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20. September 2019 Joachim Bischoff: Die Fed senkt erneut die Zinsen

Vorbeugung gegen die Talfahrt der Ökonomie

Fed-Chef Jerome Powell

Die amerikanische Zentralbank Federal Reserve System (Fed) hat nach der Rückkehr zu einer expansiven Geld- und Kreditpolitik im Juli 2019 erneut eine weitere Absenkung der Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte beschlossen. Die angestrebte Bandbreite liegt damit zwischen 1,75 und 2% für die Übernachtausleihungen zwischen Banken.

Die Fed begründete diesen Schritt mit globalen Entwicklungen und dem geringen Inflationsdruck.

Vor der Entscheidung der Fed hatte sich Zentralbankchef Jerome Powell in seinen öffentlichen Einschätzungen zurückgehalten: Die Zentralbank sei entschlossen, dafür zu sorgen, dass der Motor der Kapitalakkumulation weiter brumme. Diese erneute Leitzinssenkung hat den amerikanischen Präsidenten Donald Trump keineswegs zufriedengestellt. Er erneuerte seine grundsätzliche Kritik an der Politik der Notenbank. »Jay Powell und die Federal Reserve versagen abermals: Kein Mut, kein Verstand und keine Vision. Ein schrecklicher Kommunikator!«

Die politisch unabhängige Fed sieht sich seit längerem mit Forderungen nach einer weitaus lockereren Geldpolitik aus dem Weißen Haus konfrontiert. Der US-Präsident hält das Zinsniveau für viel zu hoch. Er verlangt eine Senkung des geldpolitischen Schlüsselsatzes auf »null oder weniger«. Auf die Frage, wie der Notenbankpräsident auf diese beständigen Angriffe durch Trump zu reagieren gedenke, sagte Powell, die Moral sei gut und von Einigkeit geprägt. Er erwartet nicht, dass die Fed negative Leitzinsen als geldpolitisches Mittel einsetzen werde.

Als Gründe für die Zinssenkung nannte der Fed-Chef die schwächelnde Weltwirtschaft, die anhaltenden handelspolitischen Unsicherheiten und die verhaltene Inflation. Die US-Wirtschaft befinde sich insgesamt weiterhin in einer guten Verfassung und er gehe nicht von einer Rezession aus. Es handelt sich also bei dem Zinsschritt um eine vorbeugende Maßnahme und eine Art Versicherung gegen die globalen Abwärtsrisiken.

Tatsächlich ist die US-Wirtschaft im zweiten Quartal 2019 real und annualisiert um 2% gewachsen, bei einer historisch niedrigen Arbeitslosenquote von 3,7%. Eine solche Konjunkturlage begründet eigentlich keine weiteren Stimulierungsmaßnahmen, weshalb in der Sitzung der Fed auch ein Stillhalten zur Diskussion stand, weil in den vergangenen Tagen veröffentlichte Daten nahelegen, dass sich der seit Jahresbeginn schwächelnde Industriesektor gefangen haben könnte und sich der Privatkonsum weiterhin positiv entwickelt.

Befürworter eines Stillhaltens konnten etwa auch ins Feld führen, dass im August die Inflation etwas angezogen hat. Umgekehrt stand aber auch eine stärkere Zinssenkung um 50 Basispunkte zur Debatte, um auf die zunehmend negativen Auswirkungen des Handelskriegs zu reagieren.

Das bereits seit zehn Jahren anhaltende Wachstum der amerikanischen Wirtschaft hat sich etwas abgeschwächt (siehe hierzu auch Joachim Bischoff: Rezession am Horizont). Zudem mehren sich die Warnsignale (etwa auf dem Terrain des Arbeitsmarktes), die vermuten lassen, dass in naher Zukunft mit einer weiteren Verlangsamung zu rechnen ist. Die Fed will einen Konjunktureinbruch zu verhindern, weil sich die Warnsignale mehren, dass der längste dokumentierte ununterbrochene Aufschwung zum Stillstand kommt.

Der von Präsident Donald Trump angezettelte und immer weiter eskalierte Handelsstreit mit China hat offenbar zunehmend auch Folgen für die USA. Unternehmen scheuen sich vor Investitionen und die Finanzmärkte zeigen sich nervös. Dazu kommen zusätzliche Unsicherheitsfaktoren, beispielsweise die Lage im Nahen Osten nach den Anschlägen in Saudi-Arabien.

Der Leitzins, die sogenannte Federal Funds Rate, ist der Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken über Nacht Geld leihen. Eine Senkung des Zinssatzes verbilligt Kredite, weswegen Firmen leichter investieren können und viele Bürger weniger für den Schuldendienst ausgeben müssen – sie haben so mehr Einkommen zur Verfügung.

Die Politik der US-Notenbank ist weltweit faktisch der Vorturner. Global stemmen sich Notenbanken gegen eine ökonomische Schwächeperiode. Und an den Finanzmärkten werden wegen der Verschlechterung der Wirtschaftslage weitere Lockerungen der Geldpolitik erwartet; gleichzeitig wachsen aus gutem Grund die Zweifel an der Kraft der Geldpolitik.

Bei Zinssätzen um oder gar unter null Prozent nimmt ihre Wirksamkeit ab. Unternehmen in der Realwirtschaft halten Investitionen zurück, an den Finanzmärkten fliehen Anleger in sichere Anlagen, d.h. Staatsanleiten und Immobilien. Dies verstärkt den ohnehin vorhandenen Trend zu fallenden Anleiherenditen. Anleihen im Wert von rund 15 Billionen Euro weisen mittlerweile negative Renditen aus.

Kreditvergabe der US-Banken, Jahresveränderung in Prozent

Bislang zeigt das Wachstum der US-Bankenkredite weiter nach oben, wenngleich das Niveau der Kredite noch immer deutlich hinter dem Vorkrisenzustand 2008/2009 zurückbleibt. Die aktuelle Kreditversorgung deutet auf fortgesetztes Wirtschaftswachstum hin und die Zinssenkungstendenz durch Notenbank läuft eher auf eine Unterstützung für die Preise auf den Vermögensmärkten hinaus.

Die Fortführung der bisherigen Politik der Notenbanken wird nicht hinterfragt, weshalb sich bisher entgegen den traditionellen Vorstellungen die exzessive Liquidität weder bei den Warenpreisen noch bei den Löhnen bemerkbar gemacht hat. Notwendig wäre darüber hinaus auch eine Auseinandersetzung mit den Folgen der Liquiditätsschwemme und den kontinuierlichen Zinssenkungen.

Die kritische Sicht auf die geringe Wirksamkeit der Notenbankinterventionen in Sachen Expansion der Investitionen im realwirtschaftlichen Bereich ist keine Infragestellung des unverzichtbaren Steuerungspotenzials der Zentralbank. Dies wurde bei der Fed durch einen überraschenden Liquiditätsengpass am amerikanischen Geldmarkt unterstrichen, der die US-Notenbank herausgefordert hat.

Erstmals seit der schweren Finanzkrise vor rund zehn Jahren musste die Zentralbank auf dem Interbankenmarkt intervenieren und den Geschäftsbanken über spezielle Wertpapiergeschäfte 53,2 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stellen. Nach einer weiteren Intervention in Höhe von weitere 75 Milliarden Dollar am folgenden Tag konnte der Engpass aufgelöst werden.

Grund für den Sondereinsatz der Notenbank war ein Mangel an Liquidität auf dem amerikanischen Geldmarkt. Dort handeln die Banken mit nicht benötigten Finanzmitteln. Als mögliche Gründe für den Mangel vermuten Experten Steuerzahlungen der Unternehmen und Käufe neuer Staatsanleihen durch amerikanische Banken. Aufgrund der hohen Haushaltsdefizite der USA ist das Angebot an neuen US-Staatsanleihen derzeit hoch.

Der Zinssatz am amerikanischen Interbanken- oder Geldmarkt war überraschend stark angestiegen. Vor dem Zinsentscheid hatte eine plötzliche Dollarknappheit für Nervosität auf den Geldmärkten gesorgt. In der Folge mussten für kurzfristige Anleihen zeitweilig bis 10% Zinsen bezahlt werden. Das ist das Vierfache der Obergrenze von 2,25%, die die US-Notenbank mit ihrer Geldpolitik vor der weiteren Zinssenkung anstrebte.

Diese notfallmäßige Intervention illustriert, dass die Fed angesichts der wirtschaftlichen Expansion und der wachsenden Verschuldung des Bundeshaushalts Mühe bekundet, im Dollarsystem für ausreichend Liquidität zu sorgen. Bisher wurden die nötigen Vorsorgemaßnahmen unterlassen. Die »Fed verhielt sich wie eine Feuerwehr, die den Bränden nachhetzt, anstatt Hydranten aufzustellen«.

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