Arbeitskämpfe an die Hochschulen!
Mittwoch, den 19. Februar 2025 | Hamburg | 19:00 Uhr
Vortragsraum der Staats- und Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky, Von-Melle-Park 3.
Im Rahmen der Reihe »indie stabi« der Liste unabhängiger Verlage Hamburg (LuV) stellen Ann-Kathrin Hoffmann und Marvin Hoop den im VSA: Verlag geplanten Sammelband zu möglicher gewerkschaftlicher Gegenmacht an Hochschulen vor. Moderieren wird die VSA: Kollegin Mareike Borger.

Torsten Teichert: Zwischenspiel ohne Abseits – Vom Ende der Berliner Republik?
Donnerstag, den 20. Februar 2025 | Lübeck | 18:30 Uhr
GALERIE HEISSINGART, Mengstr. 52
Kurz vor der Bundestagswahl spricht der Autor nicht nur über sein Buch über Olaf Scholz (Die Entzauberung eines Kanzlers) sondern auch über die Phantasielosigkeit und das Scheitern der Berliner Republik, die im gerade laufenden Wahlkampf die Köpfe erreicht – und viele ratlos macht.

Ingar Solty
Trumps Triumph?
Gespaltene Staaten von Amerika, autoritärer Staatsumbau, neue Blockkonfrontation
Eine Flugschrift
120 Seiten | € 12.00
ISBN 978-3-96488-238-7

Klaus Lang
Die rechte Mitte
Konservative Radikalisierung von CDU und CSU?
Eine Flugschrift
120 Seiten | € 12.00
ISBN 978-3-96488-236-3

Rudolf Hickel
Schuldenbremse
oder »goldene Regel«?

Verantwortungsvolle Finanzpolitik für die sozial-ökologische Zeitenwende | Eine Flugschrift
96 Seiten | € 12.00
ISBN 978-3-96488-226-4

Heiner Karuscheit
Der deutsche Rassenstaat
Volksgemeinschaft & Siedlungskrieg:
NS-Deutschland 1933–1945
160 Seiten | € 14.80
ISBN 978-3-96488-237-0

Christoph Scherrer/
Ismail D. Karatepe (Hrsg.)
Arbeit in der Lieferkette
Miserable Arbeitsbedingungen auf See und in den Häfen
192 Seiten | € 18.80
ISBN 978-3-96488-220-2

13. Juni 2023 Redaktion Sozialismus.de: Wenig durchdachter Schlussstrich unter eine langwierige Selbstblockade

Linke Zukunft?

Der Parteivorstand der Partei DIE LINKE erklärt in einem einstimmig gefassten Beschluss: »Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht«. Dass die Parteiführung damit der Linkspartei einen Weg in Zukunft eröffnet, ist zumindest fraglich.

Denn die Partei befindet sich seit längerem in einem Sinkflug. Bei der letzten Bundestagswahl blieb sie unter der 5%-Hürde. Dass sie dennoch als Fraktion im Bundestag vertreten ist, verdankt sie allein drei Direktmandaten. Bei den letzten Landtagswahlen 2023 in Berlin und Bremen konnte sie trotz anhaltend schlechter Umfragen im Bund dort ihr politisches Gewicht verteidigen. Die überraschenden Ergebnisse bei diesen Regionalwahlen wurden mit einem Politikangebot des radikalen Reformismus erkämpft.

Auch auf Bundesebene könnte ein Programm des radikalen Reformismus eine Trendwende zu größerer gesellschaftlicher Akzeptanz eröffnen. Die Steigerung der Lebenshaltungskosten in den letzten Monaten zwingt einen Großteil der Bürger*innen mit geringen und mittleren Einkommen zu massiven Einbußen in ihrem Lebensstandard: Rekordmieten, Inflation, Energiekrise, Pflegenotstand, Altersarmut und spürbare Verschärfung der sozialen Spaltung.

Die zwei konkurrierenden Parteien im progressiven Spektrum, SPD und Grüne, sind Teil der Regierung in der Berliner Republik und haben erkennbar Mühe, die eigenen programmatischen Vorstellungen durch- bzw. umzusetzen. Einer Kraft, die weiter links steht und diese mit eigenen Vorschlägen unter Druck setzen könnte, eröffnet dieser Umstand politischen Handlungsspielraum. Nur wird dieser – »ihren Gebrauchswert als sozialistische Gerechtigkeitspartei zu bestimmen und, davon ausgehend, endlich wieder strategisch geeint zu handeln« (wie Michael Brie und Heinz Bierbaum am 1.6.2023 im nd notierten) – zu wenig genutzt.

Stattdessen nun der Bruch mit der derzeit bekanntesten Politikerin der Partei, Sahra Wagenknecht, die seit längerem für scharfe Auseinandersetzungen um die inhaltliche Ausrichtung des Politikangebotes sorgt. Schon seit Erscheinen ihres Buches »Die Selbstgerechten« im Frühjahr 2021 war der Richtungsstreit immer weiter eskaliert. Darin attackiert sie die vermeintlich selbstgerechte, sich moralisch überlegen fühlende ۛ»Lifestyle-Linke«, die sich weit von den Arbeits- und Lebensverhältnissen der lohnabhängigen Massen entfernt habe. Diese Publikation wird innerparteilich von vielen als Generalabrechnung mit dem bisherigen Kurs der Linkspartei gesehen (siehe hierzu auch Franziska Wiethold: Wie ernst nimmt Sahra Wagenknecht die soziale Frage? Sozialismus.de Supplement zu Heft 12/2021).

Wagenknecht hat die eigene Partei in den vergangenen Jahren häufig scharf kritisiert und sich bei Themen wie Migration, Genderpolitik, Klimaschutz und Außenpolitik von Positionen der Mehrheit distanziert. Gerüchte, sie wolle eine eigene Partei gründen, kommentierte sie lange nicht, ehe sie vor Monaten ankündigte, bis Ende des Jahres darüber entscheiden zu wollen.

Das war dem Parteivorstand der Linken, der bislang nicht durch inhaltliche Auseinandersetzungen mit diesen Positionen aufgefallen ist, jetzt zu viel und er hat mitgeteilt, er halte es für »ein Gebot des politischen Anstandes«, dass Politiker, »die sich am Projekt einer konkurrierenden Partei beteiligen, konsequent sind und ihre Mandate zurückgeben«. Wagenknechts mehrfache Androhung einer möglichen Parteineugründung »stellen die Einheit der Linken infrage und schaden uns seit geraumer Zeit massiv«. Da sie eine Frist der Parteispitze habe verstreichen lassen, sich eindeutig zur Linkspartei zu bekennen, sei die Schmerzgrenze in der Dauerfehde mit ihr überschritten. Insofern sei »die Zukunft der Linken […] eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht«, wie es in dem einstimmig gefassten Beschluss des Parteivorstandes heißt.

Dieser offene Bruch der Parteispitze ist mindestens gefährlich, denn so wird die seit längerem währende Pluralität der Programmatik zugespitzt. Zugleich erfolgt die Abrechnung mit den Positionen von Sarah Wagenknecht ohne Andeutung der Differenzen in den politisch-programmatischen Unterschieden. Das ist vor allem mit Blick auf die Landtagswahl in Thüringen im nächsten Jahr riskant, wenn es darum gehen wird, ein schwieriges, aber durchaus erfolgreiches Linksbündnis mit dem einzigen LINKEN-Ministerpräsidenten an der Spitze (siehe hierzu die Beiträge in dem unlängst von Benjamin-Immanuel Hoff herausgegebenen Buch Neue Wege gehen) gegen rechts zu verteidigen.

Die Linkspartei war schon im Sinkflug, bevor Russland die Ukraine angegriffen hat. Die Frage, welches die angemessenste Reaktion darauf ist, hat die Partei weiter gespalten. Es wird um das Maß der Verurteilung Russlands, um das Für und Wider von Waffenlieferungen und die Rolle der NATO gestritten. Wagenknecht etwa hielt in einer umstrittenen Rede im Bundestag im Herbst letzten Jahres der Bundesregierung vor, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland zu führen. Schon damals stand kurzzeitig eine Spaltung von Partei oder Fraktion im Raum.

Bei dem von ihr zusammen mit Alice Schwarzer initiierten »Manifest für Frieden« und einer großen Demonstration in Berlin machte die Parteiführung nicht mit, obwohl darin gefordert wurde, die »Eskalation der Waffenlieferungen« zu stoppen und sich »an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen zu setzen«. Der Aufruf wurde von hunderttausenden Bürger*innen unterschrieben.

Der jahrelangen Entfremdung zwischen Wagenknecht und der Mehrheitsauffassung des Parteivorstandes gingen zudem nicht bewältigte Differenzen über die Asyl-Politik und die Konzeption der offenen Grenzen voraus. Auch bei der Corona-Politik positionierte sich Wagenknecht gegen die Mehrheitslinie der Partei. Von dieser werden ihr die politischen Alleingänge vorgehalten, aber auch »rechtsoffene« Positionen, unter anderem solche, die in der AfD vertreten würden.

Mit dem nun vollzogenen politischen Bruch sind keine der wesentlichen Fragen, die der Ukraine-Krieg aufgeworfen hat, oder die mit dem Anstieg der Flucht- und Migration verbunden sind, auch nur annähernd beantwortet. In all diesen Fragen gibt es weder erkennbare Konsenspositionen der Mehrheitsströmung noch Bemühungen um einen kontinuierlichen innerparteilichen Verständigungsprozess.

Der Bruch des Parteivorstandes mit der prominenten Abgeordneten ist vor dem Hintergrund des langjährigen Entfremdungsprozesses und ihres Versuchs, die Partei mit dem Zögern einer eigenen Parteigründung vor sich herzutreiben, nachvollziehbar. Zugleich bleibt es doch ein wenig durchdachter Versuch, umstrittene Kernpunkte der eigenen Programmatik und politischen Handlungsfähigkeit mit der Distanzierung von Wagenknecht für beendet zu erklären. Mit dem inhaltsarmen Beschluss des Parteivorstandes wird weder die Ruhe in der Partei einkehren noch wird auch nur eines der drängenden politischen Probleme damit erledigt.

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