Claus-Jürgen Göpfert
Zeitung im Kampf
80 Jahre »Frankfurter Rundschau«
oder: Niedergang des linksliberalen Journalismus?
232 Seiten | in Farbe | zahlreiche Fotos | € 16.80
ISBN 978-3-96488-233-2

Kalle Kunkel
»Langer Atem – keine Geduld mehr«
Der Kampf um die Krankenhäuser als politischer Tarifkonflikt
280 Seiten | € 19.80
ISBN 978-3-96488-230-1

Ulrich Duchrow
Gerechtigkeit, Frieden, (Über)Leben
Erfahrungen, Kämpfe und Visionen in der weltweiten Ökumene
240 Seiten | € 19.80
ISBN 978-3-96488-240-0

Felix Krebs/Florian Schubert
Hamburgs »Baseball­schlägerjahre«
Rechte und rassistische Gewalt in den 1980er-Jahren: gesellschaftliche Bedingungen und staatliche Reaktionen
168 Seiten | € 14.80
ISBN 978-3-96488-199-1

Jürgen Kowalewski
Ein HSV-Star in Widerstand und KZ
Das zu kurze Leben von »Assi« Halvorsen
184 Seiten | € 19.80
ISBN 978-3-96488-202-8

Ingar Solty
Trumps Triumph?
Gespaltene Staaten von Amerika, autoritärer Staatsumbau, neue Blockkonfrontation
Eine Flugschrift
120 Seiten | € 12.00
ISBN 978-3-96488-238-7

Rudolf Hickel
Schuldenbremse
oder »goldene Regel«?

Verantwortungsvolle Finanzpolitik für die sozial-ökologische Zeitenwende | Eine Flugschrift
96 Seiten | € 12.00
ISBN 978-3-96488-226-4

Heiner Karuscheit
Der deutsche Rassenstaat
Volksgemeinschaft & Siedlungskrieg:
NS-Deutschland 1933–1945
160 Seiten | € 14.80
ISBN 978-3-96488-237-0

21. April 2018 Jörn Schütrumpf: Ein Nachruf

Wir trauern um Dietmar Wittich

Am 17. April 2018 verstarb der Sozialwissenschaftler und Wahlforscher Dietmar Wittich. Wir übernehmen die Würdigung, die Jörn Schütrumpf für die Rosa-Luxemburg-Stiftung und die Tageszeitung »neues deutschland« verfasst hat.

Über seine Arbeits- und Lebensweise als »ostdeutscher Soziologe, für den es in den offiziellen Wissenschaftsstrukturen der Bundesrepublik keinen Platz zu geben scheint« hatte Dietmar Wittich im Jahr 2001 in dem Buch Wahlzeiten, Kriegszeiten, andere Zeiten. Betrachtungen eines ostdeutschen Soziologen (VSA: Verlag Hamburg) Auskunft gegeben und zugleich deutlich gemacht, dass er »es sich nicht nehmen lassen will, seinem Beruf nachzugehen und sich einzumischen.«


Dietmar Wittich (1943 bis 2018)


Die wissenschaftlichen Einrichtungen der SED waren keine Orte, an denen Helden gezeugt oder auch nur gefördert worden wären – Verbiegen war keineswegs die letzte Bürgerpflicht. Umso verstörter reagierte der »Apparat«, wenn jemand mal Nein sagte. Als Wolf Biermann im November 1976 zum ersten Deutschen wurde, der nach der Nazizeit aus einem deutschen Staat ausgebürgert wurde, veranstaltete die SED-Führung unter ihrem Personal eine Unterschriftensammlung. Dem Soziologen Dietmar Wittich winkte damals eine kommode Zukunft: 1977 stand seine Berufung zum Professor an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee der SED an. Trotzdem sagte er Nein.

Professor ist der demokratische Sozialist Dietmar Wittich nicht mehr geworden, stattdessen wurde er 1989 einer der Aktivisten der sich mühsam aus dem stalinistischen Sumpf herausarbeitenden Partei des demokratischen Sozialismus, und blieb dabei doch Wissenschaftler. Das »Institut für Sozialdatenanalyse« (ISDA), das er mitbegründete, lieferte – neben anderen empirischen Untersuchungen – über Jahre hinweg eine verlässliche Wahlforschung. Reich wurde damit niemand; im Gegenteil. Als das Institut nicht mehr zu halten war, machte Dietmar Wittich mit seinem kongenialen, früh verstorbenen Kollegen Michael Chrapa (1950–2003) allein weiter.

Dass Dietmar Wittich 1990 zu den Gründungsvätern der heutigen Rosa-Luxemburg-Stiftung zählte und lange Jahre in der ehrenamtlichen Redaktion des Theorieblattes »UTOPIE kreativ« überaus produktiv arbeitete, war ihm eine Selbstverständlichkeit – ebenso, dass er mit dem so genannten Ruhestand keine Ruhe fand. Seine letzte große Arbeit war eine akribische Studie über die keineswegs im hellsten Sonnenlicht agierende »Atlantikbrücke« – ein Zweckbündnis, in dem Menschen aus Wirtschaft, Politik und Medien, jeweils aus dem oberen Zehntel, Ideen, Strategien und Taktiken entwickeln. Das Personal der Bundesregierung erledigt oft nur noch »den Vertrieb«. Dass diese Studie keinen »Verwerter« fand, dürfte nur die ganz Naiven überraschen…

Seit dem 17. April fehlt uns einer, der aus sozialistischer Überzeugung im richtigen Augenblick Nein zu sagen vermochte.

Salut Dietmar.

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