Liebe Leserinnen und Leser,

es ist wohl ein Novum, dass die Regierung eines ausländischen Staates in einer bundesdeutschen Tageszeitung (FAZ) ganzseitige Anzeigen schaltet, in denen sie den Gerichtsbeschluss des New Yorker Richters Thomas Griesa in Sachen Schuldentilgung argentinischer Staatsanleihen als »absurd« kritisiert und das Verhalten einer kleinen Gruppe von Gläubigern als »perversen und erpresserischen Angriff« auf einen souveränen Staat öffentlich brandmarkt. Argentinien droht diese Woche die Zahlungsunfähigkeit, was wieder einmal die Schönrednerei eines angeblichen Endes der Großen Krise von 2007ff. Lügen straft.

Mit herzlichen Grüßen
die Redaktion

Das neue Heft

Sozialismus gehört nicht zu den Schönrednern und eröffnet das Doppelheft Juli/August mit zwei Themenschwerpunkten: Demokratiegefährdung durch den Rechtspopulismus und die krassen Einkommens- und Vermögensunterschiede. Heinz Bierbaum bilanziert die Kräfteverhältnisse und Aufgaben der Linken nach der Europawahl, Bernhard Sander zeigt, wie der moderne Rechtspopulismus des Front National von den Schwächen der französischen Linken zehrt, wohingegen Christina Ujma für Italien sowohl einen Erdrutschsieg von Matteo Renzi mit der PD als auch erneute Spaltungsprozesse innerhalb der linken Linken erklären muss – Anlass, der besseren Zeiten Enrico Berlinguers zu gedenken! Den Paradoxien der gegenwärtigen Stagnationsphase und der Scheinlösung einer EZB-Politik, die eine expansive Geldpolitik verlängert und zugleich die Finanzinvestoren vor einem Crash warnt, widmen sich Karl Georg Zinn und Joachim Bischoff, der zusammen mit Bernhard Müller auch die Untersuchung von Thomas Piketty zur Reichtumsverteilung analysiert. Passend dazu stellt Jürgen Leibiger die empirischen Ergebnisse einer Studie zum bundesdeutschen »Volksvermögen« vor, und Fritz Fiehler schlägt den Bogen zum »fiktiven Kapital« in der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie.
Die Diskussion zum Ersten Weltkriegwird mit zwei Beiträgen zu Klassenanalyse und Bewusstsein fortgeführt: Heiner Karuscheit führt die strategischen Fehler der SPD auf das Verkennen der Klassenkonstellation im deutschen Kaiserreich zurück und Jörg Berlin belegt am Beispiel Hamburg die sozialstrukturelle Differenzierung von Kriegsbegeisterung und Kriegsgegnerschaft.
Im Forum Gewerkschaften plädiert Vasco Pedrina für eine Europäisierung der gewerkschaftlichen Aktion und sozialen Kämpfe, Michael Schlecht nimmt das Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie der GroKo kritisch unter die Lupe und Ursula Schumm-Garling spitzt die Konsequenzen des »fortschreitenden Epochenbruchs« auf die Neukonzipierung einer Arbeitspolitik von unten zu.
Christoph Lieber trägt einen Einspruch gegen W.F. Haugs Umdeutung der politisch-theoretischen Arbeit von Louis Althusser vor, Jörg Roesler würdigt eine Studie zu Prognose und Planung in der DDR und Jens Grandt erzählt eine spannende Kriminalgeschichte der Marx-Manuskripte.
Das kapitalismuskritische Kammerspiel »Zeit der Kannibalen« empfiehlt Marion Fisch in der Filmkritik.
Das beiliegende Supplement zum Thema Strategie und neue Herausforderungen der LINKEN kann als Bearbeitung der jüngst von Hans-Jürgen Urban aufgeworfenen Frage »Stillstand im Merkelland: Wo bleibt die Mosaik-Linke?« gelesen werden.

Kommentare

Neues Kräfteverhältnis in der EU?

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben auf ihrem Gipfeltreffen endlich den konservativen Politiker Jean-Claude Juncker als nächsten Kommissionspräsidenten nominiert und zugleich eine strategische Agenda für die fünfjährige Amtsperiode verabschiedet. Diese Leitlinien sind wie die Nominierung des Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei ein neues Element im Politikbetrieb der EU. Mehr...

Besinnungspause auf der französischen Linken

Der Aktionstag gegen die Agenda-Politik der französischen Regierung zeigt die Spaltung der französischen Arbeiterbewegung mit aller Deutlichkeit. Auch wenn die CFDT Kritik an den Sparplänen und an den Zusagen für Unternehmen ohne verbindliche Gegenleistungen hat, weigerte sie sich wie der christliche und der Angestellten-Gewerkschaftsbund dem Aufruf von CGT und Force Ouvrière zu einem nationalen Streik- und Aktionstag zu folgen. Nach den 140 Aktionen, Kundgebungen und Versammlungen, die es landesweit noch im März gab, waren nun nur 114 zu zählen. Mehr ...

Dem Imperium droht sein »Hinterhof« verloren zu gehen

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts setzte in Lateinamerika ein politischer Wandel ein. Länder wie Argentinien, Brasilien und Uruguay strebten einen unabhängigeren Weg an. Nicht nur in Venezuela, auch in Bolivien, Ecuador und Nicaragua kamen durch Wahlen linksgerichtete Regierungen zum Zuge. Diese politischen Umwälzungen wurden durch Volksbewegungen erkämpft, die sich gegen das neoliberale Wirtschaftsmodell der herrschenden Eliten richten. Mehr ...

»Zu den Waffen greifen«

Vier Monate nach seiner Rede auf der 50. Münchner Sicherheitskonferenz verlangt Bundespräsident Joachim Gauck erneut mehr militärisches Engagement. Am 31. Januar hatte er in der bayrischen Landeshauptstadt gefordert, Deutschland solle sich »früher, entschiedener und substanzieller einbringen.« Mehr ...

Aufstieg der Parallelgesellschaft?

Die französische Linke steht weiterhin unter dem Schock des Triumphs des rechtspopulistischen Front National. Offenbar haben weder dieser oder zuvor die Große Krise nach 2008 noch das Versagen der Sozialdemokratie bei deren Bewältigung dafür gesorgt, dass die Ursachen für diese Probleme genauer untersucht wurden bzw. werden. Mehr ...

Weitere Kommentare und Kurzanalysen gibt es hier.

Bei anderen entdeckt

Changing society through campaigns

Ein ausführliches Gespräch mit Bernd Riexinger über die Zukunft der europäischen Linken kann auf der Webseite der Rosa-Luxemburg-Stiftung New York nachgelesen werden.

Quando c'era Berlinguer

Und wer es nostalgisch will, kann sich an diesen Bildern aufbauen.

Termine

Tom Strohschneider: Rot-rot-grün – eine Option für 2017?

5. Juli  | Bielefeld | 20:00 Uhr | Das Bunte Haus, ver.di-Bildungsstätte, Senner Hellweg 461
Im Rahmen der Sommerakademie 2014 der Sozialistischen Linken (Thema: Theorie & Praxis der LINKEN) diskutiert Tom Strohschneider (Chefredakteur »neues deutschland«, Autor der VSA: flugschrift linke mehrheit?) mit der Juso-Vorsitzenden Johanna Uekermann und F.O. Wolf über die Chancen eines Politikwechsels.

TTIP

13. Juli | Köln | 12:00 Uhr | Quäker Nachbarschaftsheim, Kreutzerstr. 5-9
Workshop im Rahmen des 2. Kölner Menschenrechtsfestivals zum Transatlantischen »Freihandels«-Abkommen mit Alexis Passadakis (siehe seinen Artikel zu TTIP in Sozialismus 5/2014).

Endspiel der Fußball-WM der Männer

13. Juli | Rio de Janeiro | 21:00 Uhr MEZ | Maracanã-Stadion
Endspiel der Fußballweltmeisterschaft im Maracanã-Stadion zwischen Brasilien und Argentinien [neuer Tipp, da Uruguay, auf das wir zunächst gesetzt hatten, bereits ausgeschieden ist].

Attac Österreich: Sommerakademie

16. bis 20. Juli | Telfs / Tirol
Unter dem Motto »unFAIRhandelbar! Menschenrechte, Umwelt und Demokratie im Fadenkreuz der Konzerne« setzt sich die 13. SommerAkademie von Attac Österreich zum Ziel, die Rolle von Handelsabkommen im Kontext der Krise zu thematisieren. Zur Sommerakademie sind alle herzlich eingeladen, die sich informieren, diskutieren oder Attac näher kennenlernen möchten. Infos: www.attac.at/sommerakademie

Opposition in Europa

18. Juli | Kaiserslautern | 19:00 Uhr | The Clearing Barrel, Richard-Wagner-Str. 48
In Europa vollzieht sich ein Strukturwandel der politischen Opposition. Rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien erfahren breite Unterstützung, während die Linke vor sich hindümpelt und bislang keine überzeugenden Antworten auf diesen Vormarsch zu geben vermag. Vortrag und Diskussion mit Alban Werner, Doktorand am Institut für politische Wissenschaft der RWTH Aachen und Redakteur der Zeitschrift »Das Argument«.

Neuer globaler Protestzyklus?

22. Juli | Stuttgart | 19:00 Uhr | Linkes Zentrum Lilo Hermann, Böblinger Str. 105
In den vergangenen Jahren konnte man weltweit Rebellionen und Proteste neuer Bewegungen beobachten – in Lateinamerika, der arabischen Welt, in den Krisenstaaten der EU, der Türkei und andernorts. Worin liegen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Protestbewegungen? Wer sind ihre Akteure, was ihre soziale Basis? Und welche Rolle spielen dabei etablierte Organisationen wie Gewerkschaften und NGOs? Vortrag und Diskussion mit Oliver Nachtwey, Institut für Politikwissenschaften der Universität Trier.

Antifaschistisches Gedenken auf dem Ohlsdorfer Friedensfest

27. Juli | Hamburg | 14:30 Uhr | Mahnmal für die Opfer des Bombenkrieges
Neonazis hatten von 2003 bis 2009 das Bombenopferdenkmal mit Kundgebungen und Kranzniederlegungen dazu missbraucht, die Ursachen des Zweiten Weltkrieges umzudeuten und die Naziverbrechen zu relativieren. Dagegen hat sich ein breites Bündnis von Antifaschisten zusammengefunden, das in diesem Jahr zum sechsten Mal das Ohlsdorfer Friedensfest mit Vorträgen, Musik u.ä. begeht. Am Sonntag, den 27.7., liest dort Ursula Suhling aus dem 2014 bei VSA erschienenen Buch: 999er Strafsoldaten – deportiert vom Hannoverschen Bahnhof. Hamburger Antifaschisten in Wehrmachtsuniform.

Neue Bücher

Oliver Prausmüller / Alice Wagner (Hrsg.)
Reclaim Public Services

Bilanz und Alternativen zur neoliberalen Privatisierungspolitik
304 Seiten | EUR 24.80
ISBN 978-3-89965-602-2

 

Karina Becker / Ulrich Brinkmann / Thomas Engel / Rolf Satzer
Handbuch Gesundheit & Beteiligung

Neue Instrumente für den Gesundheitsschutz in Betrieben und Behörden
Aktualisierte Ausgabe
272 Seiten | EUR 19.80
ISBN 978-3-89965-610-7

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