Trumps Triumph?
Dienstag, 21. Januar 2025 | Berlin | 19:00 Uhr | RLS, Straße der Pariser Kommune 8A (auch Online)
Ingar Solty wird im Gespräch mit der Professorin für Politikwissenschaft Margit Mayer die Thesen seiner Anfang Februar erscheinenden Flugschrift zu den Folgen der US-Präsidentschaftswahlen vorstellen.

Rudolf Hickel
Schuldenbremse
oder »goldene Regel«?

Verantwortungsvolle Finanzpolitik für die sozial-ökologische Zeitenwende | Eine Flugschrift
96 Seiten | € 12.00
ISBN 978-3-96488-226-4

Christoph Scherrer/
Ismail D. Karatepe (Hrsg.)
Arbeit in der Lieferkette
Miserable Arbeitsbedingungen auf See und in den Häfen
192 Seiten | € 18.80
ISBN 978-3-96488-220-2

Peter Renneberg
Handbuch Tarifpolitik und Arbeitskampf
5., aktualisierte Ausgabe
232 Seiten | € 19.80
ISBN 978-3-96488-224-0

Hans-Jürgen Urban (Hrsg.)
Gute Arbeit gegen Rechts
Arbeitspolitik: Theorie, Praxis, Strategie – Ausgabe 2024
136 Seiten | EUR 10.00
ISBN 978-3-96488-225-7

Torsten Teichert
Die Entzauberung
eines Kanzlers

Über das Scheitern der Berliner Politik | Eine Flugschrift
108 Seiten | EUR 12.00
ISBN 978-3-96488-216-5

7. Januar 2025 Klaus Bullan: Ein Blitzbesuch bei Gesinnungsgenossen

Trump trifft Meloni in Mar al Lago

Ein überraschendes Treffen zwischen dem designierten neuen Präsidenten der USA und der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Trumps Privatanwesen in Florida am Wochenende hat in den Medien Aufsehen erregt.

Ohne Kenntnis ihrer Regierung und ohne Vorab-Medieninformationen war Meloni am Wochenende für einen fünfstündigen Besuch zu Donald Trump geflogen und noch in der gleichen Nacht zurück nach Rom. Elon Musk hatte offenbar das Treffen, bei dem er selbst nicht anwesend war, initiiert und auf X bekannt gemacht.

Nach Javier Milei, dem rechtsextremen Präsidenten Argentiniens, und Viktor Orban war Meloni die dritte Regierungschefin aus dem radikalen rechten Lager, die bei Trump seit seiner gewonnenen Wahl zu Besuch war.

Die Bedeutung des Treffens wurde durch die Anwesenheit des designierten Außenministers der USA, Marko Rubio, dem zukünftigen Finanzminister Scott Bennett und dem sicherheitspolitischen Berater Trumps, Mike Walz, deutlich. Dass über sicherheitspolitische Fragen, den Krieg in der Ukraine, die Konflikte im Nahen Osten, die europäischen Anteile an der Finanzierung der Nato und das zukünftige Verhältnis zwischen den USA und Europa gesprochen wurde, gilt als sicher – es gab aber keine offiziellen Erklärungen zum Besuch.

Trump, der Meloni nach seinem Wahlsieg schon bei der Wiedereröffnung von Notre Dame in Paris getroffen hatte, lobte Meloni als »phantastische Frau«, die Europa und alle anderen im Sturm erobert habe. Es besteht kein Zweifel darüber, dass Meloni die Trump am nächsten stehende Ansprechpartnerin von Bedeutung in der EU sein wird.

Ihre enge ideologische Nähe zueinander, die auch Trumps neuen »Buddy« Musk einschließt, könnte Frau Meloni noch in schwierige Fahrwasser bringen, wenn sie ihren als pragmatisch bezeichneten Kurs in Bezug auf die Europäische Union beibehalten will, denn es wird mit großer Wahrscheinlichkeit in Fragen von Freihandel und Zöllen zwischen den USA und der EU nach Trumps Regierungsantritt am 20. Januar zu schwerwiegenden Konflikten kommen.

Meloni ist gut mit Musk befreundet und hat in der jüngsten Auseinandersetzung um seine Einmischung in die Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland mit seiner Parteinahme für die AfD und Beleidigungen gegen Scholz und Steinmeier, aber auch für seine »Ratschläge« an die Regierung in Großbritannien, klar auf Seiten von Musk Stellung bezogen.

Die Bedeutung, die dieser Allianz in seinen Augen zukommt, hat Musk über einen seiner Vertreter in Italien in einer Fotobearbeitung auf dessen X-Account deutlich machen lassen, in der Trump, Meloni und Musk in goldenen Gewändern aus dem alten Rom auftreten, Trump mit Lorbeerkranz.

Geschäfte sind dabei sicherlich auch im Spiel. Es werden milliardenschwere Verträge zur Telekommunikation über Satelliten von Space X verhandelt, die auch sicherheitsrelevante Informationen Italiens betreffen werden. Gespräche zwischen Musk und Meloni darüber sind bereits Gegenstand parlamentarischer Anfragen im italienischen Abgeordnetenhaus.

Die radikale Denunziation aller linken, sozialistischen oder kommunistischen Tendenzen in der Gesellschaft und der Kampf dagegen, zu denen bei Trump bekanntlich auch z.B. Joe Biden gehört, eint Meloni, Milei, Trump und Musk.

Darüber hinaus sind diese vier (und viele weitere) auch bereit, demokratische Prinzipien in Frage zu stellen, wenn sie den Ausbau ihrer Macht dadurch bedroht sehen. Melonis Versuch, in Italien ein Präsidialsystem einzuführen, in dem z.B. die stärkste Partei automatisch 60% der Mandate erhält, bedroht die italienische Demokratie ebenso wie Trumps Kampf gegen alle Institutionen und Politiker*innen, die sich ihm in den Weg stellen. Musk assistiert über die Medien.

So ist es keineswegs nur eine weitere Skurrilität des Kurzbesuchs von Meloni, dass in der knappen Zeit zusammen ein Dokumentarfilm geguckt wurde: »The Eastman Dilemma«, in dem in Auseinandersetzung um die US-Wahlen von 2020 behauptet wird, dass sich in den USA ein System der Justiz etabliert hat, in dem mit zweierlei Maß geurteilt wird, um diejenigen mit konservativen Meinungen zu benachteiligen. Angriffe auf die unabhängige Justiz finden auch in Italien immer häufiger statt, sei es das Urteil über die Flüchtlingslager in Albanien oder die Anklage gegen Paolo Salvini, dem als Innenminister Rechtsbruch bei der Abweisung von Flüchtlingsbooten vorgeworfen wurde. Stets warten die Regierenden dann nicht auf das unabhängige Urteil, sondern greifen das Justizsystem an.

Der Anlass für den Blitzbesuch Melonis bei Trump war eine außenpolitische Affäre: Der Iran hat eine italienische Journalistin verhaftet, der Verstöße gegen Pressegesetze des Iran vorgeworfen werden. Offenbar soll sie ausgetauscht werden gegen einen iranischen Ingenieur, der in Italien verhaftet wurde unter dem Verdacht, am illegalen Export von Drohnen beteiligt gewesen zu sein. Pikant ist an der Angelegenheit, dass die USA ein Auslieferungsersuchen an Italien gestellt hat, die italienische Öffentlichkeit aber die Journalistin aus iranischer Haft befreit sehen will.

Die Regierung Meloni will offenbar ihre guten Beziehungen zur Trump-Administration nicht gefährden durch eine einseitige Ablehnung der Auslieferung des Iraners an die USA. Deshalb war Meloni jetzt in Trumps privatem Anwesen. Die Bereitschaft Trumps, auf die Auslieferung zu verzichten, könnte einen Preis erfordern, man wird sehen.

Die italienische Regierungschefin ist derzeit die agilste und umtriebigste europäische Politikerin. Während sie im Inland immer noch auf einen Aufbruch oder Neustart in der ökonomischen Belebung wartet, versteht sie es ausgezeichnet, sich auf internationaler Ebene im Spiel zu halten. Auch die für jedwede rechte oder rechtspopulistische Regierung kritische Migrationsproblematik hat Meloni nach etlichen juristischen Hindernissen offenkundig im Griff. Die Tatsache, dass ihre Regierung fest im Sattel sitzt, hilft ihr dabei enorm. Innerhalb der EU kommt derzeit niemand an ihr vorbei. Bedingung für Melonis Erfolgssträhne sind die vielfältigen politischen Krisen in den Nachbarländern.

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