8. Oktober 2025 Redaktion Sozialismus.de: Trump kündigt Entlassungen an
US-Shutdown geht weiter
Der teilweise Stillstand der Regierungsgeschäfte in den USA dauert an. Republikaner und Demokraten beharren auf ihren Standpunkten, keine der beiden Parteien zeigte Anzeichen eines Einlenkens. Präsident Donald Trump hat als Konsequenz erste Entlassungen von Regierungsbeamten angekündigt.
Die endgültige Entlassung von Bundesbeamten laufe gerade, sagte Trump im Weißen Haus. »Das ist alles wegen der Demokraten. Die Demokraten verursachen den Verlust vieler Arbeitsplätze«, fügte er mit Blick auf die Opposition im Kongress hinzu. Danach wechselte der US-Präsident abrupt das Thema, ohne sich zu den Details der Entlassungen zu äußern.
Seit dem 1. Oktober dauert der Shutdown in den USA nun schon an, ein Ende ist noch nicht in Sicht. Von der Haushaltssperre und dem damit verbundenen Zwangsurlaub sind schätzungsweise rund 750.000 Bundesbedienstete betroffen, vor allem in der Bundesverwaltung, aber auch beim Flugverkehr sowie bei öffentlichen Einrichtungen wie Nationalparks und staatlichen Museen. Voll im Einsatz bleiben aber die Beschäftigten bei Polizei, Grenzschutz, Krankenhäusern oder der Flugsicherung.
Für die vom Shutdown betroffenen Mitarbeiter*innen gibt es gravierende Folgen. Zwar existiert seit dem letzten Shutdown von 2018/2019 ein Gesetz, das allen betroffenen Bundesangestellten eine Nachzahlung ihres Gehalts garantiert, sobald der neue Haushalt steht. Doch ob das diesmal bei allen Betroffenen angewendet werden kann, ist fraglich.
Trump hat bereits mehrere Bundesbehörden angewiesen, mögliche dauerhafte Entlassungen zu prüfen. Er sprach von »unumkehrbaren« Entscheidungen, womit nach Ansicht von Beobachtern die endgültige Entlassung von angeblich illoyalen Beamten und Angestellten gemeint sei. Auch bei Subunternehmern, die für die Regierung arbeiten, ist eine Nachzahlung nicht garantiert. Hinzu kommt: Viele Amerikaner haben keine großen Rücklagen, eine Lücke im Gehalt könnte sie empfindlich treffen, selbst wenn das Gehalt dann später kommt.
In der US-Politik spricht man von einem Shutdown, wenn sich Senat, Repräsentantenhaus und Präsident nicht auf die Freigabe neuer Haushaltsmittel einigen können. Wird kein Haushalt oder zumindest ein Übergangsetat verabschiedet, darf die Regierung keine neuen Ausgaben mehr tätigen, große Teile der staatlichen Verwaltung legen ihre Arbeit vorübergehend nieder. Die rechtliche Grundlage hierfür liefert der »Antideficiency Act«. Er verbietet dem Bund Ausgaben ohne vorherige Zustimmung des Gesetzgebers. Das Gesetz wurde erstmals 1884 erlassen.
Bis zuletzt wurde diesmal gehofft, das der Kongress werde sich auf eine Finanzierung einigen. Weil das nicht geschah, setzte am1. Oktober der Shutdown ein. Für die regierenden Republikaner und die oppositionellen Demokraten ist jeweils die andere Partei schuld daran.
Wie häufig sind Shutdowns? Es gab schon zahlreiche Shutdowns in der Geschichte der USA, seit 1976 sind es mit dem jetzigen insgesamt 21. Die bisher längste Haushaltssperre dauerte von Dezember 2018 bis Januar 2019 ganze 35 Tage – übrigens ebenfalls unter der Präsidentschaft von Trump. Der Kongress hatte sich damals geweigert, elf Milliarden US-Dollar für den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko bereitzustellen. Schließlich einigte man sich auf einen Haushalt, der genau diese Gelder ausklammerte.
Die zweitlängste Phase dauerte 21 Tage (1995 in der Amtszeit von Präsident Bill Clinton), die drittlängste 17 Tage (2013 in der Amtszeit von Präsident Barack Obama) – die meisten Shutdowns waren also bisher relativ kurz, da es meist zu einer schnellen Einigung kam – zumindest für den Übergang. Daher gab es auch einige Phasen, in denen es immer wieder zu kurzen Shutdowns kam, z.B. fünfmal in der Amtszeit von Jimmy Carter und siebenmal in der Amtszeit von Ronald Reagan.
Der aktuelle Shutdown betrifft erneut staatliche Behörden und Ämter in den ganzen USA. Angestellte in der Verwaltung und Administration müssen entweder ohne Lohn weiterarbeiten oder werden in unbezahlten Urlaub geschickt. Trump kann diesen Auswirkungen positive Seiten abgewinnen: »Gut. Wir gewinnen und wir sparen Kosten im großen Stil ein«, äußerte er gegenüber der Presse.
Während die Abgeordneten im Senat und Repräsentantenhaus weiter um die Freigabe finanzieller Mittel streiten, nutzt Trump die Lage offenbar für politische Vergeltung. Das geht aus einem Bericht des TV-Senders CNN hervor. Der Präsident und seine Regierung sollen demnach notwendige Kürzungen vor allem in demokratisch regierten Städten veranlassen.
In New York sind demnach Bundesmittel für Infrastrukturprojekte in Höhe von 18 Milliarden Dollar zurückgehalten worden, wie Russell Vought, in der Trump-Regierung als Direktor für das Amt für Verwaltung und Haushaltswesen zuständig, gegenüber CNN bestätigte. Betroffen sind der Bau eines Eisenbahntunnels zwischen New York und New Jersey sowie der Ausbau einer U-Bahn-Linie in Manhattan.
In Chicago liegen 2,1 Milliarden Dollar für U-Bahn-Erweiterungen auf Eis. Sowohl Bürgermeister Brandon Johnson als auch J.B. Pritzker, Gouverneur des Bundesstaates Illinois – beides Demokraten –, sind Trump bereits seit langem ein Dorn im Auge. Statt Geld will er Soldaten der Nationalgarde nach Chicago zu schicken, was sowohl die Regierung des Bundesstaates als auch der Stadt abgelehnt hatten.
Folgen des Shutdown und Zinssenkungsfantasien
Die Folgen des Shutdowns werden für beide politischen Parteien spürbar. Eine aktuelle CBS News/YouGov-Umfrage zeigt: 39% der Amerikaner*innen geben Trump und den Republikanern die Hauptschuld, 30% den Demokraten im US-Kongress. 52% missbilligen Trumps Umgang mit der Krise, während 32% zustimmen.
Neben dem politischen Machtkampf hat der Shutdown inhaltliche Aspekte. Der größte ist der Streit über die Erweiterung der staatlichen Subventionen für die allgemeine Gesundheitsversorgung, besser bekannt als Obamacare. Die Demokraten fordern die Aufnahme der Mittel in den Übergangshaushalt. Die Republikaner lehnen dies ab und wollen das Thema auf das Jahresende verschieben. Ohne Verlängerung könnten Krankenversicherungsprämien um durchschnittlich 75% steigen.
Außerdem setzen sich die Demokraten dafür ein, Kürzungen bei der Gesundheitsversorgung ärmerer Bevölkerungsgruppen (»Medicare«), die Bestandteil Donald Trumps Gesetzespaket »Big beautiful Bill« sind, rückgängig zu machen. Die Republikaner lehnen dies strikt ab und behaupteten, damit seien auch Gelder für die Gesundheitsversorgung von Menschen ohne gültige Papiere geplant.
Für die Demokraten ist der Shutdown ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist die Verabschiedung des Haushalts eine der wenigen Möglichkeiten, den politischen Alleingängen des US-Präsidenten etwas entgegenzusetzen. Andererseits ist er für Trump ein willkommenes Machtinstrument, um den Staatsapparat weiter zu verkleinern.0
Die Finanzmärkte blieben trotz dieses ersten Shutdowns nach sieben Jahren entspannt. Sowohl Aktien als auch Anleihen verzeichneten Kursgewinne, –verständlich, denn frühere Shutdowns blieben weitgehend ohne negative Effekte. Allerdings gibt es zwei Unterschiede: Erstens haben die Märkte entweder im Vorfeld (wenn sie den Shutdown als unvermeidlich angesehen haben) oder bei seinem Beginn (wenn er wider Erwarten doch nicht abgewendet werden konnte) zumindest »gezuckt«, was diesmal nicht der Fall war.
Und zweitens scheint Trump, anders als alle seine Vorgänger, die vor dem gleichen Problem standen, nicht gewillt, bei einem Kompromiss zumindest mitzuwirken. In seine Amtszeit fällt schon der längste Shutdown der US-Geschichte, der zum Jahreswechsel 2018/19 immerhin fünf Wochen dauerte. In einem Kommentar ist zu lesen, dass die Märkte bislang eine Dauer von zwei Wochen eingepreist hätten. Woher auch immer diese Zahl kommt – wenn sie stimmt, sind entweder die Märkte sehr blauäugig oder die Demokraten werden, entgegen ihren bisherigen Aussagen, doch sehr schnell nachgeben.
Der S&P 500-Index legte im September den fünften Monat in Folge zu und setzte damit seine eindrucksvolle Rally seit dem April-Tief fort. Am 1. Oktober, dem Beginn des Shutdowns, stieg er weiter und überwand erstmals die Marke von 6.700 Punkten, über der er sich inzwischen festgesetzt hat. Die Märkte blieben völlig unbeeindruckt davon, dass infolge des Shutdowns auch keine offiziellen Konjunkturzahlen mehr veröffentlicht werden.
So fiel z.B. der monatliche Arbeitsmarktbericht für September aus, der am Freitag fällig gewesen ist. Auch Inflationszahlen gibt es nun nicht, was nicht nur die Märkte, sondern auch die amerikanische Notenbank Fed in den Blindflug schickt. Alle sind vorerst auf Schätzungen oder indirekte Daten angewiesen. Wenn es nach den Märkten geht, dann folgt ein weiterer Zinsschritt. Diese Zinssenkungserwartung könnte auch der Grund für die Stärke der Aktienmärkte sein.
Es gab keine Einigung im Kongress. Weder im Repräsentantenhaus noch im Senat konnten sich Republikaner (die in beiden Kammern eine knappe Mehrheit haben) und Demokraten auf den Gesetzesvorschlag der Regierung einigen. Ein Überganggesetz wurde zwar im Repräsentantenhaus verabschiedet, kam jedoch im Senat nicht durch. Die dortige republikanische Mehrheit von 53 zu 47 Stimmen reichte nicht für die nötige Mehrheit von 60 Stimmen, und die Demokraten lehnten das Gesetz geschlossen ab.
Pleite sind die USA durch den Shutdown nicht, auch wenn das mitunter so dargestellt wird. Es sind dennoch ausreichend Gelder für staatliche Aktivitäten vorhanden. Jede Rechnung kann bezahlt werden. Aber die rechtliche Grundlage für manche staatliche Aktivität fehlt.
Im Gegensatz dazu ist es bei den Verhandlungen über die Schuldenobergrenze (dept ceiling) genau umgekehrt: Die rechtliche Grundlage für staatliche Aktivität ist in der Regel vorhanden (sofern ein Budget vorliegt und nicht beide Probleme zugleich auftreten). Die staatlichen Stellen können ganz normal weiterarbeiten. Aber die Angestellten und andere von staatlichen Zahlungen abhängigen Personen und Unternehmen) bekommen kein (oder weniger) Geld, weil die Ausgabengrenze erreicht wurde – das Erreichen der Schuldenobergrenze gleicht eher einem zeitlich befristeten Staatsbankrott.
Was wird eingestellt, was fortgesetzt und wie lange dauert das?
Der Shutdown betrifft »nur« Programme, deren Finanzierung jährlich vom US-Kongress beschlossen werden muss, sogenannte diskretionäre Ausgaben. Die größte davon ist der Verteidigungshaushalt, der etwa die Hälfte dieser Ausgaben ausmacht. Andere Programme wie Medicaid, Medicare (die bundesstaatliche Krankenversicherung für über 65-Jährige oder Menschen mit Behinderung) und die Sozialversicherung sind anderweitig gesetzlich vorgeschriebene Ausgaben und damit nicht betroffen. Gleiches gilt für die Diäten der Mitglieder des Kongresses, die weiterhin bezahlt werden.
Auch Dienste, die als unverzichtbar eingestuft sind, laufen weiter, selbst wenn die Beschäftigten in vielen Fällen kein Gehalt erhalten. Das gilt insbesondere für Sicherheitsleistungen (Militär, Grenzschutz, Strafverfolgung, Zoll), aber auch für medizinisches Personal in Krankenhäusern sowie Fluglotsen. Verzögerungen sind aber möglich, z.B. bei der Ein- und Ausreise sowie der Zollabfertigung, weil das Personal in der Regel auch in diesen Bereichen reduziert wird. Alle anderen Einrichtungen (z.B. Nationalparks, Museen, fast alle anderen Behörden) werden geschlossen.
Wie lange wird die derzeitige Haushaltssperre dauern wird, ist völlig offen, eine Obergrenze gibt es nicht. Die Dauer hängt nur davon ab, wann sich die Parlamentarier einigen und der US-Präsident dieser bzw. einer Einigung zustimmt. Selbst eine Einigung ist kein Garant für ein Ende, denn vorerst ist Trump offenbar nicht bereit, den Demokraten wesentliche Zugeständnisse zu machen. Diese glauben, dass ihre Bemühungen um die Beibehaltung der aktuellen (günstigen) Gesundheitsversorgung populär sind und scheinen zu einem größeren Kampf bereit zu sein – auch weil sich ihre Parlamentsführer den Zorn einiger einflussreicher Parteimitglieder sowie eines Großteils ihrer Basis auf sich gezogen haben, weil sie während der letzten Haushaltsdebatte im März der Regierung nachgegeben haben.
Folgen für die Wirtschaft
Wie sich die Haushaltssperre auf die Wirtschaft auswirken könnte, darüber streiten sich die Ökonomen. Selbst der bisher längste Government-Shutdown 2018/19 in Trumps erster Amtszeit soll die USA nur 0,05 % an Wirtschaftswachstum gekostet haben, wie die überparteiliche Parlamentsbehörde Congressional Budget Office später ausrechnete.
Andere Quellen kamen zu anderen Ergebnissen, und insbesondere im Vorfeld bzw. zu Beginn werden gern hohe Zahlen genannt, um möglichst hohe Aufmerksamkeit zu erregen. Die meisten Analysten beziffern die Einbußen für das Wirtschaftswachstum für jede Woche, die der Shutdown dauert, auf 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte. Ein Großteil davon wird aber wieder aufgeholt (die Gehälter werden ja nachgezahlt). Und so gab es zumindest nach früheren Haushaltssperren allenfalls eine kurze Wachstumsdelle.
Selbst die nachträglichen Berechnungen sind daher sehr schwierig und ungenau, da man Ursache, Wirkung und Nachholeffekte kaum vernünftig voneinander trennen kann. Beim Blick auf den jüngsten und längsten Shutdown sieht es – gemessen am Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wie folgt aus:
Quelle: US. Bureau of Economic Analysis
Wenn die US-Wirtschaft in den beiden betroffenen Quartalen (gelb markiert) tatsächlich wöchentlich 0,2 Prozentpunkte Wachstum pro Woche verloren hat (also insgesamt genau 1 Prozentpunkt), dann hätten die Ergebnisse im 4. Quartal 2018 +0,9% und im 1. Quartal 2019 +3,2% gelautet. Das 4. Quartal 2018 war zwar auffallend schwach, gleichwohl wurde das starke Wachstum in dieser Phase nicht beeinträchtig. Ob das in konjunkturell schwächeren Phasen anders wäre, bleibt (mangels signifikanter Daten) Spekulation.
Da jedoch aktuell die US-Wirtschaft ebenfalls noch sehr stark ist, sollten die Effekte auch diesmal begrenzt bleiben. Das hängt von der Dauer sowie gegebenenfalls von weiteren Maßnahmen ab, die getroffen werden. Diese relativ geringen Auswirkungen könnten der Grund dafür sein, dass der Aktienmarkt Shutdowns sowohl im Vorfeld als auch nach Beginn bislang gelassen hinnimmt.
Findet sich in den kommenden Tagen keine Lösung, müssen auch Militärangehörige am 15. Oktober auf ihren Lohn verzichten. Die Gewerkschaften der Bundesangestellten rufen den Kongress dazu auf, den Shutdown umgehend zu beenden. Den Preis dafür würden amerikanische Familien zahlen, schreibt die Gewerkschaft AFGE in einer Mitteilung. Der Kongress solle damit aufhören, die Bundesangestellten in »Geiselhaft« zu halten.
Gegen die Ankündigung von Trump und Budgetchef Russ Vought, den Shutdown für Massenentlassungen zu nutzen, haben die Gewerkschaften Klage eingereicht. Sie argumentieren, kein Gesetz erlaube der Regierung, so zu handeln. Eine Lösung ist in der zweiten Shutdown-Woche nicht in Sicht. Die Republikaner haben sich zwar bereit gezeigt, über eine Verlängerung der Krankenkassensubventionen zu diskutieren. Aber nur, wenn die Demokraten einer Übergangsfinanzierung zustimmen, in der diese Verlängerung nicht enthalten ist.
Die Demokraten wiederum wollen einer Finanzierung nur dann zustimmen, wenn die Verlängerung der Subventionen darin enthalten ist. Am Montag hat der Senat erneut beide Vorschläge abgelehnt. Anders als während früheren Shutdowns gibt es im Capitol keine nächtlichen Sitzungen. Bislang glauben beide Parteien, sie hätten den längeren Atem – oder hoffen, dass die andere Partei die Nerven verliert.













