20. Januar 2024 Redaktion Sozialismus.de: Protest gegen menschenverachtenden Masterplan

Aufstehen gegen Rechts

Bundesweit protestieren zehntausende Bürger*innen aller Altersgruppen gegen Pläne zur Ausbürgerung von Menschen mit Migrationsgeschichte. In Köln waren es am Dienstag 30.000 Menschen, in der bislang größten Demonstration kamen am Freitag mehr als 80.000 rund um das Hamburger Rathaus zusammen. Es sind weitere Demonstrationen geplant.

Diese Protestwelle wurde ausgelöst durch Informationen über ein Treffen rechter Aktivisten in Potsdam, die unter der ideologischen Formel »Masterplan Remigration« über Massenabschiebungen von Flüchtlingen und Migranten gesprochen haben (siehe dazu genauer auch den Beitrag »Ein Masterplan der extremen Rechten«). Das Recherchenetzwerk »Correctiv« hatte über diese Beratung verschiedener Kräfte der extremen Rechten berichtet.



Am 18. Januar in der Mainzer Innenstadt.

Der rechte Kampfbegriff »Remigration« ist zu Recht das Unwort des Jahres 2023. Führende AfD-Politiker bekräftigen: Deportation von Millionen Menschen aus Deutschland »ist ein Versprechen««. Gegen diesen Masterplan zur Korrektur eines vermeintlichen großen »Bevölkerungsaustausches« protestieren inzwischen viele Bürger*innen und Organisationen der Zivilgesellschaft. Die extreme Rechte hat diesen demokratischen Kräften den Kampf angesagt und stößt auf energischen Widerstand.

Unter dem Motto »Hamburg steht auf – gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke« haben am Freitagnachmittag mehr als 80.000 Menschen auf dem Jungfernstieg und rund um die Alster herum demonstriert. Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Kirchen, Kulturschaffenden, Wirtschaftsverbänden, Parteien und Vereinen hatte zu der Kundgebung aufgerufen.

Organisiert wurde sie vom Verein Unternehmer ohne Grenzen, der Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland und dem DGB Hamburg, unterstützt von SPD, Grünen und Linken. Auch Prominente wie die Hamburger Ehrenbürger Udo Lindenberg und John Neumeier unterstützten die Demo, ebenso der Präsident des FC St. Pauli, Oke Göttlich sowie Vertreterinnen und Vertreter des Hamburger Sportbunds. Der FC St. Pauli, der HSV-Supporters-Club und mehrere Amateurvereine hatten ebenfalls dazu aufgerufen, gegen rechte Hetze auf die Straße zu gehen.

Ursprünglich sollte die Kundgebung auf dem großen Platz vor dem Rathaus stattfinden. Die AfD-Fraktion hatte kurzfristig eine Fraktionssitzung in der Hamburgischen Bürgerschaft anberaumt, mit der sie das Hamburger Bannkreisgesetz ausnutzte, das Versammlungen und Demonstrationen in einem Umkreis von 350 Metern um das Parlament verbietet. Die Organisatoren erklärten, dass diese Attacke der AfD nicht überrascht: »Die AfD nutzt demokratische Instrumente aus, um Grundrechte auszuhebeln. Sie zeigt einmal mehr, dass sie die Demokratie verachtet.«



Überfüllter Jugnfernstieg am 19. Januar in Hamburg.

Der gesamte Innenstadtbereich war deshalb überfüllt, so dass Rettungskräfte nicht mehr durchkamen und die Veranstaltung vorzeitig abgebrochen werden musste. Auch vorgesehene Musiker wie die Bands Meute und Kettcar konnten nicht mehr auftreten. Die Polizei zählte 50.000 Teilnehmer*innen, räumte aber ein, dass aufgrund der Massen die Menge schlecht zu schätzen war. Laut DGB Hamburg waren es 80.000 Demonstrierende. SPD-Politiker Kazim Abaci vom Verein Unternehmer ohne Grenzen, der die Demo ebenfalls mitorganisiert hatte, sprach zwischenzeitlich sogar von 130.000.

Viele Demonstrierende hatten Schilder dabei, auf denen wie auch in den anderen Städten etwa »Bunte Truppe statt braune Suppe«, »EkelhAfD«, »Nie wieder ist jetzt« oder »Wir sind bunt« stand. Von den ursprünglich vorgesehenen Redner*innen konnten etwa nur die Hälfte sprechen. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher kritisierte »die AfD und rechte Netzwerke«. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirsten Fehrs, wurde deutlicher: »Wir wollen nicht, dass das gesellschaftliche Klima kälter wird – auch das ein Klimawandel, den wir aufhalten müssen – jetzt.« Es könne nur eine Antwort geben: »Nein zu jeder Form von Rassismus und Antisemitismus.«

Für die nächste Zeit sind bundesweit weitere Kundgebungen und Demonstrationen in zahlreichen Städten und Gemeinden geplant. Auf der Internetseite von »Demokrateam.org«  werden aktuell insgesamt 209 Orte genannt und die aktuellsten mit Datum und Ort aufgeführt.

Auch die Seite »Zusammen gegen Rechts« informiert über die Orte und die genauen Termine, und fügt zu Recht hinzu: »Viel zu lange hat die Politik zugesehen, wie Rechte Hass und Hetze verbreiten. Wir fordern ein klares Bekenntnis von allen demokratischen Parteien und Politiker*innen: Niemals darf es irgendeine Form der Zusammenarbeit, Mehrheiten und Regierungen mit der AfD geben, niemals und nirgendwo. [...] Die Bundesregierung muss starke Förderprogramme für eine mutige Gesellschaft auflegen. Rechtsextremen Strukturen und der AfD hingegen muss der Nährboden entzogen werden. Klar ist auch: Der Rechtsruck hört nicht bei der AfD auf. Wer rechte Positionen übernimmt und massenhafte Abschiebungen fordert, macht sich zum Wegbereiter für menschenverachtendes Gedankengut.«

In Hannover demonstrierten am 20. Januar etwa 35.000 Menschen (Foto: Hartmut Meine).

Diese Reaktion auf den menschenverachtenden Masterplan zur Deportation muss verstetigt werden und sich später auch im Stimmverhalten niederschlagen. »Remigration« ist ein Paradebeispiel für den Kampfbegriff und die Pläne der Rechtsextremen zur Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland. Dahinter steht die politische Wahnvorstellung einer rassistischen Korrektur der Vielfalt on Lebensverhältnissen. Damit wird die Würde der Menschen und ihre Gleichwertigkeit negiert, was eine ungeheuerliche Grenzüberschreitung darstellt.

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