19. April 2025 Redaktion Sozialismus.de: Zum Ostermarsch 2025

»Lernfähig statt kriegstüchtig«

Wenn in diesem Jahr bereits am Gründonnerstag Demonstranten in Erfurt, Freiburg, Königs-Wusterhausen und Regensburg auf die Straße gingen, war das der Protest gegen die aktuelle Aufrüstungshysterie – und zugleich der Auftakt der diesjährigen traditionellen Ostermärsche.

Noch der alte Bundestag und hinter auch der Bundesrat haben für eine Grundgesetzänderung gestimmt; Nicht nur für Investitionen in Infrastruktur, sondern vor allem für Aufrüstung, also für Kriegsvorbereitung, können jetzt unbegrenzt Schulden gemacht werden! Es geht um Hunderte Milliarden Euro.

Die jährlichen Ausgaben für das Militär (im Jahr 2024 waren es 90 Mrd. Euro) sollen auf 150, 200 oder mehr Mrd. steigen – pro Jahr! Die Kehrseite dürften trotz gegenteiliger Beteuerungen der neuen Koalitionspartner Lohn- und Sozialabbau, Einschränkung demokratischer Grundrechte, Verschärfung der Klimakrise und des Artensterbens sowie eine Militarisierung der ganzen Gesellschaft sein.

Die ab dem Jahr 2026 geplante Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen stellt eine neue Qualität der Aufrüstung dar. Es handelt sich um Angriffs-, um Erstschlagswaffen. Die Hyperschallrakete Dark Eagle etwa wäre in ca. zehn Minuten in Moskau. Russlands Antwort ist die Entwicklung einer ähnlichen Rakete namens Oreschnik. Weder der Bundestag noch die deutsche Bevölkerung sind gefragt worden, ob sie die mit Dark Eagle auf den Weg gebrachte Eskalaion wollen. In dieser Situation ist Protest auf der Straße (eine Übersicht über die Ostermärsche in der gesamten Republik gibt es hier) so wichtig wie selten, überlebenswichtig.

Die Friedensbewegung, die sich auf eine lange Tradition der Ostermärsche beziehen kann, versteht sich auch heute als Gegenbewegung aus der Zivilgesellschaft zu »Kriegsertüchtigung» und Militarisierung«, die mittlerweile »alle zivilen Einrichtungen« durchdrungen hat. Das kritisieren die Verbände »Kooperation für den Frieden« und der »Bundesausschuss Friedensratschlag«. In diversen Aufrufen protestieren sie gegen die »extremen Zuspitzungen« der Gegenwart und die »beispiellosen Milliarden-Dimensionen« der Rüstungsausgaben.

Zugleich ist die Friedensbewegung in Deutschland auch 2025 wegen innerer Widersprüche nicht so handlungsfähig wie in früheren Jahren. Grob skizziert gibt es zwei Strömungen: die pazifistische, die jeden Krieg verurteilt, egal von wem er ausgeht. Es existiert auch eine Friedensströmung, die nicht jede Gewalt verurteilt, sondern auf politische Optionen wert legt (zur Problematik »Der Krieg und die Linken« siehe auch die gleichnamige Flugschrift von Peter Wahl). Das macht sich aktuell insbesondere im Ukraine-Krieg und dem Vorgehen der israelischen Rechtsregierung in Gaza geltend.

Schon während der Ostermärsche der vergangenen Jahre entbrannte eine Debatte über die Haltung der Friedensbewegung diesen realen Konflikten. Der scheidende Vizekanzler Robert Habeck von den Grünen nannte den Pazifismus angesichts des Krieges in der Ukraine einen »fernen Traum« und forderte die Demonstranten auf, klar Stellung gegen Wladimir Putins Aggression zu beziehen. Und der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse von der SPD kritisierte das traditionelle Motto »Frieden schaffen ohne Waffen« als «Arroganz gegenüber den Menschen in der Ukraine». Zugleich haben sowohl SPD als auch Grüne den Weg für die massive Aufrüstung der Berliner Republik mitgeebnet.

Weil einige Veranstalter der Ostermärsche die Kriegsbeteiligung Russlands relativierten, zogen traditionelle Unterstützer in manchen Städten schon vorletzte Ostern nicht mehr mit. In Hamburg nahmen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Partei Die Linke vor zwei Jahren erstmals nicht an der Demonstration teil. So spalteten die aktuellen Konflikte und Kriege die Ostermärsche sowie die linke Bewegung.

Angesichts der Ausweitung von Kriegen und Aufrüstung stellt sich dies in diesem Jahr etwas anders dar, ohne dass die Differenzen ausgeräumt sind. Deshalb müsste sich die Ostermarsch- und die Friedensbewegung insgesamt noch stärker als »lernfähig« erweisen, wie es im Motto des diesjährigen Ostermarschs heißt, um die früher ausgeprägte interne Pluralität und Toleranz vollständig zurückzugewinnen.

Allerdings müsste sich dafür einiges verändern. Inhaltlich muss die Bewegung die Rituale überwinden und sich darauf besinnen, alle Kriege und jegliche Gewalt zu verurteilen. Außerdem wäre es an der Zeit, dass sich die Friedensbewegung moderner aufstellt. Die Ostermärsche sind eine sehr traditionelle Veranstaltung, die vor allem vor allem ältere Menschen auf die Straßen und zu Kundgebungen bringt. Angesichts der Tatsache, dass bei der Bundestagswahl viele Jüngere sich für linke politische Optionen engagiert haben, sollte darüber nachgedacht werden, ob es nicht auch neue Methoden und zeitgemäßere Argumentationen zur Diskussion gestellt werden.

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