8. Juli 2020 Joachim Bischoff/Norbert Weber: Die Commerzbank und Cerberus

Ein erfolgloses Duo und ein Höllenhund

Zielke (links) und Schmittmann müssen gehen (Foto: dpa)

Die Commerzbank ist seit Jahren ein Problemfall. Nun ist dieses Unternehmen wieder in die Schlagzeilen geraten. Der Vorstandvorsitzende Martin Zielke und der Aufsichtsratspräsident Stefan Schmittmann werden die Bank zum 31. Dezember bzw. zum 3. August verlassen. Ein erfolgloses Führungsduo macht den Weg für einen Neustart frei.

Den Ankündigungen ging eine scharfe Kritik des zweitgrößten Aktionärs, des US-Finanzinvestors Cerberus, an den Problemen und dem Management der Bank voraus. Cerberus hält gut 5% an Deutschlands nach Bilanzsumme drittgrößter Privatbank und war mit dem Kriechgang des Unternehmens seit längerem unzufrieden.

Als Kredithaus sieht die Commerzbank ihren Ertrag (2019: 8,6 Mrd. Euro) im Tiefzinsumfeld seit Jahren unter Druck. Zudem sind ihre Kosten hartnäckig hoch. In der Corona-Krise muss sie zusätzliche Rückstellungen für gefährdete Kredite bilden. Die Analysten erwarten für 2020 und 2021 unterm Strich einen Verlust.

Aktionäre, die schon länger in der Commerzbank-Aktie investiert sind, sind Ärger gewohnt. Unter Berücksichtigung des Aktienschnitts im Jahr 2013 (eine neue Aktie für 10 alte) dümpelt der Kurs ohnehin im untersten Bereich. Anfang dieses Jahres musste die Commerzbank hohe Risikovorsorge auf ausfallgefährdete Kredite bilden, die Quartalsausweise waren entsprechend katastrophal. Zum 1. Quartal 2020 musste sie bereits einen Verlust über fast 300 Mio. Euro ausweisen. Bis Jahresende 2020 erwartet man eine notwendige Risikovorsorge von etwa 1,5 Mrd. Euro.

Angesichts dieser Geschäftsaussichten werden Investoren unruhig, zumal von einem Maßnahmenkatalog zur Beruhigung der Situation eher nichts zu hören war. Zudem agierte der Vorstand glücklos bei der erhofften Fusion mit der Deutschen Bank, die im Frühjahr 2019 endgültig scheiterte. Danach galt die Commerzbank, die zudem vom Leitindex DAX in das Mittelwertebarometer M-DAX absteigen musste, als Übernahmekandidat. Vor allem Cerberus Capital Management machte in den vergangenen Monaten enormen Druck auf das Management, die Probleme endlich entschlossen anzupacken.

Die Private-Equity-Investoren sahen wohl auch ihre Felle davonschwimmen, da der Aktienkurs der Commerzbank nicht erst seit dem Einstieg der Amerikaner, sondern im Prinzip seit zehn Jahren ein einziges Desaster ist. Trotz verschiedenen strategischen Neuausrichtungen ist es der Führung nicht gelungen, die Commerzbank den widrigen Umständen aus Null- und Negativzinsen, steigenden Regulierungskosten, hartem Wettbewerb, einer sich bereits 2019 abschwächenden Konjunktur sowie jüngst den Folgen der Coronavirus-Krise erfolgreich anzupassen.

Durch den scharfen Konjunktureinbruch infolge der Pandemie ist das Institut im ersten Quartal in die roten Zahlen gerutscht. Jüngst musste die Commerzbank dann auch noch einen Kredit über 200 Mio. Euro an den inzwischen insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard abschreiben.

Das Grundkapital der Commerzbank beträgt 1,25 Mrd. Euro, verteilt in ebenso viele Stückaktien mit einem Nennwert über 1,00 Euro. Größter Einzelaktionär ist über den Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin) der Bund mit 15%, die beiden US-Investoren Cerberus und Blackrock sind mit jeweils 5% beteiligt, der »Rest« gilt als Streubesitz.

Nach dem schlechten Start in diesem Jahr kam jetzt auch noch Corona mit all seinen Auswirkungen auf die Privat- und Firmenkunden hinzu. Cerberus bemühte sich bereits im 2. Quartal um weitere Aufsichtsratsmandate sowie Berateraufträge von der Bank, ähnlich wie bei der Deutschen Bank. Doch der Commerzbank-Vorstand zog die Vergabe von Beraterverträgen an McKinsey vor. Der vorläufige Höhepunkt war ein öffentlich gemachter Brandbrief von Cerberus an den Aufsichtsratsvorsitzenden. Nach wochenlangen Querelen traten nun sowohl der Vorstandsvorsitzende Zielke und der Aufsichtsratsvorsitzende Schmittmann zurück.

Cerberus, der auch an der Deutschen Bank beteiligt ist, hatte stets auf eine Fusion der beiden Bankhäuser hingewirkt. Der Bund hatte schließlich den Weg geebnet. Die Deutsche Bank zog jedoch die Reißleine und ließ die Fusion scheitern.

Cerberus verlangt nun zwei Aufsichtsratsmandate sowie maßgebliche Mitbestimmung bei der Besetzung des Vorstandsvorsitzes. Gehandelte Favoriten sind Roland Boekhout und Bettina Orlopp, beides Commerzbänker. Investoren bringen auch Stefan Ermisch ins Gespräch. Ermisch ist seit 2016 Vorstandsvorsitzender der ehemaligen HSH-Nordbank, nun Hamburg Commercial Bank (HCOB). In den Augen von Cerberus dürfte dieser erste Wahl sein, hat er doch maßgeblich den Weg dafür geebnet, dass Cerberus & Co. die HSH faktisch für den symbolischen »einen« Euro erwerben konnte. Alle Risiken wurden auf die Länder und damit zu Lasten von Steuergeldern ausgelagert.

Dass die ehemalige HSH-Nordbank ohnehin nicht viel länger als in den Verkaufsverträgen vereinbart in ihrer jetzigen Form existieren dürfte, ist kein Geheimnis. Einerseits gibt es lediglich eine Übergangsfrist, in der die neue HCOB – gesichert – einer Sicherungseinrichtung angehört, andererseits musste die Bank nahezu alle ihre Kernsegmente aufgeben. In ihren aktuellen Geschäftsfeldern befindet sie sich in einem harten Wettbewerb mit anderen gleichgelagerten Banken und kann nur über deutlich attraktivere Konditionen punkten, was auch wieder zu Lasten der Rentabilität geht. Somit könnte Cerberus strategisch das Interesse haben, die HCOB z.B. in die Commerzbank zu überführen. Da könnte Stefan Ermisch wiederum an entscheidender Stelle hilfreich sein.

Insofern leuchtet ein, dass Höllenhund Cerberus sowohl beim Vorstandsvorsitz der Commerzbank maßgeblich mitmischen will und auf nunmehr zwei Aufsichtsratsmandaten besteht. Durchaus möglich ist, dass darüber hinaus erneut eine Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank auf den Tisch kommt.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte bereits signalisiert, dass sie Zusammenschlüssen keine Hürden in den Weg legen wolle. Standard & Poor-Analysten halten eine deutliche Beschleunigung von Konsolidierungen im europäischen Bankensektor für wahrscheinlich. Cerberus, Blackrock und andere US-amerikanische Investoren, die fast alle sowohl bei der Commerzbank als auch bei der Deutschen Bank beteiligt sind, dürften diese Tendenzen noch beschleunigen.

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