mrd. Euro wert.

Hinzu kommt, dass in Hamburg auch die städtische Beteiligungsgesellschaft HGV und der Pensionsfonds für frühere städtische Bedienstete den Wert ihrer HSH-Aktien wohl um insgesamt etwa 180 Mio. Euro nach unten korrigieren müssen. Finanzielle Probleme dieser Gesellschaften fallen in der Regel direkt auf den Haushalt der Stadt zurück – also auf die Steuerzahler. Und nicht zuletzt: Im letzten Jahr musste die Landesbank wegen der Verluste erstmals die Ländergarantie mit ca. 300 Mio. Euro in Anspruch nehmen.

Bisher kann daher nicht davon die Rede sein, dass die Bank absehbar in trockene Tücher kommt. Der Finanzsenator kann sich gleichwohl freuen, weil er bisher zumeist nur »virtuellen« Buchverluste zu verarbeiten hat, und darauf setzen, dass der Transformationsprozess zu einer Bank für Unternehmer auch tatsächlich gelingt.

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