Hajo Funke
AfD-Masterpläne
Die rechtsextreme Partei und die Zerstörung der Demokratie | Eine Flugschrift
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ISBN 978-3-96488-210-3

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Strategische Fragen linker Politik in Zeiten von Krieg und Krise
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ISBN 978-3-96488-215-8

Antje Vollmer/Alexander Rahr/Daniela Dahn/Dieter Klein/Gabi Zimmer/Hans-Eckardt Wenzel/Ingo Schulze/Johann Vollmer/Marco Bülow/Michael Brie/Peter Brandt
Den Krieg verlernen
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ISBN 978-3-96488-211-0

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Die neue Aktualität von Arbeitszeitverkürzung
160 Seiten | EUR 16.80
ISBN 978-3-96488-196-0

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Frank Deppe
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176 Seiten | EUR 14.80
ISBN 978-3-96488-197-7

Peter Wahl
Der Krieg und die Linken
Bellizistische Narrative, Kriegsschuld-Debatten und Kompromiss-Frieden
Eine Flugschrift
100 Seiten | Euro 10.00
ISBN 978-3-96488-203-5

Heiner Dribbusch
STREIK
Arbeitskämpfe und Streikende in Deutschland seit 2000 – Daten, Ereignisse, Analysen
376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80
ISBN 978-3-96488-121-2

17. Mai 2018 Joachim Bischoff: Der US-Dollar als Waffe

Wie realistisch ist eine Emanzipation von den USA?

Foto: dpa

Es ist immer offensichtlicher: Mit der Trump-Administration hat sich die Veränderung der Nachkriegsordnung deutlich beschleunigt. Mit der Leitidee »America First« geht auch für die Europäer eine Ära zu Ende, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges das Verhältnis zu den USA bestimmte.

Auch wenn Viele es bis heute noch nicht wahrhaben wollen: Mit der Machtübernahme des von Donald Trump angeführten rechtspopulistischen Blocks sozialer Kräfte in den USA zersetzen sich die Fundamente der bisherigen Weltordnung in immer höherem Tempo. Mit der Implosion des Lagers der staatssozialistischen Länder hatte diese Weltordnung bereits ökonomisch wie militärisch eine schwere Erschütterung zu verarbeiten. Die Trump-Aministration sucht über den Bruch mit den grundlegenden Selbstverständlichkeiten des westlichen Lagers die Erosion der Hegemonial- und Weltmacht USA zu beenden.

Nach dem Ausstieg aus dem Weltklima Schutzprojekt (Pariser Abkommen), der Beendigung der multilateralen Handelspolitik (TTP, NAFTA), der Preisgabe einer vordergründigen Schiedsrichter- und Steuerungsfunktion in Nahost-Raum erfolgte Anfang Mai der Ausstieg aus dem Atomabkommen mit Iran (JCPOA).


Konflikt: Iran-Abkommen[1]

Mit wirtschaftlichen Sanktionen versucht die amerikanische Regierung, den Iran in die Knie zu zwingen. Alle früheren US-Sanktionen, die im Januar 2016 im Rahmen dieses Abkommens aufgehoben wurden, sollen stufenweise wieder in Kraft gesetzt werden. Ziel ist es, das Land zu einer Neuverhandlung des Atomabkommens zu bewegen. Ein Regime-Change wird von der Trump-Administration zwar nicht als Ziel ausgegeben, würde aber als Kollateralschaden in Kauf genommen.

Konkret heißt dies: Die Sanktionen zielen auf Unternehmen, die künftig noch mit dem Iran handeln oder ihn mit Waren beliefern. Und diese Strafandrohung gilt – das ist das Schwierige dabei – nicht nur für amerikanische Firmen, sondern auch für europäische Unternehmen. Machen sie also weiter Geschäfte mit dem Iran, dürfen sie ihre Produkte nicht mehr in den USA vertreiben. Auch von amerikanischen Zulieferern sollen sie dann keine Ware mehr bekommen, zudem keine Zahlungsströme mehr aus den USA erhalten.

Die Entscheidung des US-Präsidenten, die Iran-Sanktionen wiederzubeleben, trifft die deutsche Wirtschaft hart. Viele Geschäftsbeziehungen sind seit 2015 neu aufgenommen worden. Der Iran wird für Exporte bundesdeutscher Firmen wieder zum verminten Gelände. Es geht um drei Mrd. Euro insgesamt, das war die Summe der deutschen Exporte 2017.

Damit machten die Unternehmen zwar 16% mehr Iran-Geschäfte als im Jahr davor, doch die großen Erwartungen nach der Aufhebung der Sanktionen haben sich nicht erfüllt. Die entscheidende Blockade besteht darin, dass es kaum Banken gibt, die solche Geschäfte finanzieren. Und in der Tat: Wenn die USA Wirtschaftssanktionen verhängen, ist es ihre wirksamste Waffe außerhalb der USA, Unternehmen von den Finanzierungsströmen in US-Dollars auszuschließen. Im Rohstoffsektor bedeutet dies eine enorme Einschränkung. Aber auch die Finanzbranchen können weltweit empfindlich getroffen werden.


US-Dollar als Waffe

Der US-Dollar ist noch immer die Leitwährung der Welt. Im internationalen Handel mit Gütern und Dienstleistungen ist es schwierig, ohne die amerikanische Währung auszukommen. Seit den frühen 1990er Jahren hat sich das Handelsvolumen fast verdreifacht, während sich die Kapitalströme knapp verfünffachten. Dieses System basiert seit dem Zweiten Weltkrieg auf dem US-Dollar als Leitwährung. An rund 88% aller globalen Devisentransaktionen ist der US-Dollar beteiligt, so die Zahlen für das Jahr 2016. Diese Dominanz gilt bis in Gegenwart auch für Notenbankreserven und die globalen Anleihen. Neben wirtschaftspolitischen Vorteilen hält Washington damit – neben dem Militärapparat – auch das zentrale machtpolitisches Instrument in den Händen.

Für Amerikas Regierung hat diese Dominanz handfeste Vorzüge: Sie kann sich zu tieferen Zinssätzen verschulden, da ihre Schuldpapiere weltweit von Notenbanken zu Reservezwecken gehalten werden. Weil der Emittent der Leitwährung allein Kraft seiner Größe als sicher empfunden wird, tätigen auch andere Investoren einen Großteil ihrer Anlagen in US-Dollar. Entsprechend liquide ist Amerikas Kapitalmarkt.

Dies drückt die Renditen zusätzlich und erlaubt es den USA, zu günstigeren Kosten ein höheres Handelsbilanzdefizit finanzieren zu können als andere Staaten. Damit subventioniert das Ausland indirekt die Zwillingsdefizite (Handel und Haushalt) der USA und deren schuldenfinanzierten Lebensstil, so der oft artikulierte Groll außerhalb Amerikas.

Zwar ist die Weltwirtschaft mit dem Aufstieg von Schwellenländern (China) oder dem Zusammenschluss der europäischen Staaten multipolarer geworden. Dennoch hat sich weder ein multipolares Weltwährungssystem noch die aufstrebende Hegemonialmacht China bislang durchgesetzt, die dem US-Dollar die Führungsposition in absehbarer Zukunft streitig machen könnten.

Die VR China hat die Problematik des »Dollar«-Regimes häufiger thematisiert. Das Land stellt den US-Dollar als weltweite Leitwährung in Frage. Es sei zu gefährlich, sich auf die Währung eines einzigen Landes zu verlassen. Als Alternative regte China die Wiederbelebung eines 1969 geschaffenen Instruments des Internationalen Währungsfonds (IWF) an. Wie sich aktuell zeigt, zeigen sich die negativen Seiten des Dollar-Regimes nicht nur in Krisenzeiten, sondern auch dann, wenn es darum geht, Interessen der USA auch gegen die Europäer, Chinesen und Russen durchzusetzen.


Verteidigung des Iran-Abkommens gegen den Angriff der USA?

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens haben einen Rettungsversuch für das Atomabkommen mit Iran gestartet. Erklärtes Ziel der EU ist es, das Nuklearabkommen trotz des Ausstiegs der USA am Leben zu erhalten: Solange Iran sein Atomprogramm eingefroren lässt, wollen die Europäer im Gegenzug an der Aufhebung der Wirtschaftssanktionen und der Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen festhalten. Der Iran will weiterhin möglichst umfassend von den US-Sanktionen verschont werden.

Die Europäer wollen prüfen, ob es Wege und Verfahren gibt, die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran, dessen Energie-Verkäufe oder die Möglichkeit für Banktransaktionen, aufrecht zu erhalten. Die Öl-Exporte und die Anbindung Irans an den internationalen Zahlungsverkehr sind durch die USA direkt gefährdet – und für das Teheraner Regime überlebenswichtig. Washington hatte in einem letzten Schritt den Chef der iranischen Zentralbank zum Terroristen erklärt und jede Geschäfte mit ihm unter Strafe gestellt. Weiter nannte Mogherini die Sicherung von Transportwegen oder finanzielle Kooperationen, die Handel und zusätzliche Investitionen erleichtern sollen.

Diese EU-Operation ist angesichts der Machtstrukturen des Weltwährungssystems eine irreale Trockenübung – selbst wenn in weiteren Verhandlungen Russland und die VR China eingebunden werden könnten. Weltweit operierende Unternehmen, Ölkonzerne oder Großbanken, die auch in den USA tätig sind und dort gegebenenfalls Nachteile erleiden, könnten durch EU-Maßnahmen nicht gegenüber US-Sanktionen abgeschirmt werden.

Die EU kann die Globalplayer weder in den USA ausreichend schützen, noch wird sie sie zwingen können, im Iran präsent zu bleiben. Auch für Europas Wirtschaft sind die Dimensionen eindeutig: Im Jahr 2017 flossen 20% aller EU-Güterexporte in die USA und nur 0,6% nach Iran. In Deutschland stiegen die Exporte nach Iran 2017 zwar auf drei Mrd. Euro, doch angesichts deutscher Gesamtausfuhren von 1.279 Mrd. Euro ist das eine sehr überschaubare Größe.

Einzelne europäische Konzern haben denn auch bereits signalisiert, dass sie sich aus Iran zurückziehen könnten, falls ihnen die USA keine Ausnahme oder Sondergenehmigung gewähren würden. Auch wenn es gelingen sollte, den für den Iran wichtigen Öl-Handel nicht in US-Dollar abzuwickeln, bleibt die Finanzbranche die Achillesferse. Banken, die in anderen Währungen wie Euro, Yuan oder Yen den Zahlungsverkehr mit Iran abwickeln, könnten dennoch von US-Sanktionen getroffen werden, wenn sie Zugang zum US-Dollar benötigen, was meist der Fall ist. Deshalb waren auch in der Phase nach dem Atomabkommen viele internationale Banken zögerlich, Geschäfte mit Iran zu finanzieren.

Die Aufkündigung des Iran-Nuklearabkommens durch den US-Präsidenten hat gezeigt, dass die westliche Welt, Russland und China in einem für die Globalökonomie und Weltordnung zentralen Konflikt politisch nahezu handlungsunfähig sind, und dass es dafür einen Hauptgrund gibt: die Macht des von der amerikanischen Währung dominierten Währungs- und Finanzsystems.

Die durch den Triumph des Rechtspopulismus in den USA veränderte Weltordnung bringt auch in Europa und Deutschland die Strategiediskussion in Bewegung. Die politische Linke muss diese veränderte Weltlage zur Kenntnis nehmen und sich mit den neuen Herausforderungen auseinandersetzen. Auch die Ankündigung Trumps, Europa zukünftig für die eigene Sicherheit bezahlen zu lassen, stellt Europa, und auch die politische Linke vor neue Herausforderungen, weil die Frage nach einer modifizierten Sicherheitskonzeption auf den Tisch kommt, und welcher Staat in Europa jene Rolle übernehmen wird, die bisher die USA innehatten.

Damit geht es um eine neue europäische Sicherheitspolitik und die Rolle Deutschlands als einer europäischen Hegemonialmacht. Und damit geht es also auch um die Zukunft der EU, die nicht nur wegen der Flüchtlingsfrage vor einer Zerreißprobe steht.

[1] Siehe dazu auch Redaktion Sozialismus: USA auf Konfrontationskurs – Kündigung des Atomdeals; Sozialismus.de aktuell vom 9. Mai 2018.

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