17. Januar 2022 Redaktion Sozialismus.de | VSA: Team

Rudolf Hickel wird 80

Rudolf Hickel, der sich auch in unserer Zeitschrift zu Wort meldet und an Buchprojekten im VSA: Verlag beteiligt, feiert heute seinen 80. Geburtstag. Dazu gratulieren die Redaktion von Sozialismus.de und das Team des VSA: Verlags ganz herzlich, wünschen vor allem Gesundheit und auch weiterhin die Schaffenskraft, die Rudolf schon lange auszeichnet.

Der seit vielen Jahren in Bremen lebende Wirtschaftswissenschaftler wurde in Nürnberg geboren, wuchs im Schwarzwald auf – was bis heute unschwer zu überhören ist –, und machte sein Abitur am Wirtschaftsgymnasium in Pforzheim. Von 1962 bis 1967 studierte er Wirtschaftswissenschaften an der FU Berlin und an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, wo er Vorsitzender des AStA war.

Im Anschluss arbeitete er in Tübingen bis 1969 als Assistent am Lehrstuhl für Theorie der Volkswirtschaft. Von 1969 bis 1970 war er wissenschaftlicher Assistent am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Universität Konstanz und promovierte zum Dr. rer. pol. mit seiner Arbeit »Ein neuer Typ der Akkumulation«. Ein Buch gleichen Titels, nur mit einem Fragezeichen und dem Untertitel »Anatomie des ökonomischen Strukturwandels – Kritik der Marktorthodoxie« versehen, erschien 1987 als Buch im VSA: Verlag.

1971 erhielt Rudolf Hickel an der gerade gegründeten Universität Bremen, die anfangs als »rote Kaderschmiede« diffamiert wurde, eine Assistenzprofessur, aus der 1974 eine ordentlich Universitätsprofessur für Politische Ökonomie, Staats- und Bildungsökonomik wurde –seit 1993 umgewidmet in einen Lehrstuhl für Finanzwissenschaften. Dort forschte und lehrte Rudolf bis zu seiner Emeritierung 2007. Zudem stand er bis 2009 dem »Institut für Arbeit und Wirtschaft« (IAW) der Universität als Direktor vor und setzte auch von dieser Stelle aus viele Impulse für eine praktische Wirtschaftspolitik im Interesse abhängig Beschäftigter nicht nur im Land Bremen.

Bereits im Jahr 1975 hatte er zusammen mit seinen Kollegen und Freunden Herbert Schui (1940–2016) und Jörg Huffschmid (1940–2009) die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (Memo-Gruppe) aufgebaut und maßgeblich mitgeprägt, deren politisch-theoretische Relevanz und organisatorische Dynamik zudem durch das langjährige und bis heute anhaltende Engagement des Geschäftsführers der Arbeitsgruppe, Axel Troost, befördert wurde.

Nicht nur in diesen Zusammenhang hat sich Rudolf immer in wirtschaftspolitische und politische Debatten eingemischt, sondern auch in eigenen Buchpublikationen, Herausgeberschaften, in Zeitungs- und Zeitschriftenartikel und nicht zuletzt als Mitherausgeber der »Blätter für deutsche und internationale Politik«.

Dort hatte er sich im Oktober 2020 zur Problematik »Die Kosten der Corona-Krise: Wer begleicht die Rechnung?« zu Wort gemeldet, den er für den unter anderem vom ver.di-Vorsitzenden Frank Werneke im VSA: Verlag herausgegebenen Band »Renaissance des Gemeinwohls?« unlängst aktualisierte. Darin umreißt er die Problematik wie folgt:

»Die Corona-Pandemie hat einen fundamentalen Paradigmenwechsel in der öffentlichen Haushaltspolitik erzwungen: Über lange Jahre war die Finanzpolitik auf die Begrenzung der Neuverschuldung beim Bund und eine Nullverschuldung bei den Ländern eingeschworen. Doch die sozial und ökonomisch zerstörerische Gewalt der Corona-Krise hat gleichsam über Nacht zum sprunghaften Anstieg der zu finanzierenden Staatsaufgaben und mit dem Rückgang der Wirtschaft zum Ausgleich von Steuerausfällen geführt. Wie aber wurde auf diesen zuvor unvorstellbaren Finanzierungsbedarf der Gebietskörperschaften sowie der gesetzlichen Sozialversicherungssysteme reagiert? Die fiskalischen Folgen der Corona-Krise haben über Nacht das Dogma vom Staat ohne Neuverschuldung zu Fall gebracht. Wie durch ein Brennglas wurde die bereits seit der Einführung der Schuldenbremse 2009 aufgebrachte Kritik als öffentliche Investitionsbremse, die die Zukunftsverantwortung des Staates torpediert, vergrößert.«

Seine Schlussfolgerung und sein politischer Rat lautet: Es wäre ratsam, einen Corona-Solidarfonds aufzulegen und diesen, »vergleichbar mit dem Lastenausgleichsgesetz von 1952, wiederum auf mindestens 30 Jahre auszurichten. Letztlich handelt es sich dabei um eine Art Vorfinanzierung zur Wiederherstellung stabiler Nach-Corona-Verhältnisse. Diese einmalige Vermögensabgabe leistet auch einen Beitrag zur Generationengerechtigkeit. Der Druck auf die öffentlichen Haushalte, zur Finanzierung der Tilgungsbeträge öffentliche Investitionen zu kürzen, ließe sich verhindern. Damit werden den künftigen Generationen heute die Zukunftsinvestitionen gesichert, die deren ökologische Lebens- und Produktionsverhältnisse verbessern können. Die heute Vermögensstarken ersparen künftigen Generationen Belastungen, die ohne diese Maßnahmen gegen die Corona-Krise weitervererbt werden würden. Dieser Grundgedanke sollte über die Tilgung der Corona-Kosten hinaus die Steuerpolitik zugunsten eines handlungsfähigen Staates bestimmen.«

Zurück