Liebe Leserinnen und Leser,

nimmt man die weitgehend übereinstimmenden Thesen der Bücher von Christopher Clark und Herfried Münkler zur Julikrise und zum Kriegsausbruch 1914 zum Maßstab, dann vollzieht sich derzeit eine Revision im Geschichtsbild hierzulande. Diese gern mal »vorurteilsfrei« genannte Begradigung spielt in einer Zeit, in der ein europäischer Führungsanspruch deutscher Politik legitimiert werden soll. Die (Gauck-)Rede ist von »neuer Verantwortung«, im Klartext: Neue Macht – Neue Verantwortung. Elemente einer deutschen Außen- und Sicherheitspolitik für eine Welt im Umbruch.


Es grüßt herzlich
die Redaktion

Das neue Heft

Deshalb steht der Epochenbruch 1914 am Beginn der März-Ausgabe von Sozialismus – mit Gerhard Stubys Clark-Kritik und Heiner Karuscheits Artikel über die Ursachen des Weltkriegs. Und Uli Cremer kommt anschließend auf die heutige Außenpolitik zurück.
Entgegen optimistischer Botschaften, dass das heutige Europa langsam wieder auf einen Wachstumspfad zurückkehrt, zeigt Joachim Bischoff, dass die realen Verhältnisse weiter auseinanderlaufen. Die Brisanz des Rechtspopulismus in Österreich wird deutlich im Artikel von Wilhelm Kriehebauer, während Christina Ujma fragt, ob Matteo Renzi dazu ansetzt, die italienische Sozialdemokratie zu »verschrotten«.
Im Vorfeld der Parlamentswahlen in Südafrika im April dieses Jahres weht dem ANC eine steife Brise ins Gesicht. In einem Interview resümiert Denis Goldberg: »Ich glaube, dass der ANC einen Weckruf braucht. Wenn es sich nicht ändert, ist seine Zeit vorbei.«
Unter der Fragestellung »Marxismus ohne Wert?« unterzieht Michael Wendl aktuelle Kapitalismusanalysen einer Kritik.
Günter Busch erläutert im Forum Gewerkschaften die Komponenten der ver.di-Tarifforderung für den Öffentlichen Dienst der Kommunen und des Bundes. Thomas Böhm greift noch einmal die Kontroverse um die Politik des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen auf. Und Udo Achten streicht anhand einer neu erschienenen Biografie die Bedeutung von Fritz Bauer für die Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik heraus.
Wichtige Theoretiker und Aktivisten der sozialistischen Linken sind in jüngster Zeit verstorben. Frank Deppe würdigt den Faschismusforscher Reinhard Kühnl, Andreas Merkens die theoretisch-politische Bedeutung Stuart Halls, Mario Kessler erinnert an Pete Seeger und Helmut Bock.
Klaus Schneider
hat sich »Dallas Buyers Club« angeschaut und meint, dass er die sechs Oskar-Nominierungen zu Recht erhalten hat. Dem Heft liegt zudem das EuroMemo 2014 bei.

Kommentare

Union-Busting in Chattanooga

Die Südstaatler der USA pflegen ihren Mythos vom »Land der Freien«. Freie Gewerkschaften und das Menschenrecht, sich ungehindert organisieren zu können, sind darin nicht vorgesehen. Im Gegenteil: »Unamerikanisch« wäre es für US-Senator Bo Watson gewesen, wenn die Automobilgewerkschaft United Auto Workers (UAW)[1] in das Volkswagen-Werk in Chattanooga/Tennessee eingezogen wäre. Mehr...

Europa ohne Austeritätspolitik!

Die Partei DIE LINKE hat am 15.2. das Europawahlprogramm »Europa geht anders. Sozial, friedlich, demokratisch« mit großer Mehrheit verabschiedet und am Tag darauf auch eine KandidatInnenliste für das europäische Parlament bestimmt. Der von Teilen der Medien und wohl auch Einzelnen in der Partei erwartete Eklat fand nicht statt, obgleich im Vorfeld ein massiver Streit programmiert schien. Mehr ...

Volksbildner in Demokratie und Antifaschismus

Am 10. Februar verstarb im Alter von 78 Jahren Reinhard Kühnl. Frank Deppe erinnerte auf der Trauerfeier am 14. Februar in Marburg an die Begegnungen mit und an die wissenschaftlichen Leistungen und politischen Botschaften von Reinhard Kühnl. Mehr ...

Diebstahl an der Allgemeinheit

Die Liste prominenter Steuerbetrüger wird immer länger. Von Uli Hoeneß und Theo Sommer über Arthur Brauner und Alice Schwarzer bis hin zu André Schmitz haben alle eines gemeinsam – ein Konto in der Schweiz. Sie sind nicht nur Steuerbetrüger, sondern auch »ehrenwerte« Personen, die – kaum erwischt – sich selbstgerecht vom Täter zum Opfer stilisieren. Mehr ...

Operation Verschrottung

Der italienische Ministerpräsident Enrico Letta ist mit seinem Regierungsprogramm »Impegno 2014« (Verpflichtung 2014) gescheitert. Das Regierungsprogramm war die Antwort auf den Austritt der Mitte-Rechts-Partei Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi aus der Koalition im vergangenen Dezember. PolitikerInnen der Mitte-Links-Partei Partito Democratico (PD) drängten auf seinen Rücktritt, um den Weg für den jungen PD-Vorsitzenden Matteo Renzi freizumachen. Mehr ...

Weitere Kommentare und Kurzanalysen gibt es hier.

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Die »Europäische Frage« und die Linken

Die Europawahlen stehen vor der Tür und die Linke tut sich immer noch schwer, aus ihrer gesellschaftspolitischen Defensive zu kommen. Die RLS-Standpunkte 5-2014 versprechen Abhilfe.

Zankapfel Ukraine: Europäische versus Eurasische Union

Eine erste Annäherung zum Verständnis des Krisenfalls Ukraine liefert der SU- und Russlandkenner Kai Ehlers in den Blättern 2-2014.

Termine

Zehn Jahre Wahlalternative

7. März | Berlin | 17:00 Uhr, Rosa Luxemburg Stiftung, Franz-Mehring-Platz 1
Am 5. März 2004 trafen sich im DGB-Haus in Berlin 30 Aktive aus Gewerkschaften, Attac, Wissenschaft, Zeitschriften und Bildungsvereinen, um über Chancen und Ansatzpunkte einer »Wahlalternative« zur rot-grünen Agendapolitik zu diskutieren. Joachim Bischoff, Christine Buchholz, Klaus Ernst, Ralf Krämer, Sabine Lösing, Bernd Riexinger u.a. diskutieren heute darüber, was aus den damaligen Vorstellungen einer neuen Interaktion von Zivilgesellschaft und politischem Feld geworden ist.

Der Charakter der großen Krise

7. März | Berlin | 19:00 Uhr | Helle Panke, Kopenhagener Str. 9
Ist der Kapitalismus in der »großen Krise« an eine nicht mehr zu überwindende Grenze gestoßen (Manfred Sohn), oder ist auch in der gegenwärtigen Krisenkonstellation eine Transformationsstrategie möglich, die im Hier und Heute beginnt, aber zugleich über den Kapitalismus hin­ausführt (Dieter Klein)? Es diskutieren Manfred Sohn (Landesvorsitzender der LINKEN in Niedersachsen), der seine Position in dem Band »Der dritte Anlauf – alle Macht den Räten« vorgelegt hat, und Dieter Klein (Rosa-Luxemburg-Stiftung), Autor des Buches »Das Morgen tanzt im Heute. Transformation im Kapitalismus und darüber hinaus«.

100 Jahre »Akkumulation des Kapitals«

7. bis 9. März | Berlin | Rosa-Luxemburg-Stiftung, Franz-Mehring-Platz 1
ReferentInnen aus Argentinien, China, Deutschland, Ghana, Großbritannien, Indien, Kanada, Polen, der Slowakei, der Schweiz und den USA setzen sich 100 Jahre nach dem Erscheinen der ersten Auflage der »Akkumulation des Kapitals« mit Rosa Luxembergs ökonomischem Hauptwerk auseinander.

Kapitalismus in der BRD – Kräfte der Veränderung

10. bis 14. März | Frankfurt a.M. | Haus der Jugend, Deutschherrenufer 12
Die 7. Marxistische Studienwoche der Heinz-Jung-Stiftung wird eröffnet von Frank Deppe und Sahra Wagenknecht über Strukturveränderungen im Gegenwartskapitalismus, deutsche Kapitalinteressen in Euro­pa und Widerstandspotenziale.

Linke Verlage auf der Buchmesse Leipzig

13. bis 16. März | Leipzig | Messegelände, Halle 5, Stand C 404 Auch in diesem Jahr gibt es wieder den Stand »Die Bühne«, auf der Autorinnen und Autoren von 14 linken Verlagen im Halbstundentakt Bücher vorstellen (das komplette Programm gibt es unter www.die-linke-buehne.de).

IMK-Forum 2014

27. März | Berlin | 15:00 Uhr | Kirchensaal des Französischen Doms, Eingang Charlottenstraße
Auf dem Forum des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) geht es um Konzepte europäischer Staatsfinanzierung vor dem Hintergrund von Schuldenbremse und Fiskalpakt. Das Spektrum liegt zwischen der Finanzierung einer neuen europäischen Staatlichkeit und nationalen Finanzierungsinstrumenten in einem nationalstaatlichen Verbund, deren jeweilige Vor- und Nachteile zur Diskussion stehen.

Druck von Rechts

29. März | Hannover | 11:00 Uhr | Leibniz-Haus, Holzmarkt 4-6
Einen Überblick über den Rechtspopulismus in Euro­pa gibt Fabian Virchow/FH Düsseldorf, Karin Priester/Uni Münster setzt sich mit der ökonomischen und politischen Krise als Chance für die europäische Rechte auseinander. Als rechtspopulistische Parteien werden näher betrachtet die Alternative für Deutschland (Alexander Häusler/FH Düsseldorf), der Front National (Bernhard Schmid/Paris) und die Partij voor de Vrijheid (Arjen Vliegenthart/NL). Abschließend beleuchten Thilo Janssen/GUE-NGL und Carsten Hübner die Chancen eines rechtspopulistischen Bündnisses. Nähere Informationen über RLS-Niedersachsen.

Neue Bücher

David Harvey
Das Rätsel des Kapitals entschlüsseln
Den Kapitalismus und seine Krisen überwinden
Aus dem Amerikanischen von Christian Frings
288 Seiten | EUR 19.80 | ISBN 978-3-89965-442-4

Koray Yılmaz-Günay / Freya-Maria Klinger
Realität Einwanderung
Kommunale Möglichkeiten der Teilhabe, gegen Diskriminierung
Crashkurs Kommune 9
120 Seiten | EUR 7.50 | ISBN 978-3-89965-584-1

tom strohschneider
linke mehrheit?
über rot-rot-grün, politische bündnisse und hegemonie
eine flugschrift
96 Seiten | EUR 9.80 | ISBN 978-3-89965-596-4 | erscheint Anfang März

Mario Candeias / Eva Völpel
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ReOrganisierung der Linken in der Krise
Zur Lernfähigkeit des Mosaiks in den USA, Spanien und Griechenland
Eine Veröffentlichung der Rosa-Luxemburg-Stiftung
240 Seiten | unter Mitwirkung von Lara Hernández und Robert Ogman
EUR 16.80 | ISBN 978-3-89965-551-3 | erscheint Mitte März

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