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ISBN 978-3-96488-121-2

15. Dezember 2019 Joachim Bischoff: Teileinigung im Handelskonflikt

Trump feiert einen »sehr großen Deal« mit China

Foto: dpa

Die USA und China haben sich auf ein erstes Teilabkommen zur Beilegung ihres Handelskonflikts geeinigt. Zwei Jahre hat der Handelskonflikt zwischen den USA und China gedauert und war ein Faktor für die konjunkturelle Unsicherheit der Globalökonomie.

360 Milliarden Dollar an Importgütern aus China wurden mit höheren Zöllen belegt. Nun verkündet der US-Präsident eine neue Phase. Mit harten Bandagen habe er den Chinesen einen »sehr großen« Phase-1-Deal abgerungen. Die vorgesehene Zollerhöhung für zusätzliche chinesische Waren ist damit vom Tisch.

Trump twitterte, die Chinesen hätten strukturellen Reformen und umfangreichen Käufen von US-Landwirtschaftsprodukten, -Energieträgern und -Industriegütern zugestimmt. (»We have agreed to a very large Phase One Deal with China. They have agreed to many structural changes and massive purchases of Agricultural Product, Energy, and Manufactured Goods, plus much more. The 25% Tariffs will remain as is, with 7 1/2% put on much of the remainder ... — Donald J. Trump (@realDonaldTrump) December 13, 2019«)

Die Bezeichnung Phase 1 deutet die Ankündigung von weiteren Vereinbarungen an. Das Büro des US-Handelsbeauftragten bezeichnete Abkommen als historisch, weil es »strukturelle und andere Anpassungen« im chinesischen Wirtschafts- und Handelsregime bringen werde, die den Schutz des geistigen Eigentums, den Technologietransfer, die Landwirtschaft, Finanzdienstleistungen und die Währungspolitik betreffen.

Das Abkommen enthalte zudem eine Zusage Chinas zu umfangreichen zusätzlichen Käufen von amerikanischen Gütern und Dienstleistungen in den kommenden Jahren. Das Abkommen umfasse auch ein Streitschlichtungssystem, das die Umsetzung des Abkommens sicherstellen soll. Ist also der lähmende Handelskonflikt USA China aus der Welt geschafft?

Am heutigen Sonntag wäre bei einer Fortführung des Konfliktes die Frist vor weiteren drohenden Zollerhöhungen abgelaufen. Die USA hatten zum 15. Dezember einen neuen Strafzoll von 15% auf chinesischen Waren mit einem jährlichen Handelswert von etwa 160 Mrd. $ angekündigt. Da diese neuen Zölle eine Reihe von populären Gütern wie Unterhaltungselektronik und Spielzeug und damit die amerikanischen Konsumenten direkt getroffen hätten, war stets unklar, ob Trump eine solche Zuspitzung riskieren würde. Die Verständigung auf eine Phase 1 erlaubt nun eine Deeskalation.

Die Auseinandersetzung zwischen den USA und China dauert nunmehr seit anderthalb Jahren an. Der durchschnittliche US-Zoll auf Importe aus China ist in dieser Zeit von 3,1 auf mehr als 20% gestiegen, Chinas Zoll auf Importe aus den USA von 8 auf mehr als 20%. Die Bedeutung des Termins war offenkundig: Wäre die Deeskalation nicht auf den Weg gebracht worden, wäre nach Berechnungen des Peterson Institute of International Economics der US-Zoll auf 23,8% angestiegen und jener Chinas auf 25,1%.

Von den neuen US-Zöllen wären erstmals praktisch alle Verbrauchsgüter betroffen gewesen, darunter Computer, Videospielkonsolen und iPhones, die in China gefertigt werden. Die Volksrepublik hatte ihrerseits damit gedroht, zusätzliche Abgaben auf Weizen-, Mais-, Flugzeug- und andere Importe aus den USA zu erheben, was vor allem für Teile der US-Agrarproduktion große Probleme verursacht hätte. Zwar halten viele Farmer ihrem Präsidenten nach wie vor die Treue, immer mehr von ihnen sind jedoch hoch verschuldet.

Stattdessen nun mit Phase 1 ein erstes Teilabkommen zur Überwindung des Konflikts. Wie beide Regierungen mitteilten, werden die USA im Zuge der Vereinbarung einen Teil ihrer bereits bestehenden Strafzölle auf chinesische Warenlieferungen halbieren. Im Gegenzug erklärte sich die Volksrepublik bereit, in »großem Stil« landwirtschaftliche Erzeugnisse, Industrieprodukte und Energieträger in den Vereinigten Staaten einzukaufen.

Die Teilvereinbarung, die allerdings vor einigen Wochen schon einmal als angeblich historischer Deal verkündet worden war, ist sowohl für US-Präsident Donald Trump als auch für seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping von Bedeutung. Beide Staatschefs wären ohne eine Deeskalation des Konflikts Gefahr gelaufen, dass sich die Konjunkturentwicklung in ihren Ländern allein deswegen weiter abgeschwächt hätte. Für Trump bot sich zudem die Gelegenheit, sich erneut als erfolgreicher Deal-Maker in Wirtschaftsfragen zu inszenieren: Erst Mitte der Woche war es ihm gelungen, die Demokraten im US-Repräsentantenhaus dazu zu bewegen, dem reformierten Handelsabkommen USMCA zwischen den USA, Mexiko und Kanada zuzustimmen.

Sowohl Trump als auch Xi fürchteten offenbar bis zuletzt, dass ihnen jeglicher Vertrag als Einknicken vor dem jeweils anderen ausgelegt werden könnte. Der US-Regierungschef hatte beispielsweise noch am Vortag einen Bericht des Wall Street Journal als »völlig falsch« zurückgewiesen, in dem es geheißen hatte, die USA seien im Zuge des Phase-1-Abkommens dazu bereit, die Zusatzzölle von derzeit 15-25% auf chinesische Warenlieferungen zu halbieren. Wenig später zeigte sich jedoch, dass die Informationen weitgehend korrekt waren. Zwar bleiben die 25%-Zölle vorerst erhalten, auf die meisten Produkte jedoch, die bisher mit einem Satz von 15% belegt waren, wollen die USA fortan nur noch 7 1/2% erheben. Xi hatte einen solchen Schritt von Trump verlangt, um nicht als einziger dazustehen, der Kompromisse macht.

Hat China strukturelle Zugeständnisse gemacht? Trump sprach nicht nur von einer wunderbaren Vereinbarung, sondern kündigte zugleich an, umgehend mit den Verhandlungen über einen Phase-2-Deal zu beginnen. Diese dürften noch weitaus kontroverser werden, denn diesmal soll es um den eigentlichen Kern der amerikanisch-chinesischen Auseinandersetzung gehen: den Versuch der chinesischen Führung, ihr Land mithilfe massiver staatlicher Subventionen sowie mit kapitalistischer Technologie und offensiver Weltmarktpolitik den Aufstieg zur führenden Wirtschaftsmacht des 21. Jahrhunderts zu befördern.

Xi hat bisher alle Forderungen abgelehnt, das Subventionsprogramm zum Ausbau künftiger Schlüsseltechnologien zu stoppen. Die staatlich geduldete Ausnutzung von Technologielösungen kapitalistischer Unternehmen ohne Lizenzen soll zwar unterbunden werden, bisher fehlten jedoch überzeugende Vorschläge, wie ein solcher Verzicht überwacht werden kann.

Und auch bei der Umsetzung der Phase 1 dürfte es noch Schwierigkeiten geben, denn manche Fachleute bezweifeln, ob China überhaupt in der Lage ist, US-Agrarprodukte in der von Trump gewünschten Menge abzunehmen. So war etwa die Nachfrage nach importierten Sojabohnen, die in der Volksrepublik zu Lebensmitteln, vor allem aber zu Viehfutter verarbeitet werden, zuletzt deutlich gesunken, nachdem die Schweinepest Millionen Tiere hinweggerafft hatte. Während in US-Regierungskreisen davon die Rede war, China werde allein im kommenden Jahr US-Agrarprodukte im Gesamtwert von 50 Milliarden Dollar kaufen, nannten Trump und der stellvertretende chinesische Wirtschaftsminister Wang Shouwen keine konkreten Zahlen. Mei Xinyu, ein regierungsnaher Handelsexperte in Peking, warnte die Amerikaner vor verfrühtem Triumphgeheul und dem Schüren überzogener Erwartungen. »Die US-Seite redet zu viel«, sagte er dem Wall Street Journal.

 

Details der Phase1-Vereinbarung

China habe sich verpflichtet, in den kommenden zwei Jahren amerikanische Güter und Dienstleistungen in einem Umfang zu kaufen, der 200 Mrd. $ über Chinas Importniveau dieser Güter und Dienstleistungen des Jahres 2017 liegt. In dem Jahr haben die USA Güter und Dienstleistungen im Wert von total 186 Mrd. $ nach China exportiert, 20 Mrd. $ davon allein an Landwirtschaftsgütern. Chinesische Käufe von Landwirtschaftsprodukten allein sollen auf mindestens 40 Mrd. $ pro Jahr steigen. Auch nach 2021 soll sich diese Entwicklung fortsetzen und zu ausgeglicheneren Handelsbeziehungen führen.

Profitieren von dem Exportboom sollen eine Reihe verarbeiteter Güter, Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte, Meeresfrüchte, Energieträger und Dienstleistungen. Das Abkommen werde spezifische Ziele für einzelne Produkte festlegen, die aber nicht öffentlich gemacht werden, um die Rohstoffmärkte nicht durcheinanderzubringen.

China verpflichtet sich zudem, eine Vielzahl nichttarifärer Handelsbarrieren in den Bereichen Fleisch, Geflügel, Meeresfrüchte, Reis, Milchprodukte, Säuglingsnahrung, Gartenbauprodukte, Tierfutter, Haustiernahrung und biotechnologischer Landwirtschaftsprodukte abzubauen.

Im Kapitel zum geistigen Eigentum behandelt das Abkommen den Umgang mit Geschäftsgeheimnissen, den Schutz von Pharmaerzeugnissen, geografische Ursprungsregeln, den Markenschutz und das Vorgehen gegen Fälschungen und Raubkopien.

Im Kapitel Technologietransfer gibt es rechtlich bindende Pflichten zur Beseitigung von unfairen Praktiken. China habe zum ersten Mal in einem Handelsabkommen zugesagt, den Transfer von Technologien von ausländischen Firmen an chinesische Unternehmen nicht mehr zur Bedingung für den Zugang zum chinesischen Markt zu machen. China habe sich zu Transparenz und Fairness in administrativen Verfahren sowie zur Respektierung von Marktbedingungen bei Technologietransfers und Lizenzierungen verpflichtet. Darüber hinaus werde China darauf verzichten, Investitionen im Ausland mit dem Ziel der Aneignung von ausländischen Technologien voranzutreiben.

Im Kapitel Finanzdienstleistungen werden Barrieren für Bank-, Versicherungs-, Wertpapier- und Rating-Dienstleistungen abgebaut, beispielsweise Begrenzungen für Beteiligungen und andere diskriminierende regulatorische Bestimmungen. Der Abbau solcher Barrieren soll vergleichbare Wettbewerbsbedingungen schaffen für US-Finanzdienstleister und einen Ausbau der US-Exporte von Finanzdienstleistungen nach China ermöglichen.

Das Kapitel Währungspolitik schreibt neue Transparenzpflichten für China vor. Das Land verpflichtet sich, auf kompetitive Abwertungen und Wechselkurspflege zu verzichten. Die Bestimmungen sollen vermeiden, dass China eine Währungspolitik zuungunsten von amerikanischen Exporteuren betreibt.

Im Bereich der Streitschlichtung gibt es Arrangements zur Durchsetzung des Abkommens und Mechanismen zur raschen und fairen Lösung von Streitfällen. Das Abkommen sieht regelmäßige bilaterale Konsultationen auf Ministerebene und auf Expertenebene vor.

Die chinesische Bewertung ist eher unbestimmt: Man habe sich auf der Basis von gegenseitigem Respekt und Ebenbürtigkeit auf das Abkommen verständigt, heißt es in Peking. Die Volksrepublik hält sich bedeckt bei der Frage, in welchem Umfang man amerikanische Produkte und Dienstleistungen erwerben wolle. Unterstrichen wurde, dass für die Käufe Marktprinzipien entscheidend sein müssten. Teileinigung heißt zugleich, dass weitere Teil noch offen sind.


Warum verhängte Trump überhaupt Zölle?

Die USA und China liegen schon lange im Konflikt. Grund ist die unausgeglichene Entwicklung der Handelsflüsse. Die USA haben China auch immer wieder wegen unfairen Verhaltens kritisiert. Mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten änderten sich Tonlage und Gangart dramatisch. Trumps Handelsbeauftragter, Robert Lighthizer, lancierte im August 2017 eine sogenannte »301«-Untersuchung über Chinas unfaire Handelspraktiken und ließ damit den handelspolitischen Konflikt eskalieren. Im März 2018 prangerte die amerikanische Regierung Chinas Diskriminierung von amerikanischen Firmen, den Zwang zum Technologietransfer und den systematischen Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen an. Um China zum Einlenken zu bringen, begann die Trump-Regierung mit der Einführung von Strafzöllen. Dies provozierte Gegenreaktionen Chinas. Der Handelskrieg eskalierte Zug um Zug.

 

Der Handelsstreit zwischen den USA und China verschärfte sich in mehreren Stufen seit Juli 2018. Die Amerikaner erheben derzeit Strafzölle für Waren aus China im Wert von 375 Mrd. $. China hat auf Einfuhren aus den USA Strafzölle im Wert von 110 Mrd. $ verhängt.

Nach den USA hat auch China die angedrohte Zollrunde gestoppt. Die für geplanten Zölle auf einige US-Güter würden ausgesetzt, teilte das chinesische Finanzministerium am heutigen Sonntag mit. China hoffe, gleichberechtigt und in gegenseitigem Respekt mit den USA zusammenzuarbeiten, um die Bedenken beider Seiten auszuräumen, hieß es in der Mitteilung, die über Online-Seiten der Behörden sowie in staatlichen Medien veröffentlicht wurde. Man wolle die Handelsbeziehungen der beiden Länder festigen. Die USA hatten bereits am Samstag erklärt, die neue Zollrunde auf unbestimmte Zeit auszusetzen.

 

Die US-Regierung rechnet mit einer Unterzeichnung des partiellen Handelsabkommens (Phase-1-Abkommen) in der ersten Januarwoche des neuen Jahres. Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow erklärte, das Abkommen solle jedoch nicht von US-Präsident Donald Trump und seinem chinesischen Kollegen Xi Jinping unterzeichnet werden, sondern von Trumps Handelsbeauftragtem Robert Lighthizer und Xis Vize Liu He. Ob die Einigung auch für Phase 2 realistisch ist, bleibt abzuwarten.

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