12. Oktober 2021 Joachim Bischoff: Streit um Konjunkturpakete

Erholung der USA-Ökonomie mit Stolpersteinen

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In den USA hat sich die wirtschaftliche Erholung auch in den ersten Monaten der zweiten Jahreshälfte fortgesetzt. Im zweiten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Quartalsvergleich um 1,6% zu und übertraf damit erstmals den Vorpandemiestand.


Wirtschaftliche Erholung bei schwächelnden Beschäftigungsentwicklung

Getragen wurde das Wachstum erneut von einem kräftigen privaten Verbrauch. Aufgrund der weitgehenden Öffnung des wirtschaftlichen Lebens, die mit der anfänglich schnell vorankommenden Impfkampagne einherging, und gestützt von dem im März verabschiedeten »American Rescue Plan«, der u.a. Hilfszahlungen an ärmere Haushalte und Arbeitslose beinhaltete, konnten amerikanische Haushalte ihre Konsumausgaben kräftig ausweiten. Leicht positive Wachstumsimpulse kamen auch von den privaten Investitionen, während der andauernde Lagerabbau negativ zum Wachstum beitrug. Ebenfalls ein leicht negativer Wachstumsbeitrag kam per Saldo vom Außenhandel.

Obwohl das BIP in den USA den Vorpandemiestand bereits wieder übersteigt, liegt die Beschäftigung noch darunter, im August 2021 noch um gut fünf Mio. Personen (3,5%). Die Arbeitslosenquote betrug im selben Monat 5,2% und die Zahl der Arbeitslosen ist damit noch fast 50% höher als vor Ausbruch der Pandemie. Dass die Erholung des Arbeitssektors noch einige Zeit benötigen wird, zeigt sich auch am zuletzt etwas langsameren Anstieg der Beschäftigung. Im August legte die Zahl der Beschäftigten nur um knapp 235.000 zu, deutlich langsamer als in den beiden Vormonaten, in denen sie um jeweils etwa eine Mio. zunahm.

Diese nur schwache Erholung hat sich laut dem Bericht über die Beschäftigtenzahlen außerhalb der Landwirtschaft fortgesetzt: Im September konnten nur 194.000 neue Arbeitsplätze gemeldet werden. Das waren deutlich weniger als von Ökonomen geschätzt, die einen Anstieg um 500.000 erwartet hatten. Die positive Nachricht ist, dass die Arbeitslosenquote von 5,1% auf 4,8% gesunken ist. »Der Bericht ist schwer zu deuten«, konstatiert ein Experte. »Eine Arbeitslosenquote auf Jahrestief und neue geschaffene Stellen ebenfalls auf Jahrestief passen nicht so recht zusammen.«

Eine nachhaltige Erholung am Jobmarkt gilt als eine notwendige Voraussetzung dafür, dass die US-Notenbank Fed schon bald ihre massiven Konjunkturspritzen niedriger dosieren kann. Deren Chef Jerome Powell hatte gesagt, ihm würde bereits ein »ordentlicher« Arbeitsmarktbericht im September genügen. Die Ampel für den Start eines langsamen Zurückschaltens der Interventionen der US-Notenbank bleibt aber »weiter auf gelb«. Denn die Fed streb einen »substanziellen Fortschritts« am Arbeitsmarkt des Landes an und macht davon abhängig, wie schnell und wie stark sie zunächst ihre massiven Wertpapierkäufe verringert.

Der Chef der Fed hat bereits bislang deutlich gemacht, dass eine deutliche Erholung der lohnabhängigen Beschäftigung eine wesentliche Voraussetzung dafür sei, ob man den Fuß vom bisher »voll durchgedrückten geldpolitischen Gaspedal« nehmen werde. Sollte die Arbeitslosenrate in den nächsten Wochen so schnell wie in der jüngeren Vergangenheit fallen und sich der 4%-Marke nähern sowie die Inflationsrate dann weiterhin deutlich über der eigentlich angestrebten 2%-Marke liegen, käme ein Übergang zu einer schrittweisen Zinserhöhung nicht überraschend.

Die Nachfrage nach Arbeitskräften bleibt groß, da die Unternehmen bestrebt sind, ihre Produktion auszuweiten. Fachleute gehen davon aus, dass es in vielen Branchen zu Engpässen beim Arbeitskräfteangebot kommen wird, selbst wenn die großzügigen Arbeitslosenhilfen nach und nach auslaufen. Diese Situation führt auch dazu, dass viele expansionswillige Unternehmen wie Amazon, McDonalds, Chipotle oder auch Bank of America ihre Löhne erhöhen. Die Durchschnittsvergütungen von Arbeitnehmer:innen in der Produktion und anderen Bereichen der Privatwirtschaft sind im Jahresvergleich um 4,7% gestiegen

Insgesamt erholt sich der Arbeitsmarkt von den Folgen der Corona-Pandemie jedoch nur schleppend. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote sank um 0,4 Prozentpunkte auf 4,8%. Vor der Krise lag sie bei 3,5%. Das als Inflationsindikator geltende Wachstum der Stundenlöhne lag mit 0,6% gegenüber dem Vormonat über den Erwartungen der Expert:innen von plus 0,4%. »Der Stellenzuwachs ist eine große Enttäuschung. Der Arbeitsmarkt erholt sich zwar, bleibt aber zwei Gänge heruntergeschaltet. Inflationsseitig wird der Anstieg der Stundenlöhne bedrohlicher«, so der Kommentar von Wirtschaftsexperten.

Das BIP wird im laufenden Jahr – bei zuletzt leicht eingetrübtem Konsumentenvertrauen aufgrund wieder steigendem Infektionsgeschehen durch die Delta-Variante – um 6,7% wachsen – so stark wie seit 1984 nicht mehr. Im nächsten Jahr wird ein Wachstum von 3,9% prognostiziert, das von einem längerfristigen milliardenschweren Investitionsprogramm der öffentlichen Hand profitieren dürfte. Damit wird das BIP noch im laufenden Jahr über dem vor der Pandemie prognostizierten Wachstumspfad liegen. Die Inflationsrate wird mit 3,7% (2021) und 3,0% (2022) relativ hoch ausfallen, ist aber stark durch temporäre Preisschocks gekennzeichnet.


Billionenschwere Konjunkturprogramme

Die USA stehen mittlerweile ökonomisch besser da als vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Die Konjunkturprogramme in einer Größenordnung von 4,5 Bio. US-$, die in Infrastrukturprojekte von Präsident Joe Biden fließen sollen, fördern nicht nur das Wachstum, belasten allerdings auch die öffentlichen Finanzen. Es handelt sich um zwei separate Gesetzespakete, die der Kongress noch zu bewilligen hat.

Das »Bipartisan Infrastructure Framework« (BIF), das kleinere der beiden Pakete, ist weniger umstritten. Es kombiniert bereits beschlossene Ausgaben und rund 550 Mrd. US-$ an neuen Investitionen über zehn Jahre. In der Summe kostet es mehr als eine Bio. US-$.

  • 110 Mrd. US-$ sind dafür vorgesehen, die maroden Straßen und Brücken in den USA zu sanieren oder zu ersetzen. Laut dem Weißen Haus sind rund 20% der amerikanischen Autobahnen und Straßen – fast 300.000 Kilometer – und 45.000 Brücken in einem schlechten Zustand.
  • 105 Mrd. US-$ sollen in den öffentlichen Nahverkehr sowie das Schienennetz der Passagier- und Frachtzüge investiert werden. Und der öffentliche Verkehr soll umweltfreundlicher werden: Biden möchte Tausende von Fahrzeugen durch solche mit elektrischem Antrieb ersetzen. Mit 7,5 Mrd. US-% soll ein Netzwerk mit Ladestationen für E-Autos aufgebaut werden.
  • 73 Mrd. US-$ sind für den Ausbau und die Erweiterung des amerikanischen Stromnetzes vorgesehen. Weitere 65 Mrd. US-$ fließen in den Ausbau des High-Speed-Internets. Diese Maßnahme zielt insbesondere auf ländliche Gebiete und Haushalte mit geringem Einkommen.
  • Gebiete in Küstennähe sollen mit 50 Mrd. US-$ auf die Auswirkungen des Klimawandels und extreme Wetterereignisse vorbereitet werden.
  • Mit Dutzenden weiteren Milliarden will die Regierung u.a. veraltete Wasserleitungen aus Blei ersetzen und den Zugang zu sauberem Trinkwasser erleichtern, Investitionen in Flughäfen tätigen und verseuchte Industriebrachen sanieren.
  • Zur Finanzierung des BIF will Biden u.a. nicht genutzte, einst für die Bekämpfung der Corona-Pandemie gedachte Gelder heranziehen.

Wie die Bezeichnung »Bipartisan« schon andeutet, sind all diese Maßnahmen bei Demokraten und Republikanern kaum umstritten. Bereits im August hat der Senat das Paket mit 69 zu 30 Stimmen verabschiedet, 19 Republikaner stimmten damals zu – dieser Tage eine Seltenheit in Washington. Dass das Gesetz noch nicht verabschiedet worden ist, hat damit zu tun, dass es die Demokraten mit einem zweiten Paket verknüpft haben.

Es trägt den Namen »Build Back Better Act« (BBB) und ist mit Investitionen von 3,5 Bio. US-$ über zehn Jahre mehr als dreimal so teuer wie das BIF – und höchst umstritten. Es ist eine Zusammenstellung demokratischer Kernanliegen und trifft deshalb bei den Republikanern auf vehemente Ablehnung. Bidens Ziel ist es, damit das amerikanische Sozialsystem deutlich zu erweitern. Die Demokraten sprechen deshalb gerne von Investitionen in »human infrastructure« (menschliche Infrastruktur), wohl wissend, dass Ausgaben für Infrastruktur politisch populärer sind als der Ausbau von Sozialleistungen.

  • Mehr als 700 Mrd. US-$ sollen in Bildung, Erziehung und Gesundheit investiert werden, unter anderem für ein landesweites Vorschulsystem und ein bedingungsloses Kindergeld. Öffentliche Hochschulen sollen während zwei Jahren gebührenfrei sein, außerdem sollen Angehörige von ethnischen Minderheiten mit mehr Mitteln gefördert werden. Ältere Bürger:innen sollen zudem von einer Ausweitung der Krankenversicherungsleistungen profitieren.
  • 332 Mrd. US-$ sind dafür vorgesehen, günstigen Wohnraum zu schaffen und in öffentlichen Wohnungsbau und Nachhaltigkeit zu investieren.
  • Mit 198 Mrd. US-$ will die Regierung ein Programm zur Finanzierung von sauberem Strom schaffen. Dazu gehören auch Investitionen in Klimaforschung und die Subventionierung nachhaltiger Energien.
  • Hunderte weitere Milliarden sollen u.a. der Landwirtschaft, der Forschung, dem Umweltschutz, Kriegsveteranen oder indigenen Gemeinschaften zugutekommen.
  • Ursprünglich wollten die Demokraten auch einen erleichterten Zugang zur Staatsbürgerschaft für papierlose Migrant:innen im Gesetz festschreiben. Doch die für die Verfahrensregeln des Senats zuständige Beamtin pfiff sie zurück: Eine solche Bestimmung könne nicht im Verfahren für Budgetgesetze beschlossen werden.
  • Die Finanzierung des Build Back Better Act will der US-Präsident mit einer Steuererhöhung sicherstellen. Er will Unternehmen, die jährlich mehr als fünf Mio. US-$ Gewinn ausweisen, sowie Privatpersonen mit einem Einkommen von über 400.000 US-$ deutlich höher besteuern.

Schon jetzt ist klar, dass dieses Gesetz im Senat die erforderliche qualifizierte Mehrheit von 60 Stimmen verfehlen wird. Doch die Demokraten wollen diese Hürde umgehen: Die »budget reconciliation« ermöglicht es, einmal pro Jahr Haushalts- und Budgetgesetze mit einfacher Mehrheit zu verabschieden.

Doch auch diese ist noch nicht gesichert. Zwei gemäßigte Demokraten, Joe Manchin und Kyrsten Sinema, wollen dem Gesetz in der vorliegenden Form nicht zustimmen. Das Paket sei mit 3,5 Bio. US-$ Kosten viel zu teuer. Auch Steuererhöhungen lehnen sie ab. Will Joe Biden seine Mega-Projekte durch den Kongress bringen, muss das Gesetz wohl noch einige Federn lassen.


Haushaltskrise ausgestanden?

Am 30.9. ist das amerikanische Haushaltjahr ausgelaufen. Für das nächste Jahr existiert noch kein vom Kongress bewilligtes Budget. Falls das so bliebe, käme es zum berüchtigten Government-Shutdown – der Schließung der meisten Regierungsinstitutionen – und zu unbezahlten Zwangsferien für unzählige Angestellte. In ähnlichen Situationen hat der Kongress schon viele Male einfach ein provisorisches Notbudget verabschiedet, um Zeit zu gewinnen.

Auch dieses Mal gibt es einen Kompromiss: Der US-Kongress hat kurz vor Fristablauf einen drohenden Teil-Stillstand der Regierungsgeschäfte abgewendet. Beide Kammern stimmten für einen Übergangshaushalt bis zum 3. Dezember. Diese Einigung war schwierig, weil die Volksvertreter:innen diverse Aspekte und Vorhaben zu berücksichtigen hatten.

Das Budget ist zum Pfand in einem Streit geworden, der sich um die Anhebung der Obergrenze für die Verschuldung des amerikanischen Staats dreht. Diese Obergrenze wurde bereits im Sommer erreicht, und die Anhebung muss in den nächsten Wochen passieren, sonst droht den USA die Zahlungsunfähigkeit. Die Demokraten wollten das Budget mit dieser Schuldengrenze verknüpfen. Die Republikaner warfen den Demokraten vor, sie würden die Verschuldung mit grenzenlosen Neuausgaben leichtsinnig in die Höhe treiben.

Wenige Stunden vor Ablauf der Frist am 30.9. haben die beiden amerikanischen Kongresskammern dann schließlich doch den Shutdown abgewendet. Mit 65 Ja- zu 35-Nein-Stimmen nahm erst der Senat eine Überbrückungsfinanzierung an, die den Haushalt der Regierung nun bis 3. Dezember finanzieren wird. Kurz darauf stimmte ihr auch das Repräsentantenhaus mit 254 zu 175 Stimmen zu. Das nun verabschiedete Gesetz beinhaltet auch Finanzmittel von 28,6 Mrd. US-$ für die Opfer von Naturkatastrophen und 6,3 Mrd. US-$, um afghanischen Flüchtlingen zu helfen, die in die USA umsiedeln. Nicht darin enthalten waren zunächst neue Möglichkeiten für die Regierung, ihre Schuldenobergrenze auszuweiten.

Der Grund für die Opposition der Republikaner liegt in den dargestellten umfangreichen Gesetzesentwürfen der Demokraten, mit dem sie mit der Hilfe des Budgetprozesses den amerikanischen Sozialstaat in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Kinder- und Altenpflege sowie Ausbildung und Bildung ausbauen und den Klimaschutz verstärken wollen.

Der angestrebte soziale Umbau soll zum größeren Teil durch neue und höhere Steuern finanziert werden. Die Republikaner lehnen das Vorhaben strikt ab. Deshalb müssen es die Demokraten mit ihren sehr knappen Mehrheiten in den beiden Kongresskammern in eigener Regie zum Gelingen bringen. Dazu nutzen sie den Trick der Differenzbereinigung beim Budgetieren (reconciliation). Das wäre selbst dann nicht ganz einfach, wenn sie sich einig wären. Aber sie sind es nicht.

Der US-Kongress hat letztlich auch im Konflikt um eine Aussetzung der Schuldenobergrenze eine Einigung erzielt. Die Demokraten stimmten einem Vorschlag der Republikaner zu, wonach die Schuldenobergrenze für zwei Monate angehoben wird. Die kurzfristige Erhöhung solle 480 Mrd. US-$ betragen. Die Obergrenze würde damit bei 28,9 Bio. US-$ liegen. Später votierte die Kongresskammer für die Aussetzung der Schuldenobergrenze bis Dezember.

Die Übergangslösung der Republikaner zur Anhebung des Schuldendeckels für die laufenden Ausgaben bis Dezember hatte der konservative Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, eingebracht. Sie gebe der Demokratischen Partei Zeit, eine längerfristige Lösung zu finden, hatte McConnell zuvor gesagt. Dieses Vorgehen schütze »das amerikanische Volk vor einer kurzfristigen, von den Demokraten geschaffenen Krise«.

Das Zugeständnis der Republikaner erfolgte, kurz nachdem US-Präsident Joe Biden, US-Finanzministerin Janet Yellen und einige einflussreiche Firmenchefs bei einem runden Tisch vor einem »katastrophalen« Zahlungsausfall der USA gewarnt hatten. Yellen sagte, bei einer Zahlungsunfähigkeit der USA sei eine Rezession »wahrscheinlich«. Wegen der Vorreiterrolle der USA drohten auch weltweite wirtschaftliche Turbulenzen.

Skeptiker:innen fürchten, die Überbrückungsmaßnahme könnte lediglich das Vorspiel für eine weitere Eskalation der finanzpolitischen Konflikte zwischen den Demokraten und den Republikanern in der Vorweihnachtszeit sein. Andere hoffen auf eine konstruktive Lösung.


Wachsende Verschuldung

Zuversichtliche unter den Marktbeobachtern bauen darauf, dass die Demokraten den Aufschub nutzen, um die Schuldenobergrenze im Rahmen einer einseitigen, sogenannten Reconciliation weit genug anzuheben, um die erwarteten Staatsdefizite in den kommenden beiden Jahren oder gar noch länger abzudecken. Fakt ist, dass die Zuspitzung in der Frage der Schuldenobergrenze schon unter Präsident Trump eingeleitet worden war und viel mit der Bewältigung der Corona-Pandemie zu tun hat.

Im ungünstigsten Fall müsste die Regierung große Teile der staatlichen Aktivitäten einfrieren und die Angestellten wenigstens vorübergehend nach Hause schicken. Im Extremfall drohen an den Finanzmärkten Turbulenzen, weil plötzlich die Renditen der Staatsanleihen durch die Decke gehen und das gesamte Bewertungsgefüge durcheinanderbringen könnten. Allerdings wollen das wohl alle vermeiden, so dass die Bedienung der Staatsanleihen bei der Verwendung der verbleibenden Mittel einen gewissen Vorrang erhalten dürfte.

Der aktuelle Boom basiert nicht nur auf den angesparten Rücklagen, sondern auch auf den massiven staatlichen Unterstützungsmaßnahmen. Das fing an mit dem Cares-Act, in dessen Rahmen Präsident Donald Trump vor gut einem Jahr 2.200 Mrd. US-$ in die Wirtschaft pumpte. Das geschah zum Teil in Form von Krediten, von Direktzahlungen oder auch in Form erweiterter Arbeitslosenhilfen sowie staatlicher Unterstützung beim Kauf von Lebensmitteln oder beim Begleichen der Mieten. Später wurde dies durch ein 900-Mrd.-US-$-Konjunkturprogramm ergänzt.

Im März 2021 setzten die Demokraten ein weiteres Hilfspaket im Gegenwert von 1.900 Mrd. US-$ im Kongress durch. Die Schecks an die privaten Haushalte waren breit gestreut, ohne Bedürftigkeitsprüfungen. Zugleich wurden Unternehmen und öffentliche Investitionen gefördert. Konsequenz dieser Ausgabenwelle war eine massive Zunahme der öffentlichen Verschuldung.

Die Demokraten unter Joe Bidens Führung haben Pläne für ein umfangreiches Programm zur Modernisierung der maroden Infrastruktur des Landes vorgelegt. Sie sehen –wie bereits dargestellt – die landesweite Versorgung mit Breitband-Internet, die Renovierung von wichtigen Straßen und Brücken, eine flächendeckende Bereitstellung von sauberem Wasser, Mittel für Kinderbetreuung, kostenlose Vorschulbildung, eine Verlängerung der Steuergutschrift für Kinder sowie bezahlten Urlaub für Familien und Ärzte vor. Diese Vorhaben würden zusammengenommen Präsident Roosevelts New Deal sowohl in der Größe als auch im Umfang übertreffen.

Diese Projekte sind ambitioniert und würden zweifellos die Produktivität der Ökonomie und das Wachstumspotenzial verbessern. Allerdings ist die Finanzierung weitgehend offen, weil die geplanten kräftigen Steuererhöhungen auf heftigen Widerstand bei den Republikanern stoßen. Unter der Administration der Demokraten haben bereits Schritte in Richtung Dekarbonisierung und Klimaneutralität deutliche Fortschritte gemacht. Der nächste Schritt muss jetzt sein, die Konzeption zur Klimaneutralität für alle Sektoren der Wirtschaft und Gesellschaft zu konkretisieren.


Der linke und der rechte Flügel der Demokraten im Clinch

Neben den Kämpfen zwischen Demokraten und Republikanern um den Übergangsetat und die Schuldenobergrenze machen auch interne Auseinandersetzungen bei den Demokraten US-Präsident Biden schwer zu schaffen. Seine Versuche, die Pakete für Investitionen in die Infrastruktur und mit Investitionen für Soziales im Kongress durchzusetzen, werden dadurch erschwert.

So gibt es aktuell einen Machtkampf zwischen dem linken und dem rechten Flügel der Demokraten um den Grad der sozialpolitischen Umwälzungen und um die Höhe der Kosten dafür. Dieser gefährdet das Maßnahmenbündel zur Sanierung der Infrastruktur. Die entsprechende Gesetzesvorlage wurde im Senat schon mit einiger republikanischer Unterstützung verabschiedet. Und sie könnte auch im Repräsentantenhaus eigentlich einfach beschlossen werden, denn die Demokraten verfügen über eine knappe Mehrheit – und eigentlich wäre die Sanierung der Infrastruktur ein Vorhaben, das auch republikanische Unterstützung erhalten sollte.

Doch erstens ist im Repräsentantenhaus die Opposition der Republikaner aus politischen Gründen heftiger als im Senat, die nicht mithelfen wollen, den Demokraten und Präsident Joe Biden einen Erfolg zu ermöglichen.

Zum zweiten hätte mit einer einfachen Zustimmung zum Infrastrukturpaket der linke Flügel der Demokraten kein Druckmittel mehr, um die Gemäßigten in der Partei wiederum zu zwingen, auch für den Ausbau des Sozialstaats zu stimmen. Die Gemäßigten ihrerseits drohen offen damit, dem ehrgeizigen Plan für den Ausbau des Sozialstaats die dringend notwendige Unterstützung zu verweigern, falls der linke Flügel die Infrastrukturvorlage desavouieren sollte.

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