26. Oktober 2024 Redaktion Sozialismus.de: Aktuelle IWF-Prognosen, auch für Deutschland
USA bleiben Kraftzentrum des globalen Wachstums
Die US-Wirtschaft ist weiterhin das Zentrum für das globale Wachstum dieses Jahres und wird diese Rolle auch 2025 übernehmen. Für die Weltwirtschaft insgesamt sind die Aussichten des IWF bescheiden. Die Globalökonomie soll sowohl im laufenden als auch im kommenden Jahr um 3,2% wachsen. Für die Eurozone senkte die internationale Finanzinstitution ihre Erwartungen für das laufende Jahr leicht ab. Für 2025 geht sie jetzt von einem Wachstum um 1,2% aus.
Angesichts der Kriege im Nahen Osten und der Ukraine, des Kampfes gegen die Inflation und den wachsenden protektionistischen Tendenzen sieht die Lage der Weltwirtschaft auf den ersten Blick miserabel aus. Doch die Ökonom*innen des Internationalen Währungsfonds (IWF) belehren die Leser*innen ihres jüngsten »World Economic Outlook« eines Besseren: Es scheint, als hätte die Weltwirtschaft vorerst das Jammertal durchschritten.
Der IWF blickt optimistisch in die Zukunft, allerdings ordnet seine Chefin Kristalina Georgiewa die globale Ökonomie doch in eine Krisen-Tendenz ein: »Wir gehen davon aus, dass die Weltwirtschaft um 3,2% wachsen und sich in fünf Jahren auf 3,1 jährlich verlangsamt. Das ist der niedrigste mittelfristige Ausblick seit Jahrzehnten. Und der Handel ist kein kräftiger Wachstumsmotor mehr. Wir leben in einer fragmentierteren Weltwirtschaft. Unterdessen ist die Staatsverschuldung auf dem besten Weg, in diesem Jahr 100 Billionen US-Dollar zu übertreffen, ein Allzeithoch, ein Äquivalent von 93% des globalen BIP.«
Wachstumstreiber für die Weltwirtschaft sind derweil weiterhin Indien, China und die USA. Die Aussichten für die USA sind kurz vor der Präsidentenwahl Anfang November besser als bisher erwartet, getragen vom Konsum nach den jüngsten Reallohnsteigerungen. Die Eurozone wird dagegen schlechter eingeschätzt, was vor allem, aber nicht nur an Deutschland liegt.
Größtes Problem für die Weltwirtschaft war zuletzt die hohe Inflation. Hier zeichnet sich eine spürbare Entspannung ab, allerdings nicht überall. »Es sieht so aus, als wäre der globale Kampf gegen die Inflation weitgehend gewonnen«, sagte IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas. Der Höhepunkt sei im dritten Quartal 2022 mit 9,4% erreicht worden. Die energische Bekämpfung der Inflationswelle zeige deutliche Ergebnisse.
In seinem neuesten Weltwirtschaftsausblick hob der IWF seine Prognosen für das Wirtschaftswachstum 2024 und 2025 für die USA an. Die Vereinigten Staaten seien einzige entwickelte Wirtschaft, die ihre Aussichten für beide Jahre in einer Aufwärtsbewegung halten konnte. Hervorgehoben werden als politische Leistung von US-Regierung und Notenbank Fed, dass eine »weiche Landung« der Akkumulation gesichert werden und damit die Inflation ohne großen Schaden für den Arbeitsmarkt in einen Disinflation übergeleitet werden konnte.»Heute berichtete der IWF, dass die Vereinigten Staaten die hochentwickelten Volkswirtschaften das zweite Jahr in Folge mit Wachstum führen«, sagte Lael Brainard, die Direktorin des Nationalen Wirtschaftsrats des Weißen Hauses, in einer Erklärung.
»Die Nachrichten über die USA sind sehr gut«, sagte Chef-Ökonom Gourinchas auf einer Pressekonferenz. Das gilt vor allem für den Beschäftigungssektor, der durch eine beispiellos geringe Arbeitslosigkeit überzeugt und die Abkühlung des hohen Akkumulationstempo gut überstanden hat. »Ich denke, dass die Risiken einer Rezession in den USA in Ermangelung eines sehr scharfen Schocks deutlich verringert sind«, sagte er.
Der IWF revidierte seine US-Wachstumsprognose für 2024 um zwei Zehntel Prozentpunkte auf 2,8%, was hauptsächlich auf einen stärker als erwarteten Konsum zurückzuführen ist, der durch steigende Löhne und Vermögenspreise ausgelöst wurde. Und er hat auch seinen Ausblick für 2025 in den USA um drei Zehntel Prozentpunkte auf 2,2% erhöht und damit eine Rückkehr zum Trendwachstum leicht verzögert. Die Befürchtungen, dass der Zykluswechsel durch eine Rezession markiert werden würde, haben sich nicht bewahrheitet. Es sieht so aus, als ob der globale Kampf gegen die Inflation weitgehend gewonnen wurde, auch wenn in einigen Ländern der Preisdruck anhält.
Die Schwellenländer-Kraftzentren Indien und Brasilien sind ebenfalls positiv hervorzuheben und tragen zu dem globalen Wachstum bei, während die Wachstumserwartungen für die Volksrepublik China leicht nach unten korrigiert werden mussten – die Tendenz der chinesischen Wachstumsraten geht trotz politischen Interventionen von über 5% in Richtung auf 4,5%.
Chinas schleppendes BIP erhöht Druck zu Konjunkturimpulsen
Chinas Wirtschaft wuchs im dritten Quartal mit dem langsamsten Tempo seit Anfang 2023, und dies trotz höheren Einzelhandelsumsätzen und Outputraten aus der Fabrikproduktion im September ( Reuters). Das BIP stieg im dritten Quartal um 4,6% gegenüber dem Vorjahr, knapp über der Prognose von 4,5%, aber unter den 4,7% des zweiten Quartals. Der angeschlagene Immobiliensektor bremst weiterhin die Wachstumsbemühungen, was den Druck auf Ausweitung der staatlichen Anreize erhöht.
Die Eigenheimpreise fielen im September um 5,8% und markierten den schnellsten Rückgang seit Mai 2015, trotz der Bemühungen, den Wohnungssektor wiederzubeleben. Das Wachstum insgesamt verlangsamt sich nach dem zweiten Quartal für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. »Die Leistung passt zu den Markterwartungen, angesichts der schwachen Inlandsnachfrage und eines angeschlagenen Wohnungsmarktes«, so ein Ökonom. Er fügte hinzu, dass die jüngsten Konjunkturmaßnahmen »Zeit und Geduld in Anspruch nehmen werden«, um das Wachstum anzukurbeln.
Chinas politische Entscheidungsträger haben die Konjunkturimpulse verstärkt. Die People's Bank of China schob zwei Finanzierungsprogramme an, die bis zu 800 Milliarden Yuan (112,38 Milliarden Dollar) an die Börse durch neue geldpolitische Instrumente injizieren werden.
Zukunftsrisiken und Verschuldung
In der Bewertung der Risiken für die weiteren Aussichten hat der IWF-Bericht auf das Potenzial für angedrohte größere Zollerhöhungen und Vergeltungsmaßnahmen verwiesen, aber er hat dabei die USA nicht ausdrücklich benannt. Die Ankündigung von Donald Trump, nach seiner Wiederwahl Zölle von 10% auf globale Importe in die USA und 60% auf Waren aus China zu erheben, würden jedoch die positiven Wachstumsaussichten gefährden und sowohl entsprechende Maßnahmen der anderen entwickelten Wirtschaften nach sich ziehen als auch Turbulenzen auf den Finanzmärkten auslösen. Sollte dies geschehen, sagte der IWF, dass er das gesamte globale BIP-Niveau im Jahr 2025 um 0,8% und 2026 um 1,3% senken würde.
Andere Risiken, die in dem Bericht dargelegt wurden, waren das Potenzial für einen Anstieg der Ölpreise und anderer Rohstoffe, falls sich die Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine ausweiten sollten. Der IWF warnte die Länder auch davor, eine Industriepolitik zum Schutz der heimischen Industrien und Arbeiter zu verfolgen, und sagte, dass sie oft keine nachhaltigen Verbesserungen des Lebensstandards liefern könnten.
Die globale Staatsverschuldung übersteigt bis Ende dieses Jahres 100 Bio. US-Dollar, so die These des IWF – es sei denn, die großen Volkswirtschaften würden die Kreditaufnahme stabilisieren. Der Anstieg der Staatsverschuldung, geht hauptsächlich auf erhöhte Ausgaben während der COVID-19-Pandemie zurück und steigt auch im Zeitraum danach weiter an. Die Stabilisierung der Akkumulation ist nur durch öffentliche Kredite zu erreichen, wobei die USA und China führend sind. In seinem Fiskalmonitor warnt der IWF, dass die globale Verschuldung ohne signifikante Haushaltsanpassungen bis zum Ende des Jahrzehnts 100% des BIP erreichen könnte, wobei Länder wie Großbritannien, Brasilien und Südafrika ebenfalls einen anhaltenden Schuldenanstieg erwarten.
Diese Nachricht kommt zur gleichen Zeit, da der IWF die wachsende wirtschaftliche Unsicherheit hervorhebt. Risiken durch Inflation, geopolitische Spannungen und Klimakatastrophen könnten die Chancen auf Volatilität an den Finanzmärkten und ein langsameres globales Wachstum erhöhen: »Unsere Prognosen deuten auf eine unversöhnliche Kombination aus niedrigem Wachstum und hoher Verschuldung hin – einer schwierigen Zukunft«, stellt die IWF-Chefin Georgieva heraus, denn die Voraussage ihrer Institution geht davon aus, dass die globale Staatsverschuldung bis Ende 2024 bei 93% des BIP liegen wird. Die Staatsverschuldung wird folglich schneller steigen.
Das Zentrum für Finanz- und Währungssysteme des Weltwirtschaftsforums arbeitet mit dem öffentlichen und privaten Sektor zusammen, um ein nachhaltigeres, widerstandsfähigeres, vertrauenswürdiges und zugänglicheres Finanzsystem weltweit zu realisieren.
- »Netto-Null-Zukunft: Unsere Initiative Transition to a Net Zero Future beschleunigt die Kapitalmobilisierung zur Unterstützung bahnbrechender Dekarbonisierungstechnologien, um die globale Wirtschaft auf Netto-Null-Emissionen umzustellen.
- Green Building Principles: Unser Aktionsplan für Netto-Null-Carbon-Gebäude bietet eine Roadmap, die Unternehmen dabei hilft, Netto-Null-CO2-Gebäude zu liefern und wichtige Klimaverpflichtungen zu erfüllen.
- Biodiversitätsfinanzierung: Wir treffen führende Finanzinstitute, um das Verständnis von Risiken im Zusammenhang mit dem Verlust der biologischen Vielfalt und der Möglichkeiten zur Annahme von Minderungsstrategien durch unsere Initiative zur Finanzierung von Biodiversitätsfinanzierung voranzutreiben.«
Zinssenkungen und globale Wirtschaftliche Herausforderungen
Sieben der zehn großen Zentralbanken der Industrieländer lockern nun die Geldpolitik, was laut Reuters die wachsenden Sorgen über das Wirtschaftswachstum widerspiegelt. Die Führer der Zentralbank betonen, dass ihre Entscheidungen datenabhängig bleiben werden, auch wenn sie sich in einer herausfordernden Wirtschaftslandschaft herausgefordert sehen.
Die britische Inflation fiel unerwartet auf 1,7% im September, die niedrigste Rate seit dreieinhalb Jahren, damit unter das Ziel der Bank of England von 2% und hat so die Tür für mögliche Senkungen des aktuellen Zinssatzes von 5% geöffnet. Unterdessen hat die Europäische Zentralbank die Zinssätze um einen Viertelpunkt auf 3,25% gesenkt, was das wachsende Vertrauen widerspiegelt, dass die Inflation in der Eurozone schwächer wird. Dies ist die niedrigste Rate seit Mai 2023 und folgt auf eine ähnliche Senkung im September.
Die Treffen des IWF und der Weltbank bieten den Staats- und Regierungschefs eine entscheidende Plattform, um die dringenden globalen wirtschaftlichen Herausforderungen anzugehen. Trotz Optimismus bleibt das fragile Wirtschaftswachstum durch Inflation, hohe Verschuldung und politische Unsicherheit behindert. Um deutliche Fortschritte bei der globalen Erholung zu erzielen, sind eine starke Zusammenarbeit und das Engagement aller Beteiligten unerlässlich. Wie gefährlich die Rückwirkungen der beiden Kriege – Ukraine und Israels Angriffe auf Gaza und den Libanon – auf die globale Ökonomie sind, hat der IWF im Fall Israel im Bericht angedeutet.
Israels Wirtschaft
Der IWF gab bekannt, dass er die Prognose für das Wirtschaftswachstum Israels für 2024 auf 0,7% drastisch gesenkt habe, ein deutlicher Rückgang gegenüber den im April prognostizierten 1,6%. Diese revidierte Prognose ist auch ein erheblicher Rückgang gegenüber dem Wachstum von 3%, das der Fonds für Israel Anfang Oktober letzten Jahres erwartet hatte. Mit Blick auf 2025 reduzierte der IWF Israels Wachstumsprognose von der vorherigen Schätzung von 5,4% auf 2,7%.
Neben der Senkung der Wachstumserwartungen hob der IWF sauch eine Inflationsprognose für Israel an, die Rate 2024 wird nun voraussichtlich 3,1% erreichen, gegenüber einer früheren Schätzung von 2,4 %, was das Zielreichweite der israelischen Regierung von 1–3% übertrifft. Die Inflationsprognose für 2025 wurde ebenfalls von 2,5% auf 3% erhöht.
Professor Benjamin Bental, außerplanmäßiger Professor für Makroökonomik an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden, erwartet, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges »sehr ernst« und anders als alles sei, was Israel seit Jahrzehnten erlebt hat. Den BIP-Rückgang führt er auf die reduzierte Erwerbsbevölkerung aufgrund des Militäreinsatzes vieler Frauen Männer in der israelischen Armee zurück. Zudem hat Israel seit Beginn des Krieges mit Gaza mehr als acht Mrd. US-Dollar geliehen, was dazu führte, dass das Haushaltsdefizit auf sechs Mrd. US-Dollar explodierte.
Deutschland als Schlusslicht mit Fachkräftemangel und schlechter Kauflaune
Deutschland wird in diesem Jahr ein Nullwachstum sehen, einen Abschlag von zwei Zehntel Prozentpunkten, da sein verarbeitender Sektor weiterhin zu kämpfen hat, prognostizierte der IWF. Das ist das schwächste Wachstum aller führenden westlichen G7-Industriestaaten. Der Rückgang trug zudem dazu bei, auch die Prognose für das Wachstum der Eurozone leicht auf 0,8% für 2024 und 1,2% für 2025 zu senken. Für das kommende Jahr reduzierte er seine Prognose für Deutschland zudem deutlich um 0,5 Punkte auf 0,8% Wachstum, damit wäre das Land gemeinsam mit Italien das Schlusslicht beim Wachstum der Wirtschaftsleistung.
Die deutsche Wirtschaft kommt nicht in Fahrt. »Deutschland wird durch die Haushaltskonsolidierung und einen starken Rückgang der Immobilienpreise belastet«, heißt es in dem Bericht. Schon länger moniert der IWF strukturelle Probleme wie Fachkräftemangel in Deutschland. Auch die Zurückhaltung der Konsument*innen schlägt sich nieder.
Die Bundesregierung ist mit Blick auf das Wachstum im kommenden Jahr optimistischer als der IWF und rechnet mit etwas mehr Schwung, sie erwartet nach jüngsten Angaben ein Plus von 1,1% im Jahr 2025. Ähnlich sieht die Ende September veröffentlichte Prognose der Industriestaatenorganisation OECD aus. Sie geht von einem Konjunkturplus von 1,0% aus.
Wenn die Wirtschaft wächst, freut sich der Finanzminister. Ein Prozent mehr Wachstum bedeutet – grob geschätzt – zehn Mrd. Euro mehr für den Bundeshaushalt, auch die Haushalte von Ländern und Kommunen profitieren. Nur: Im Moment wächst die Wirtschaft nicht – im Gegenteil: sie schrumpft. Deshalb mussten nach Ergebnissen der jüngsten Steuerschätzung die Einnahmen für die kommenden Jahre zurückgenommen werden. Für den Bund heißt das zum Beispiel laut Aussagen von Bundesfinanzminister Christian Linder (FDP), dass die Einnahmen für den Zeitraum bis zum Jahr 2028 laut neuer Schätzung in der Summe um 12,7 Milliarden Euro niedriger ausfallen als bisher prognostiziert
Im kommenden Jahr könnte sich die Wirtschaft dann um 1,1% erholen, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setzt insbesondere auf eine bessere Konsumlaune, nachdem die Einkommen zuletzt stärker gestiegen sind als die Inflation. Mit einer »Wachstumsinitiative« will die Bundesregierung eine »neue wirtschaftliche Dynamik« in Deutschland auslösen. Der Vorschlag der Bundesregierung umfasst 49 Maßnahmen in ganz unterschiedlichen Bereichen – vom Abbau von Bürokratie über Änderungen bei der Energieerzeugung bis hin zu einer »Reform« des Bürgergelds.
Kernanliegen des Papiers ist, der Wirtschaft notwendige Impulse »für mehr wirtschaftliche Dynamik« zu geben und »Investitionen in Infrastruktur, Transformation, Digitalisierung, Bildung, Innovation und Forschung im Haushalt zu priorisieren«. Insgesamt betont die Bundesregierung, man sei »zuversichtlich, dass alle Maßnahmen der Wachstumsinitiative noch in diesem Jahr im Kabinett beschlossen, umgesetzt oder entsprechende Prozesse aufgesetzt werden können«. Die Bundesregierung orientiert sich also auf die sogenannte Wachstumsinitiative, ein Konjunkturprogramm, um der lahmenden Wirtschaft unter die Arme zu greifen.
»Schuldenbremse ist Wachstumsbremse« (Habeck)
Aber angesichts der aktuellen Wachstumstendenzen hat der Bundeswirtschaftsminister in einer Verstärkung des Förderungspakets Zuflucht gesucht. Noch sind die 49 Maßnahmen längst nicht alle umgesetzt – trotzdem räumt Habeck in einem 15-seitigen Strategiepapier schon jetzt ein: »Es ist mehr erforderlich.« In dem Papier werden weitere »massive Investitionen« für die Wirtschaft und Infrastruktur in Deutschland gefordert. Mit seinem Vorschlag für einen Deutschlandfonds für Investitionen und Infrastruktur versucht der Wirtschaftsminister der Stagnation entgegenzuwirken. Aus dem »Deutschlandfonds« sollen Unternehmen in den kommenden fünf Jahren eine unbürokratische Investitionsprämie von zehn Prozent erhalten. Investiert ein Unternehmen also 100.000 Euro, soll der Staat eine Prämie in Höhe von 10.000 Euro zahlen. Diese soll zunächst mit der Steuerschuld des Unternehmens verrechnet werden.
Es ist gerade einmal drei Monate her, dass die Bundesregierung sich auf die sogenannte Wachstumsinitiative geeinigt hat. Ein Konjunkturprogramm, um der lahmenden Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Nun macht Habeck weitere Vorschläge: Bürokratieabbau, Stromkosten senken, den Fachkräftemangel beseitigen. Was genau mit wie viel Geld gefördert werden soll, geht aus dem Vorschlag allerdings nicht hervor.
Das Problem: Von einer Förderung der Investitionsdynamik sind wir weit entfernt. Als Grund macht Habeck die aktuelle Lage im Haushalt aus. Die Schuldenbremse sei in ihrer jetzigen Form »eine Investitions- und Wachstumsbremse«. Mit einem neuen Sondervermögen wäre dieses Problem allerdings lösbar. Sein Strategiepapier will er als »Impuls« verstanden wissen: »Die Herausforderungen sind groß, wie lange nicht«, alle Parteien der demokratischen Mitte würden nun Verantwortung tragen, sie zu lösen.
Dass Deutschlands Wirtschaft dringend Investitionen braucht, darüber kann weitgehend Einigkeit erzielt werden. Der vom Wirtschaftsministervorgeschlagene »Deutschlandfonds« stößt in der Politik und bei führenden Ökonomen auf ein geteiltes Echo. Die zentrale Schwäche ist, dass das Projekt nicht abgesprochen ist und angesichts der bestehenden Regelungen von einer breiten überparteilichen Mehrheit getragen werden müssste. Mit solch unabgesprochenen Initiativen wird Habeck vermutlich nur eine Verstärkung der politischen Widerstände erreichen. Insofern wird es bei der vorherrschenden Tendenz der Stagnation bleiben.