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15. März 2021 Joachim Bischoff/Björn Radke: Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz

Desaströses Ergebnis für die CDU

Foto: dpa

Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz markierten den Auftakt zum »Superwahljahr« 2021 mit den Bundestagswahlen im September. In beiden Bundesländern hat die CDU historische Niederlagen eingefahren. Die Grünen konnten sich dagegen behaupten bzw. verbessern.

Die SPD saugt aus dem Erfolg von Mau Dreyer in Rheinland-Pfalz ein wenig Hoffnung auf bessere Zeiten, die allerdings durch das ebenfalls historisch schlechte Ergebnis in Baden-Württemberg deutlich relativiert wird. Die Wahlbeteiligung ist in beiden Bundesländern deutlich (Baden-Württemberg um 6,6, % auf 63,8%, in Rheinland-Pfalz um 6,0% auf 64,4%) zurückgegangen.


Baden-Württemberg: Historische Niederlage der CDU

Baden-Württemberg war jahrzehntelang eine schier uneinnehmbare Hochburg der CDU. Seit 2011 ist diese bürgerliche Partei jedoch auf Talfahrt. Bei der letzten Landtagswahl 2016 waren die Grünen auf 30,3% gekommen, die CDU auf 27,0%, die AfD auf 15,1%, die SPD auf 12,7%, die FDP auf 8,3%, die Linke auf 2,9% und die anderen Parteien zusammen auf 3,7%. Bei den Landtagswahlen 2021 ist erneut eine zweifache Transformation erfolgt: Die politische Linke (SPD und Linkspartei) hat weiter an Rückhalt in der Bevölkerung verloren und die CDU mit einem Wahlergebnis von 24,1% einen weiteren Tiefpunkt zu verarbeiten.

Nach zehn Jahren an der Regierung sind die Grünen mit einem Stimmenanteil von 32,6% klarer Wahlsieger. Sie werden abermals als stärkste Kraft den Ministerpräsidenten stellen. Winfried Kretschmann ist der bundesweit bekannte und einzige grüne Ministerpräsident. Unter ihm haben die Grünen die jahrzehntelange Dominanz der Christdemokraten in Baden-Württemberg gebrochen. 2011 kamen die Grünen erstmals an die Macht, damals erreichte sie nach der Nuklearkatastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima und den Protesten gegen das Bahnhofprojekt »Stuttgart 21« rund 24%. 2016 zogen sie Grünen dann mit über 30% an den Christdemokraten vorbei.

Kretschmanns Koalition mit den Christdemokraten gilt ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl zudem als Testlauf für Schwarz-Grün im Bund. In den vergangenen fünf Jahren haben die Grünen etliche Programmpunkte im Bereich der ökologischen Transformation durchsetzen können. So gibt es nun eine Pflicht zum Bau von Solaranlagen auf Bürogebäuden oder ein Gesetz zur Stärkung der Biodiversität (Schutz der Insekten). Die Anliegen bei der Ausrichtung auf Nachhaltigkeit wurden in einer Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs und Fahrradschnellstraßen umgesetzt.

Doch es gab auch reichlich Konfliktstoff vor allem um die Industriepolitik (Automobil und Maschinenbau). In einem Bundesland, dessen Wohlstand maßgeblich an den 440.000 Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie hängt und in dem der Wohlstand der Gemeinden an große Namen wie Daimler, Porsche, Bosch oder ZF Friedrichshafen gekoppelt ist, wäre ein harter Ökologe an der Spitze der Regierung vermutlich gescheitert.

Kretschmann kämpfte in der grünen Partei für eine langfristig angelegte, aber geschmeidige Transformation der industriellen Basis. Wer sich heute unter Manager:innen aus der südwestdeutschen Automobilindustrie nach dem Verhältnis zu den Grünen erkundigt, der hört viel Zustimmung und kaum eine schroffe Ablehnung. Kretschmann habe sich vielfach für die Belange der Industrie eingesetzt und einen Umbau ermöglicht. Regelmäßig treffen sich Hersteller und Zulieferer zu Gesprächen mit der Landesregierung.

Baden-Württemberg hat mit 4,4% (Februar 2021) eine der bundesweit niedrigsten Arbeitslosenquoten, nur Bayern steht zurzeit etwas besser da. 2019 erwirtschaftete der Südwesten mit seinen rund elf Mio. Einwohner*innen das bundesweit dritthöchste Bruttoinlandprodukt. Doch das Land steckt mitten in einem Strukturwandel. Der Wechsel vom Verbrennermotor hin zum Elektroantrieb hat in einigen Unternehmen bereits zu einem Abbau von Arbeitsplätzen geführt. Für die Branche geht es in den kommenden Jahren darum, bei der Entwicklung von E-Autos international nicht den Anschluss zu verlieren.

Die Sozialdemokratie, in diesem Bundesland lange Jahre auf Platz zwei, konnte an dieser großen Transformation in Richtung Nachhaltigkeit nicht partizipieren. Die SPD hat nicht einmal ihr miserables Ergebnis von 2016 verteidigen können und rutscht auf 11,0% ab. Die AfD, die von massiven inneren Auseinandersetzungen und Intrigen durchzogen ist, musste deutliche Verluste von 5,4% hinnehmen, liegt aber mit 9,7% nur knapp hinter der Sozialdemokratie. Spitzenkandidat der AfD ist der Fraktionschef Bernd Gögel. Der 66-jährige Logistikunternehmer setzte sich erst Ende Januar in der Stichwahl gegen Emil Sänze durch, der als Anhänger des offiziell aufgelösten völkischen »Flügels« gilt. Gögel übernahm nach der Spaltung der Fraktion 2017 von Jörg Meuthen den Vorsitz und versucht seitdem, die Flügelkämpfe zu managen. Mit 23 Mandaten zog die AfD 2016 erstmals in den Landtag ein. Nach mehreren Austritten aus der Fraktion waren es am Ende der Legislatur noch 15. Angesichts des parteiinternen Zustandes ist der erneute Einzug mit 17 Mandaten eine Blamage für die demokratische Kultur.

Die FDP, die gerne Baden-Württemberg als ihr Stammland plakatiert, kann sich leicht verbessern. Die Linkspartei versinkt weiter in der politischen Bedeutungslosigkeit und dürfte auf absehbare Zeit in der öffentlichen Diskussion über Landtagsthemen keine Rolle spielen.

Vom Wahlergebnis her spricht alles dafür, die Regierungskoalition Grün-Schwarz zu verlängern. Allerdings bleibt die Herausforderung an die langjährige Führungskraft des bürgerlichen Lagers, ihre Erneuerung voranzubringen. Sie hat dieses Ziel eindeutig verpasst. Mag sein, dass die Empörung über die Geschäfte mit medizinischen Masken einiger CDU-Bundestagsabgeordneter auch Prozentpunkte gekostet hat. Ausschlaggebender für den Niedergang ist, dass die Union keine Zukunftskonzeption für die Entwicklung des Bundeslandes anzubieten hat.

Obwohl Baden-Württemberg eine Hochburg der Corona-Leugner:innen ist, schlägt sich die unüberhörbare Kritik in Teilen der Bevölkerung an den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung nicht wesentlich bei den Oppositionsparteien nieder. Widerspruch erfahren die Anti-Corona-Maßnahmen vor allem aus dem Lager der AfD (70%), ebenso aus Teilen der FDP-Anhängerschaft (51%) sowie in der Wählergruppe der sonstigen Parteien (58%). Vor allem die AfD hat sich zum politischen Sprachrohr dieses Protestes aufgeschwungen.

Seit zehn Jahren regieren die Grünen mit der CDU, wobei Kritik weniger in den konservativen Wähler:innen-Milieus als in den grünen Sektoren aufkommt. Letztlich hat sich aus der Kritik heraus, dass die Grünen beim Klimaschutz zu mutlos seien, die »Klimaliste« gegründet, die bei der Landtagswahl ohne spürbare Resonanz (0,88%) blieb. Der alte und vermutlich neue Regierungschef Kretschmann, steht für einen Kurs von ökologischen Trippelschritten und Rücksichtnahme auf die Belange der großen Autoindustrie – man dürfe die Autoindustrie nicht »strangulieren«. Vergangenes Jahr wollte er den Autoherstellern mit einer »Verbrennerprämie« durch die Covid-19-Pandemie helfen. Und er hält es für »Schwachsinn«, schon ab 2030 nur noch E-Autos zuzulassen.

Die Basis der Grünen murrt zwar hin und wieder über diesen Kurs in Sachen Automobil, aber allzu starken Gegenwind von dort gibt es nicht. Kritik kommt eher von einigen Umwelt- und Naturschutzverbände, die von der grünen Verkehrs- und Klimaschutzpolitik in Baden-Württemberg zunehmend enttäuscht sind. »Die Autoindustrie wird in Deutschland zu sanft angefasst und auch von Winfried Kretschmann würde ich mir hin und wieder mal ein deutlicheres Wort wünschen«, sagt Johannes Enssle, der baden-württembergische Landesvorsitzende des Naturschutzbunds Deutschland (NABU).

Andererseits sei die Bilanz nach zehn Jahren grüner Regierung auch kein völliger Misserfolg. Kretschmann und seine Partei hätten einige ihrer Ziele umgesetzt. Als Beispiele nennt Enssle den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Radwegenetzes, die Einrichtung des Nationalparks Schwarzwald und die Verdreifachung der Ausgaben für Naturschutz. Der Ausbau der Windkraft hat sich allerdings in Baden-Württemberg verlangsamt. Die Windräder sind für Kretschmann und die Naturschützer:innen ein schwieriges Thema, weil hier grüne Energiepolitik und Naturschutz kollidieren. Eine »grüne Revolution« gab es in den zehn Kretschmann-Jahren nicht, dafür sei Baden-Württemberg das falsche Pflaster. »Veränderungen können in Baden-Württemberg aufgrund der konservativen Prägung nur in kleinen Schritten vollzogen werden.«

Entsprechend fehlt es auch an einer nachhaltigen Sozial- und Wohnungspolitik. Frauen waren laut Statistischem Landesamt im Jahr 2019 in Baden-Württemberg mit knapp 17% häufiger armutsgefährdet als Männer mit knapp 15%. Einen besonders hohen Anteil armutsgefährdeter Personen gab es dabei in der Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren. Der finanzielle Unterschied zwischen Männern und Frauen zeigt sich in dieser Gruppe noch deutlicher: Mehr als 20% der über 65-jährigen Frauen sind von Armut gefährdet, also mehr als jede fünfte Frau im Rentenalter. Bei den Männern sind es 15%. Zudem hat die Armutsgefährdung in dieser Altersgruppe in den letzten zehn Jahren überdurchschnittlich zugenommen – nämlich um 3,5%.

Altersarmut sei heute schon weiblich, die Tendenz werde in Zukunft noch steigen, so Ursel Wolfgramm, die Vorstandsvorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands in Baden-Württemberg. Bei verheirateten Frauen könne das auch zu einer finanziellen Abhängigkeit vom Partner führen. Um im Alter ein Leben in Würde sicherzustellen, fordert der Paritätische vorbeugende arbeitsmarktpolitische Maßnahmen schon für junge Frauen. Man brauche einen Mindestlohn, von dem man leben könne, und später eine Rente, die zum Leben reiche, so der Verband.

Der südbadische Bezirksverband der IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) warnt vor einem Rückschritt bei der Gleichberechtigung. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie habe die Arbeitssituation von Frauen spürbar verschlechtert. Denn sie würden besonders häufig in Minijobs arbeiten und seien in Krisenzeiten deshalb kaum geschützt. Geringfügig Beschäftigte gingen nicht nur beim Kurzarbeitergeld leer aus, sondern würden auch schneller entlassen, kritisierte die IG Bau. Im Kreis Lörrach seien beispielsweise 60% der Minijobs von Frauen besetzt. Im Bereich der Gebäudereinigung liege der Frauenanteil sogar bei 75%. Der Verband plädiert daher dafür, Minijobs künftig sozialversicherungspflichtig zu machen.

Sinkende Einkommen durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sowie der Wegfall von Beschäftigungsverhältnissen am unteren Rand brächten Menschen in Zahlungsnöte. Viele von ihnen verschuldeten sich. »Das verschärft die Lage der armutsgefährdeten Menschen in unserem Land«, warnte die Vorsitzende der Liga der Freien Wohlfahrtspflege, Annette Holuscha-Uhlenbrock.

Wie viele Menschen im Land wohnungslos sind, lässt sich allerdings nur schwer sagen. Konkretere Zahlen zu den Betroffenen liegen laut Liga seit sieben Jahren nicht mehr vor und sind mit bundesweitem Fokus erst für das Jahr 2022 geplant. Der Dachverband der baden-württembergischen Sozial- und Wohlfahrtsverbände rechnet damit, dass die Zahl der Menschen in Wohnungsnot deutlich gestiegen ist.

Kretschmann hat es im Wahlkampf vermieden, sich auf eine Koalition festzulegen. Neben der Fortsetzung von Grün-Schwarz wäre auch eine sogenannte Ampelkoalition aus Grünen, SPD und FDP denkbar. Die Liberalen haben jüngst immer wieder deutlich gemacht, dass sie zu Sondierungsgesprächen bereit wären. Allerdings würden mit einer solchen Regierungskoalition die neuralgischen Punkte –differenzierte Industriepolitik, Umbau in nachhaltigeres Wirtschaften, Armutsbekämpfung und eine Offensive im Mietwohnungsbau – auch nicht bewegt.

In Baden-Württemberg haben sich in der politischen Willensbildung erneut die ökologischen Präferenzen ausbreiten können. Soweit es den Grünen gelingt, in ihrer politischen Programmatik neben der ökologischen Transformation die sozialstaatlichen Problemfelder in der politischen Kommunikation weiter zu stärken,[1] werden auch die weiteren Landtags- wie die Bundestagswahl durch diesen Wahltrend geprägt werden.


Kein Kurswechsel in Rheinland-Pfalz

Auch bei den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz zeigt sich die gewachsene Bedeutung der ökonomischen Problemdimension: Die Grünen können zulegen, sind aber nicht der dominierende Faktor in der politischen Arena. Bei der letzten Landtagswahl 2016 hatte die SPD 36,2% erreicht, die CDU 31,8%, die AfD 12,6%, die FDP 6,2%, die Grünen 5,3%, die Linke 2,8% und die anderen Parteien zusammen 5,1%.

Seit acht Jahren ist Malu Dreyer Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Kaum eine Politiker:in der SPD ist so beliebt wie sie. Der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, holte sie im Jahr 2002 in das Kabinett als Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit. 2013 wurde sie von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Ministerpräsidentin gewählt und 2016 wiedergewählt. Sie regierte bisher mit einer Koalition aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Malu Dreyer ist der wichtigste Grund zur Erklärung der relativen Stabilität der sozialdemokratischen Stimmanteile in diesem Bundesland. Sie erreichte einen Stimmenanteil von 35,7% (-0,5%) Auch in Rheinland-Pfalz zeigt sich der chronische Abwärtstrend der Sozialdemokratie. Allerdings gefährden die nur geringen Verluste nicht die führende politische Rolle dieser Partei in diesem Bundesland.

Die CDU hat mit 27,7% (-4,1%) auch in Rheinland-Pfalz ihr in der Nachkriegsgeschichte schlechtestes Ergebnis erreicht. Bemerkenswert ist die deutliche Erholung des Stimmanteils der Grünen, die nunmehr auf einen Stimmenanteil von 9,3% (+4,0%) gekommen sind. Die AfD kann bei Verlusten von 4,3% in Rheinland-Pfalz ihre Position einigermaßen halten. Die FDP musste bei einem Stimmenteil von 5,6% leichte Verluste hinnehmen. Die Linkspartei bleibt wie in der vorhergehenden Legislaturperiode politisch bedeutungslos. Die wahrscheinlichste Regierungskonstellation in Rheinland-Pfalz ist eine Fortsetzung der rot-grün-gelben Regierungskoalition unter der Führung von Malu Dreyer.

Denn diese Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen hat weiter eine Mehrheit im Landtag, was vor allem der Popularität von Malu Dreyer zuzuschreiben ist. Wenn die Wahlberechtigten die Ministerpräsidentin oder den Ministerpräsidenten direkt wählen könnten, hätten sich 56% der Befragten für sie entscheiden. Nach der Landtagswahl am 14. März 2021 wünschen sich 45% eine von der SPD geführte Landesregierung. Bei den Anhänger:innen von SPD (89%) und Grünen (71%) sind die Werte erwartungsgemäß noch höher.

Der Wahlkampf in Rheinland-Pfalz wurde stark von der Corona-Pandemie geprägt. Die Befragten trauten am ehesten der SPD zu (38%), Rheinland-Pfalz gut durch die Corona-Krise zu führen. Es folgt die CDU mit 25%. Im Vergleich zur Umfrage vor der vergangenen Landtagswahl 2016 müssen CDU und SPD deutliche Verluste in der Einschätzung ihrer Kernkompetenzen hinnehmen: Während im März 2016 noch 49% der Befragten der SPD zugetraut hatten, für soziale Gerechtigkeit zu sorgen, sind es jetzt nur noch 37%. 42% der Befragten trauten der CDU im März 2016 zu, die Wirtschaft im Land voranzubringen, aktuell sind es nur noch 32%.

52% der Rheinland-Pfälzer:innen sind mit dem Corona-Krisenmanagement der Landesregierung sehr zufrieden oder zufrieden. Kritisch äußern sich 46%. Sie sind mit der Krisenbewältigung weniger (30%, keine Veränderung) oder gar nicht zufrieden (16%, +2 Prozentpunkte). Am größten ist die Unzufriedenheit mit der Arbeit der Landesregierung in der Corona-Pandemie unter den Anhängern der AfD (84% weniger oder gar nicht zufrieden), auch eine Mehrheit der FDP-Anhänger:innen hält das (58%) Corona-Krisenmanagement der Landesregierung für unzureichend.

Die Union hat in den beiden Landtagswahlen ihre Position nicht ausbauen können, sondern deutlich an Boden verloren. Diese Schwäche unterstreicht, dass die im Herbst mit den Bundestagswahlen anstehende Ablösung des Merkel-Regimes keine einfache politische Operation ist. Nach aktuellen Umfragen sagen rund 60% der Befragten, dass die Maskenaffäre ihr Vertrauen in die CDU und CSU negativ beeinflusst habe. Gut 75% der Befragten rechnen damit, dass beide Parteien daher bei der Bundestagswahl mit großer Wahrscheinlichkeit Schaden nehmen werden.

Zunächst müssen jetzt die CDU und CSU ihre personelle Aufstellung klären. Eine auf Bundesebene eher unrealistische Ampelkoalition aus Grünen, SPD und FDP könnte zwar die Unionsparteien in der Regierungsverantwortung ablösen, aber ob damit die Entwicklung einer ökologisch-sozialen Transformationsstrategie erfolgreich wäre, darf angesichts der programmatischen Differenzen bezweifelt werden. Der Anspruch der Sozialdemokratie, gestützt auf eine Zustimmung von ca. 20% der Wahlstimmen mit einer progressiven Koalition ihre Zukunftskonzeption[2] umsetzen zu können, ist wenig realistisch.

Anmerkungen

[1] Vgl. hierzu Joachim Bischoff/Björn Radke, »Von hier an anders«. Über das von Robert Habeck skizzierte grüne Projekt der ökologischen Transformation, in: Sozialismus.de, Heft 3/2021.
[2] Vgl. Joachim Bischoff/Björn Radke, »Respekt« als politische Formel. Das »Zukunftsprogramm der SPD, Sozialismus.deAktuell vom 4. März 2021.

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