Gesundheit und Geld
Ökonomisierung der Medizin
Anfälligkeiten des Gesundheitssystems
Wege zur Humanisierung
Sozialismus.de Supplement zu Heft 4 / 2020
60 Seiten | 2020 | EUR 7.00
ISBN 978-3-96488-068-0
Kurztext: Die dramatische Ausbreitung des Coronavirus zu einer Pandemie auch hierzulande macht das Spannungsfeld deutlich, in dem das aktuelle Geschehen im bundesdeutschen Gesundheitssystem zu betrachten ist. Sie unterstreicht die Notwendigkeit einer sachkundigen und von rationalen Argumenten getragenen öffentlichen Debatte über gesundheitliche Risiken und die Grenzen der Medizin. Zu beidem will dieses Supplement zu Gesundheit und Geld, zu den Anfälligkeiten des Gesundheitssystems, zur Ökonomisierung der Medizin und Wegen zu deren Humanisierung beitragen.
»Die Tatsache, dass mit der Behandlung kranker Menschen viel Geld verdient werden kann, wird als Gefahr für die Qualität der medizinischen Versorgung gesehen. Das gilt erst recht für die Pharmaindustrie. (...) Es gibt massive Bestrebungen, nicht nur den medizinisch-industriellen Komplex, sondern auch Krankenhäuser und Arztpraxen zu Renditeobjekten zu machen. (...) Auch in Non-Profit-Einrichtungen des Gesundheitswesens gibt es problematische Entwicklungen. Jedes Provinzhospital kämpfe ›mit teils fragwürdigen Mitteln um sein wirtschaftliches Überleben‹, konstatiert die Süddeutsche Zeitung (10.9.2019). (...)
Die Warnung vor einer Überlagerung der Medizin durch finanzielle Interessen ist berechtigt. Das Problem ist nur, dass sich das Gesundheitswesen zu einem großen Wirtschaftszweig entwickelt hat, in dem in Deutschland 5,5 Millionen Erwerbstätige mehr als 11% des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften. (...)
Deshalb geht es (...) auch um wirtschaftliche Interessen der dort aktiven Institutionen und Berufe. Daraus entsteht ein Spannungsverhältnis von medizinischer Verantwortung und Erwerbsstreben, das unvermeidlich ist, wenn allen Bürgerinnen und Bürgern eine umfassende medizinische Versorgung zur Verfügung stehen soll. Die ist ohne die Professionalisierung der Medizin nicht zu haben. Daher kann das moderne Gesundheitswesen keine ökonomiefreie Zone sein.«
Inhalt
1. Ökonomisierung als Kampfbegriff
2. Die säkulare Expansion des Gesundheitswesens
3. Was ist ökonomisches Denken?
4. Marktversagen im Gesundheitswesen
4.1 Das Mantra von den zu hohen Sozialabgaben
4.2 Ökonomische Vorteile der GKV
4.3 »Moral Hazard«: Falsche Theorie, untaugliche Konzepte
4.4 Politische Rhetorik: »Mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen«
5. Entgeltsysteme im deutschen Gesundheitswesen
5.1 Besonderheiten des deutschen Gesundheitswesens
5.2 Vergütung ambulanter ärztlicher Leistungen
5.3 Krankenhausfinanzierung: Die Fallpauschalen als Sündenbock
5.4 Profitable Arzneimittelversorgung
6. Wege zur humanen Medizin
6.1 Evidenzbasierte Medizin
6.2 Versorgungsqualität und Patientenorientierung
Literatur
Abkürzungen
Der Autor
Hartmut Reiners, Volkswirt und Gesundheitsökonom, war viele Jahre in verantwortlichen Positionen in den Gesundheitsministerien der Länder tätig. Seit 2009 ist er freier Publizist, seit 2020 Mitglied des Herausgeberkreises von MAKROSKOP. Letzte Buchveröffentlichungen: Privat oder Kasse? Politische Ökonomie des Gesundheitswesens, Hamburg 2017; »Mythen der Gesundheitspolitik«. 3. vollständig überarbeitete Auflage, Bern 2018.