4. Juli 2025 Redaktion Sozialismus.de: Sozialdemokraten rutschen auf 13% ab

SPD im Umfragetief

Die Sozialdemokraten liegen im aktuellen ARD-DeutschlandTrend, der auf Umfragen von infratest-dimap basiert, mit 13% nur knapp über ihrem bisherigen Tiefststand aus dem Jahr 2019 (damals waren es 12%).

Die Unionsparteien CDU und CSU legen nach den Ergebnissen der »Sonntagsfrage zur Bundestagswahl« leicht zu und kommen gemeinsam auf 30% (plus 1). Die AfD liegt unverändert bei 23%. Die Grünen kommen unverändert auf 12%. Die Linke würde 10% erzielen (plus 1). Das BSW würde mit 4% ebenso wie die FDP mit 3% an der 5%-Hürde scheitern. Alle übrigen Parteien kämen gemeinsam auf 5%.

Nach Lars Klingbeils Klatsche mit nur knapp über 64% bei seiner Wiederwahl zum Vorsitzenden auf dem SPD-Parteitag vom vergangenen Wochenende – es stimmten also nicht einmal zwei Drittel der Delegierten für ihn – fällt nun seine Partei auf den schwächsten Wert seit Jahren. Auch die Zufriedenheit mit der schwarz-roten Bundesregierung nimmt weiter ab.

Der Rückgang im DeutschlandTrend bedeutet noch einmal zwei Punkte weniger als im Juni, und damit einen Tiefstand bei Umfragewerten seit langem! Auch für den Ko-Parteichef Klingbeil selbst werden niedrigere Werte ermittelt, nur noch 30% der Befragten mit seiner Arbeit zufrieden – Absturz um neun Punkte, was ihn weiter unter Druck setzen dürfte.

CDU-Chef und Bundeskanzler Friedrich Merz hingegen profitiert mit 42% Zustimmung vermeintlich vom SPD-Niedergang. Der Chef des Markt- und Sozialforschungsinstitut INSA, das regelmäßig für die Bild-Zeitung ebenfalls Daten zur »Sonntagsfrage« erhebt, Hermann Binkert, äußerte gegenüber dem Blatt, der »Abwärtstrend der SPD stellt mittelfristig die Koalition infrage«, zugleich verenge eine »CDU, die ganz bewusst auf SPD-Wähler abzielt, [...] den politischen Spielraum der Sozialdemokraten.«

Die SPD hat Hunderttausende Mitglieder und Millionen Wähler verloren. Und in den Ländern stehen zum Teil Horror-Zahlen für die Partei: In Thüringen flog sie beinahe aus dem Landtag, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern dümpelt sie in der Einstelligkeit. In ihrer einstigen »Herzkammer« Nordrhein-Westfalen erreicht sie nur noch 16%, auch in Schleswig-Holstein ist die CDU mehr als doppelt so stark.

Wir erleben jetzt einen Ko-Parteivorsitzenden der SPD, der zugleich verantwortlicher Finanzminister und Vizekanzler in der schwarz-roten Regierung ist, dessen Image des »netten, großen Teddybären«, das ihm in der Hauptstadt mitunter zugeschrieben wird, der immer freundlich schaut und nicht brüllt, bröckelt gewaltig.

Er brüllt zwar weiterhin nicht, musste aber lernen, immer häufiger »Nein zu sagen«. Mit einem Nein vergräzte er viele verdiente Sozialdemokraten, als es um eine Postenvergabe in der Regierung oder der Bundestagsfraktion ging. Nein hieß es auch gegenüber vielen Minister*innen aus der eigenen Partei, als es jetzt um mehr Geld aus dem Bundeshaushalt für die kommenden Jahre ging.

Und ein klares Nein gab es jetzt auch gegenüber vielen Verbraucher*innen und Kleinbetrieben, die auf eine Entlastung bei der Stromsteuer hofften. Egal, wie oft er nun betont, dass es zu anderen Entlastungen ja noch kommen und wie viel Geld in die Modernisierung der Infrastruktur gesteckt werde, wie das ja alles im Koalitionsvertrag mit dem Finanzierungsvorbehalt schon stehe, also auch mit dem Bundeskanzler so vereinbart war – das häufige Neinsagen bekommt Klingbeil und seiner Partei nicht gut. Auch sein Plan, als »Investitionsminister« dazustehen, geht nicht auf, da weder die Bevölkerung noch die Wirtschaft Entlastungen und Investitionsversprechen spüren können.

Stattdessen steht Klingbeil und die SPD nach den vergangenen beiden Wochen geschwächt da – nach harten Haushaltsverhandlungen, der Tatsache, dass die Mindestlohnkommission unter der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Erhöhung auf 15 Euro blieb, und einem Streit in der Koalition um Strompreissenkungen. Können die SPD und ihre Vorsitzenden Klingbeil und Bärbel Bas in dieser Koalition noch profilieren? Oder geht es nun nur noch weiter bergab?


Wofür steht die SPD gerade noch?

Wer den Parteitag der SPD in der vergangenen Woche verfolgt hat, musste sich schon da diese Frage stellen. Das, was sie im Wahlkampf noch plakatierte – »Soziale Politik für Dich« und »Veränderung« –, konnte man auf dem Parteitag zumindest in Äußerungen der Parteiführung kaum hören. Absehbar ist, dass die Partei ihre Wahlversprechen in der schwarz-roten Koalition nicht umsetzen kann.

Eine Reform der Einkommenssteuer wird es so mit der Union als Koalitionspartner nicht geben, das musste Klingbeil auf dem Parteitag selbst einräumen. Und eine Vermögenssteuer bleibt – wie so oft – ein Traum des linken Flügels der SPD.

Stattdessen setzt die SPD eine harte Koalitionsentscheidung nach der anderen um – nach dem Motto im Subtext, es gebe schon aus staatspolitischer Verantwortung aktuelle keine Alternative zur Schwarz-Rot. Und der linke Flügel in der Partei wird immer unruhiger. So war es keineswegs ein Unfall, dass Klingbeil von einem Teil der Delegierten auf dem Parteitag mit dem historisch schlechten Ergebnis abgestraft wurde. Seiner Bewerbungsrede fehlten konkrete Ideen, wie es in Zukunft für die Partei anders laufen könnte. Zudem sind die großen sozialdemokratischen Themen – wie eine Reform der Rente oder des Bürgergeldes – im Koalitionsvertrag in Kommissionen verschoben worden, als dass die neue SPD-Ko-Vorsitzende Bas schon konkret damit in der Partei und vor allem der Bevölkerung punkten kann.

Die Kluft sei größer geworden – zwischen der Parteizentrale Willy-Brandt-Haus und der Parteibasis sowie der Bevölkerung – hieß es dann doch recht oft auf dem Parteitag. Von »Pseudodebatten«, keiner offenen Debatte über das »Manifest« aus den SPD-Friedenkreisen und einer »Pseudoaufarbeitung« des schlechten Wahlergebnisses sprach so mancher Sozialdemokrat. Wie solle man denn zu Hause noch erklären, wofür die SPD gerade genau steht? Wie könne man denn das Vertrauen in der Bevölkerung zurückgewinnen, wenn man sozialdemokratische Themen nicht wirklich zuspitzt und erklärt, wie man sie umsetzen kann?

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