24. Oktober 2019 Friedrich Steinfeld: Bruch des Völkerrechtes, Zerfall der NATO und Lähmung Europas

Dritte Invasion der Türkei in Syrien

Während die Weltöffentlichkeit angesichts der Eskalation des von den USA vom Zaun gebrochenen Konflikts mit dem Iran noch immer den Atem anhält, wird mit der (erneuten) Invasion türkischer Truppen in Syrien die Glut eines älteren, gleichwohl äußerst bedeutsamen Konfliktherdes im weltpolitischen Pulverfass Naher und Mittlerer Osten – des kleinen Weltkrieges in Syrien – zum Feuer entfacht.

Nach dem von US-Präsident Trump bereits mehrfach angekündigten und nun tatsächlich begonnenen Rückzug amerikanischer Truppen (in einer Stärke von ca. 1.000 Soldaten) aus dem Norden Syriens, wo sie bislang die kurdischen Milizen der »Volksverteidigungskräfte« YPG im erfolgreichen, aber auch verlustreichen Kampf gegen den »IS« unterstützt hatten, haben türkische Truppen ihre dritte Invasion in Syrien, die »Operation Friedensquelle«, begonnen.

Sie richte sich, so der türkische Präsident Erdoğan, gegen die »Terroristen von PKK/YPG und IS«, also gegen Kurden und die Terrormiliz des »IS«. Ziel der Operation sei es, die Schaffung eines »Terrorkorridors entlang der südlichen Grenze« der Türkei zu verhindern. Der türkische Außenminister versicherte, die Operation finde innerhalb des Rahmens statt, den das Völkerrecht und die Resolutionen des Sicherheitsrates der UN vorgäben. Entgegen dieser türkischen Lesart handelt es sich bei allen drei Invasionen der Türkei in Syrien allerdings um einen eindeutigen Bruch des Völkerrechts. Der jetzt erfolgte dritte Angriff auf den Norden Syriens ist der weit- und zugleich folgenreichste.

Syrien – ein zerfallener Staat

Der kleine Weltkrieg in Syrien wurde zwar militärisch durch den syrischen Machthaber Assad mit massiver Unterstützung Russlands in einem auch für die Zivilbevölkerung äußerst brutalen Kriegsverlauf entschieden, Syrien ist aber nach wie vor ein »failed state«. Das Land wurde bisher nicht befriedet, und seine politische Einheit ist nach wie vor reell nicht existent. Syrien ist vor allem im Norden in viele Gebiete zerfallen, über die das Assad-Regime in Damaskus keine politische Macht ausübt.

Friedrich Steinfeld ist Diplom-Psychologe, Supervisor und Mediator sowie Autor des im VSA: Verlag 2016 erschienenen Buches »Religiöser und politischer Fundamentalismus im Aufwind. Die Sehnsucht nach Identität« und des Supplements von Sozialismus.de zu Heft 2-2019 »Der Nahe und Mittlere Osten als weltpolitisches Pulverfass«.
Zum Thema dieses Beitrags siehe auch Redaktion Sozialismus: »Der türkische Autokrat eröffnet einen neuen Krieg«, Sozialismus.deAktuell vom 11.10.2019.

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