8. August 2018 Joachim Bischoff

Trump will den Konflikt mit dem Iran

Foto: The White House (Public Domain)

Mit erneuten Wirtschaftssanktionen gegen den Iran verschärft Donald Trump trotz des Widerstands der EU und der anderen Signatarmächte des Iran-Atom-Abkommens den Konflikt mit der Regierung in Teheran.

Die internationalen Sanktionen waren durch das Abkommen mit dem Iran ausgesetzt. Der Iran hat die internationalen Rahmenbedingungen für Atomtechnologie eingehalten. Trump hat mit dem Großteil der rechtskonservativen politischen Klasse der USA das Abkommen bekämpft und einseitig aufgekündigt.

Das Atomabkommen von 2015 und die anschließende Aussetzung der Sanktionen waren für viele Iraner*innen ein Hoffnungsschimmer, dass sich ihre Lebensverhältnisse verbessern würden. Präsident Hassan Rohani hat die Hoffnung auf einen wirtschaftlichen und demokratischen Aufbruch in den letzten Jahren nur ganz schleppend umsetzen können. Irans Wirtschaftskrise war stets auch das Ergebnis einer starken Zerrissenheit der politischen Klasse – die konservativen Kräfte blockierten demokratische Reformen. Die chronische wirtschaftliche Krise war zum Großteil auf das Ergebnis von Misswirtschaft, religiös basierter Klientelwirtschaft und Korruption zurückzuführen.

Die einseitige Aufkündigung des Atomabkommens mit Iran durch Präsident Trump Anfang Mai löste den Countdown zur Wiedereinsetzung früherer Wirtschaftssanktionen aus. Ziel der Aufkündigung des Abkommens durch die USA und der neuen Sanktionen sei es, »maximalen wirtschaftlichen Druck« auf das ökonomisch bereits angeschlagene Land auszuüben, so Trump. Die Konfrontation habe den Zweck, die iranische Regierung vor eine Alternative zu stellen: Entweder das bedrohliche, destabilisierende Verhalten zu ändern und wieder in die Weltwirtschaft integriert zu werden, oder weiter den Pfad wirtschaftlicher Isolation zu gehen.

Betroffen von den Sanktionen sind vor allem die Geschäftspartner des Iran in den Ländern außerhalb der USA. Da das grundsätzliche Handels- und Investitionsverbot für US-Akteure von 1995 auch nach dem Atomabkommen mit Iran galt, erreichte das amerikanisch-iranische Handelsvolumen selbst in den Jahren 2016 und 2017 nur 200 Mio. US-Dollar. Betroffen sind in erster Linie europäische Firmen, beispielsweise in Frankreich, dem zweitwichtigsten Handelspartner Irans.

Mit der Wiederbelebung der Sanktionen wollen die USA unter anderem erreichen, dass der Iran keine US-Dollar erwerben und nicht mehr mit Gold und Edelmetallen handeln kann. Der Handel mit bestimmten Metallen, Rohstoffen und Industriesoftware soll unterbunden werden. Passagierflugzeuge und Flugzeugteile sollen nicht mehr an den Iran geliefert werden. Auch der iranische Automobilsektor ist betroffen.

Mit weiteren Sanktionen im November soll dann die wirtschaftliche Strangulation verstärkt werden. Ölimporte anderer Länder aus dem Iran sollen möglichst komplett unterbunden werden. Zugleich soll der internationale Zahlungsverkehr mit dem Iran lahmgelegt werden.

Trump beschuldigte die »mörderische Diktatur« in Teheran, Blutvergießen, Gewalt und Chaos zu verbreiten. »Bis heute bedroht der Iran die Vereinigten Staaten und unsere Verbündeten.« Der US-Präsident warf dem Iran Unterstützung von Terrorismus vor und will alle Staaten mit der Macht der US-Ökonomie nötigen, sich den US-Sanktionen anzuschließen. Trump hat die USA inzwischen in eine gegen Iran gerichtete informelle Koalition eingereiht, deren wichtigster Fürsprecher seit Langem der israelische Ministerpräsident Netanyahu ist. Dazu zählen ferner Saudi-Arabien und gewisse Golfstaaten.

Trump zeigte sich zufrieden darüber, »dass viele internationale Firmen bereits ihre Absicht verkündet haben, den iranischen Markt zu verlassen«. Mehrere Staaten hätten angekündigt, die Einfuhr von Rohöl aus dem Iran zu reduzieren oder zu beenden. Trump hatte im vergangenen Mai den einseitigen Ausstieg der USA aus dem Atomdeal verkündet. Er kritisiert, die Vereinbarung sei untauglich dafür gewesen, den Bau einer Atombombe zu verhindern, und habe die Regierung in Teheran noch dazu mit Geld versorgt.

Rohani bekräftigte nun, der Iran wolle am Atomabkommen festhalten. »Wir werden trotz der Sanktionen der Welt zeigen, dass wir unser Wort halten und uns an internationale Verträge halten«, sagte Rohani. Der iranische Präsident begrüßte die Reaktion der Europäer, von denen er nun konkrete Maßnahmen erwarte. Er fügte hinzu, Russland und China hätten zugesagt, den Iran beim Verkauf von Rohöl zu unterstützen. Bemerkenswert ist, dass Rohani trotz der scharfen Sanktionen gesprächsbereit bleibt. »Wir haben in unserer Geschichte bewiesen, dass wir für Gespräche immer offen sind.« Er fügte hinzu: »Ich habe keine Vorbedingungen.«

Rohani machte aber deutlich, dass es ihm bei einem solchen Gespräch um andere Inhalte ginge als Trump: »Falls die Amerikaner heute bereit sind, können sie darüber sprechen, wie sie die Schulden des Irans im Zusammenhang mit ihrer Einmischung seit 1953 bezahlen wollen. Wir müssen wissen, wie sie das bezahlen wollen. Die USA schulden uns etwas und müssen sich entschuldigen, nicht wir uns bei ihnen.«

Die Blockadepolitik der USA wird die Krise der Islamischen Republik massiv verschärfen. Schon jetzt kommt es verschiedentlich zu internen Unruhen, bei denen Teile der Bevölkerung ihren Zorn auf die ungerechte Wohlstandsverteilung, die horrenden Preissteigerungen, den akuten Wassermangel, die Arbeitslosigkeit oder die Korruption ausdrücken. Die breite Unzufriedenheit von streikenden Lastwagenfahrer*innen und Minenarbeiter*innen, verbitterten Bauern, Basarhändler*innen ist für niemanden mehr zu übersehen.

In den letzten sanktionsfreien Jahren sind große Hoffnungen auf eine politische Liberalisierung und eine wirtschaftliche Erneuerung entstanden. Aber der reformorientierte Präsident konnte sich nicht durchsetzen. Anstatt in die nationale Infrastruktur zu investieren, wurden viele Milliarden US-Dollar im Ausland durch Teherans kostspielige und aggressive Regionalpolitik verschwendet. Der vom Westen als »moderat« geadelte Präsident muss heute als gescheiterte Figur gelten – für seine Anhänger, die den Glauben an Rohanis Reformversprechen verloren haben, wie für die Hardliner innerhalb des Regimes, die von Anfang an gegen diese Politik Sturm liefen.

Das Ziel der Administration Trump ist offenkundig eine Verschärfung der Wirtschaftskrise und der damit einhergehenden Proteste. Die Iraner*innen sollen sich erheben und einen Regimewechsel von innen herbeiführen. Das bisherige Ausmaß der Unzufriedenheit sieht Trump schon als Bestätigung seines Kurses. Das Regime steht mit dem Rücken zur Wand, aber man sollte sich keinen Illusionen hingeben. Gewinnen die Proteste an Intensität, wird es mit der relativen Zurückhaltung der iranischen Sicherheitskräfte vorbei sein. Der Sicherheitsapparat ist in den letzten Jahren auch massiv aufgerüstet worden. Angesichts der Bedrohung von außen wird es auch der unfähigen Administration wieder erleichtert, die verschiedenen Gruppierungen innerhalb des Regimes für das Ziel der Verteidigung des Systems der Islamischen Revolution zusammenzuführen. Die Islamische Republik steckt in einer umfassenden Krise. Gleichwohl ist der Regime-Change von Trump nicht nur ein klarer Bruch internationaler Abkommen und des Völkerrechts. Die Erwartung, auf diese Weise eine Befriedung in der Region und eine Stabilität für Saudi-Arabien und Israel durchsetzen zu wollen, ist absurd.

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