Liebe Freundinnen und Freunde von Sozialismus.de,

auf ihrem Bundesparteitag in Magdeburg genoss die »Alternative für Deutschland« (AfD) ihre hohen Zustimmungswerte, teilte tüchtig gegen die »Ampel« aus und bekräftigte ihren Regierungsanspruch. Die Rechtspartei will für die kommende Bundestagswahl einen eigenen Kanzlerkandidaten aufstellen. Die Co-Vorsitzende Alice Weidel hätte »Lust« darauf. Für die Rechtsaußen-Partei war der Wahlsieg in Sonneberg ein Durchbruch. AfD-Chef Tino Chrupalla freut sich: »Das war erst der Anfang. Wir überzeugen Mehrheiten mit unserer Politik für die Interessen der Bürger. So werden wir für Deutschland die Wende zum Guten erreichen.« Für Thüringens AfD-Chef, Björn Höcke, davon gar ein »politisches Wetterleuchten« aus. Man wolle diesen Schwung mitnehmen für die kommenden Landratswahlen. »Und dann bereiten wir uns für die Landtagswahlen im Osten vor, wo wir dann wirklich ein politisches Erdbeben erzeugen können.«

In der Juli/August-Ausgabe von Sozialismus.de hat Joachim Bischoff in dem Beitrag »Die völkisch-nationalistische AfD im Aufwind« die Gründe des AfD-Aufschwungs ausgeleuchtet. Im Folgenden ordnen wir das weiter ein und in der Anfang September erscheinenden Printausgabe der Zeitschrift gehen wir weiteren Gründen der politischen Umbrüche im In- und Ausland auf die Spur. Damit wir das auch für die restlichen Monate und im nächsten Jahrgang weiterführen können, bitten wir erneut um eine Stärkung unseres Publikationsprojektes.

Vielen Dank für die Unterstützung im voraus und weiterhin eine angenehme Ferienzeit!
Redaktion Sozialismus.de

Anstelle des neuen Hefts, das Anfang September erscheint:


Das Vorbild für den Aufstieg der AfD gilt der Partei die italienische Ministerpräsidentin Georgia Meloni, zugleich Chefin der Partei »Fratelli d’Italia« (Fd’I). In Italien hat die postfaschistische Partei bei den letzten Parlamentswahlen im Jahr 2022 einen Erdrutschsieg errungen, stieg von 4,4% auf 26% in der Wähler*innengunst und konnte den Stimmenanteil bei den Kommunalwahlen im Februar und Mai dieses Jahres auf 30% ausbauen (siehe hierzu auch den Beitrag von Klaus Bullan in Heft 7/8-2023: »Italien in der Polykrise. Postfaschistische Regierung und Umgruppierungen bei den progressiven Kräften«).

Meloni wurde gerade von US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus empfangen – eine Ehre, die anderen ultrarechten Regierungschefs aus Europa bislang verweigert wurde. Das Gespräch der beiden im Oval Office war sogar von Herzlichkeit geprägt, was ebenfalls nicht selbstverständlich ist, denn der Demokrat Biden hatte Melonis Wahlsieg 2022 sehr kritisch kommentiert. Vor dem Besuch wurde in Politik und Medien an die postfaschistische Tradition der Meloni-Partei Fratelli d'Italia und deren strikt konservative Positionen in der Familien- und Rechtspolitik erinnert. Das hindere sie aber nicht daran – so die italienische Regierungschefin – eng und vertrauensvoll mit Biden zusammenzuarbeiten. Der sieht das wohl ähnlich und sagte gar: »Wir sind Freunde geworden.«

Die rechtspopulistischen Parteien in Europa haben ihre je eigenen politischen Besonderheiten. Aber es gibt einen großen gemeinsamen Nenner, und das ist der Kampf für eine repressive Asylpolitik. Die etablierten Parteien sind auf diesem Feld über die letzten Jahrzehnte kaum weitergekommen, es scheint Europas ewige Baustelle zu sein. Dass die Rechtspopulisten die unkontrollierte Einwanderung und die mit ihr verbundenen Probleme beheben könnten, darf bezweifelt werden. Aber im Gegensatz zu den etablierten Parteien müssen sie sich einen Vorwurf nicht gefallen lassen: den der Realitätsverweigerung. Der Aufstieg der Rechtspopulisten basiert nicht auf Demagogie, sondern auf dem Versagen der regierenden Eilten. Wenn sie die Asylpolitik weiterhin nicht ernst nehmen, werden die extremen Rechten auch in Zukunft Erfolge feiern können.

Dass diese sich in Deutschland auch intellektuell darauf vorbereiten, macht einmal mehr das »Institut für Staatspolitik« deutlich. Die rechte Kaderschmiede veranstaltete auch in diesem Jahr ein Sommerfest in Schnellroda. Ende Juli moderierte Götz Kubitschek dabei unter dem Motto »Unsere Zeit kommt!« eine Debatte, bei der unter anderem der auf dem AfD-Bundesparteitag in Magdeburg nominierte Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, auftrat. Wenige Tage zuvor war dieser vom italienischen Parlamentspräsidenten Lorenzo Fontana (Lega), protokollarisch der zweithöchste Politiker Italiens, empfangen worden. Grund genug, das alles sehr genau im Blick zu behalten.

Neue Kurzanalysen

Abgang des niederländischen Regierungschefs Mark Rutte

Mit dem Sturz der niederländischen Regierung am 7. Juli endete die Amtszeit von Mark Rutte, dem am längsten regierenden Premierminister in der Geschichte des Landes.[1] Er war der Manager-Politiker par excellence. Mehr...

US-Konjunktur zeigt noch keine Ermüdungserscheinungen

Trotz hoher Zinsen und Inflation läuft die US-Wirtschaft gut. Die Notenbank Fed strebt eine Preissteigerungsrate von 2,0% an und sieht sich damit noch nicht am Ziel: Sie hob den Leitzins daher um einen viertel Prozentpunkt an – auf die neue Spanne von 5,25 bis 5,50%. Mehr...

Hohe Leitzinsen als fragwürdiges Steuerungsinstrument

Die amerikanische Zentralbank hat den Leitzins erneut um 0,25% angehoben. In wenigen Monaten wurde dieses zentrale Steuerungsinstrument von 0 auf 5,5% hochgeschraubt. Es ist damit der höchste Stand seit 2001. Mehr...

Die Labour Party im Realitätstest

In den Nachwehen von drei Nachwahlen zum Unterhaus hat sich die Labour Party auf ihr gewohntes Terrain der Streitereien und Selbstgeißelungen begeben. Dieses Mal wendet sich die dominierende Rechte der Partei gegen Sadiq Khan, den Mitte-Links-Bürgermeister von London. Mehr...

Millionen Kinder und Jugendliche in Armut

In der Berliner Republik hat der Gegensatz von Reichtum und Armut deutlich zugenommen. Im Jahr 2021 hat dieser Widerspruch einen historischen Höchststand erreicht. Die Vermögen privater Haushalte in Deutschland sind zwischen 2017 und 2021 gestiegen. Mehr...

Die Zerstörung der israelischen Demokratie

Das israelische Parlament hat den ersten Teil der »Justizreform« der rechtsreligiösen Regierung unter Benjamin Netanjahu in der abschließenden dritten Lesung mit der Regierungsmehrheit von 64 Stimmen (bei insgesamt 120 Sitzen in der Knesset) verabschiedet. Mehr...

Schwedens NATO-Beitritt ist unklug und antidemokratisch

Die schwedische Rechte hat ihr Hauptziel seit 1945 erreicht: Teil des amerikanischen Imperiums zu werden. 200 Jahre erfolgreicher schwedischer Friedens- und Neutralitätspolitik wurden zugunsten einer Kriegsallianz unter Führung der USA aufgegeben. Mehr...

Trump beherrscht die Republikanischen Partei

Der frühere US-Präsident Donald Trump befürchtet eine baldige Anklage im Zusammenhang mit der gewaltsamen Erstürmung des US-Parlaments am 6. Januar 2021. Der Untersuchungsausschuss im Kongress hatte ihm im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol gleich mehrere Vergehen vorgeworfen – unter anderem, dass er die Menge zum Aufruhr angestiftet haben soll. Mehr...

Langsame Überwindung der Polykrise?

Die Weltwirtschaft ist immer noch in einer Schwächephase. Sie expandierte im I. Quartal 2023, regional allerdings in unterschiedlichem Tempo: Dem schwachen Wachstum in den kapitalistischen Hauptländern stehen Zuwächse in den BRICS-Ländern (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) und in zahlreichen weiteren Schwellenländern gegenüber. Mehr...

Chinas Ökonomie schwächelt

Nachdem im Dezember 2022 die Volksrepublik China strengen Corona-Beschränkungen aufgehoben hatte, erholte sich die Wirtschaft zunächst deutlich. Seither jedoch hat sich die Erholung deutlich abgekühlt. Mehr...

Weitere Kommentare und Kurzanalysen gibt es hier.

Aktuelle VSA: Bücher

Im Juli sind erschienen:

Freerk Huisken: FRIEDEN. Eine Kritik. Aus aktuellem Anlass.
Flugschrift | 154 Seiten | EUR 12.00 | ISBN 978-3-96488-193-9

Heiner Dribbusch: STREIK
Arbeitskämpfe und Streikende in Deutschland seit 2000 – Daten, Ereignisse, Analysen
376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80 | ISBN 978-3-96488-121-2

Meng Jie/Jan Turowski (Hrsg.): Immer noch tastend den Fluss überqueren
Chinas marktsozialistisches Modell verstehen
Linker ChinaDiskurs 2 | Eine Publikation des Beijing-Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung
256 Seiten | EUR 16.80 | ISBN 978-3-96488-118-2


Für August 2023 erwarten wir:

Kim Lucht/Frank Deppe/Klaus Dörre (Hrsg.): Sozialismus im 21. Jahrhundert?
Sozialismus-Debatten 1 | 240 Seiten | EUR 19.80 | ISBN 978-3-96488-173-1

Gün Tank/Biplab Basu/Eberhard Schultz/Klaus Kohlmeyer (Hrsg.)
Das Problem heißt institutioneller Rassismus. Vielfalt statt Ausgrenzung
176 Seiten | EUR 16.80 | ISBN 978-3-96488-086-4

Pavla Plachá: Zerrissene Leben
Tschechoslowakische Frauen im Konzentrationslager Ravensbrück 1939–1945
Aus dem Tschechischen von Marika Jakeš
440 Seiten | teilweise in Farbe | Hardcover | EUR 34.80 | ISBN 978-3-96488-169-4

Tania Mancheno (Hrsg.): Dekoloniale Perspektiven
Widerständige nicht-weiße Erinnerungskultur
260 Seiten | EUR 19.80 | ISBN 978-3-96488-153-3

Felix Jaitner: Öl & Gas: Russlands Entwicklungsmodell
Vom autoritär-bürokratischen Staatssozialismus zum Ressourcenextraktivismus
352 Seiten | Hardcover | EUR 29.80 | ISBN 978-3-96488-190-8

Johannes Schult: Bessere Bildung »för lütte Lüüd«
Böhnhasen, Kaffeebödels und Wullmüüs: Erinnerungen eines Sozialdemokraten (1884–1965) aus Hamburg-Hammerbrook
Herausgegeben von Gine Elsner unter Mitarbeit von Wolfgang Schult
256 Seiten | EUR 24.80 | ISBN 978-3-96488-186-1

Veranstaltungs-Tipps

Kämpfe verbinden
4.8.2023 | Freiburg | 19:30 Uhr, Katholische Akademie der Erzdiözese Freiburg, Wintererstr. 1.
Anti-Rassismus, Feminismus, Anti-Klassismus und Klimagerechtigkeit. Was haben die Kämpfe gegen die Klimakatastrophe, gegen Sexismus, gegen Rassismus und gegen Klassismus gemeinsam? Kein Kampf kann alleine gewonnen werden. Wir werden nur Erfolg haben, wenn wir gemeinsam kämpfen und wenn wir uns auf gemeinsame Ziele verständigen. Wie eine Gesellschaft aussieht, die unter den Folgen von Klimakrise und gesellschaftlicher Spaltung zerbricht, können wir uns (inzwischen) vorstellen. Wie eine Gesellschaft sein wird, die egalitär, ökologisch, feministisch und antirassistisch ist, wissen wir nicht. Ein spannendes Projekt für das es sich zu leben und zu kämpfen lohnt. Es diskutieren: Alex Demirovic, Francis Seeck, Nava Zarabian, Nina Degele (angefragt), Dejan Mihajlovic u.a. Eine Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg im Rahmen und in Kooperation mit der Zukunftsakademie Freiburg.

Auftakt des Terrors – Frühe Konzentrationslager im Nationalsozialismus
11.8.–13.9.2023 | Pirna | K2 Kulturkiste, Schössergasse 3.
In der Ausstellung wird die bis heute weithin unbekannte Geschichte der frühen Lager erstmals für ein breites Publikum aufbereitet. Die Schau besteht aus elf Themenstationen und beleuchtet die Rolle und Funktion sowie die Vorgeschichte der frühen Lager im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. Anhand exemplarischer Einzelschicksale führt sie die nie dagewesene Brutalität vor Augen, die schon die Frühphase der NS-Diktatur kennzeichnete.
Weitere Stationen der Ausstellung:
10.6.–6.8. Colditz (Schloss), 15.9.–15.10. Hainewalde (Schloss), 28.10.–30.11. Plauen (Colorido).
Die Wanderausstellung wurde von der Arbeitsgemeinschaft »Gedenkstätten an Orten früher Konzentrationslager« erarbeitet. Eine Veranstaltung der sächsischen Landesarbeitsgemeinschaft Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus (sLAG) in Kooperation mit dem AKuBiZ e.V. Pirna, der RLS Sachsen und der Stiftung Sächsische Gedenkstätten. In Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung: Gesellschaftsanalyse und politische Bildung e.V.

»Kara Kafa«
24.8.2023 | Köln | 19:30 Uhr, Kölner Filmhaus, Maybachstr. 111.
Der türkische Metallarbeiter Cafer holt seine Familie aus dem Dorf nach Deutschland. Er ist überzeugt, dass Deutschland das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist und die Familie aus der Armut gerettet wird. Das neue Leben bringt jedoch viele Schwierigkeiten und Unerwartetes – seine Frau engagiert sich in der Frauenbewegung und verändert sich durch den Einfluss befreundeter Genoss*innen äußerlich und mental, der ältere Sohn ist einsam und will nicht in die Schule, die Tochter muss zu Hause bleiben und sich um ihren neugeborenen Bruder kümmern. Mit seinem linken, politischen Blick auf die Arbeitsmigration hebt KARA KAFA sich von vielen anderen Beispielen des deutsch-türkischen Kinos ab. Nach seiner Fertigstellung 1980 verbot das damalige Zensurkomitee in der Türkei den Film: Er verletze »die Ehre Deutschlands, der befreundeten Nation«. Gegen den Regisseur Korhan Yurtsever wurde wegen des Films Anklage erhoben, er floh nach Berlin, wo er einige Jahre im Exil lebte. Die Originalnegative, die von den türkischen Behörden nicht beschlagnahmt werden konnten, sind letztes Jahr überraschenderweise aufgetaucht und dienten als Grundlage für diese Restaurierung. Im Anschluss an den Film findet ein Filmgespräch statt. Eine Kooperationsveranstaltung des Filmhaus Köln und der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW.

Sozialismus neu entdecken
31.8.2023 | Leipzig | 18:00 Uhr, Felsenkeller, Turmzimmer, Karl Heine-Str. 32.
Ein Podiumsgespräch mit ­Michael Brie über sein gleichnamiges Buch, dass im VSA: Verlag erschienen ist. In diesem wird der Frage nachgegangen, was der Sozialismus in das Projekt einer großen sozialökologischen Transformation im 21. Jahrhundert einbringen kann. Eine Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen.

Gelingende und misslingende Solidarisierungen – 50 Jahre spontane Streiks
1./2.9.2023 | Düsseldorf | DGB-Haus, Friedrich-Ebert-Straße 34-38.
Im August 2023 jähren sich zum 50. Mal die spontanen Streiks beim Autozulieferer Pierburg in Neuss und bei Ford in Köln (siehe auch den Beitrag von Witich Roßmann in Heft 7/8-2023 von Sozialismus.de), die wegen des weit überproportionalen Anteils von Migrant*innen unter den Streikenden eine geradezu symbolische Bedeutung erlangten. Es referieren und diskutieren u.a. Nihat Öztürk, Simon Goeke, Christiane Benner und Nicole Mayer-Ahuja. Eine gemeinsame Tagung von Rosa-Luxemburg-Stiftung, Hans-Böckler-Stiftung, Otto-Brenner-Stiftung, Stiftung Menschenwürde und  Arbeitsweilt, IG Metall (Vorstandsressort Migration und Teilhabe und  Geschäftsstelle Düsseldorf-Neuss), Institut für soziale Bewegungen in Bochum sowie  German Labour History Association. Weitere Infos unter www.rosalux.de/veranstaltung/es_detail/X6FIX/gelingende-und-misslingende-solidarisierungen Kontakt: Florian Weis (florian.weis@rosalux.org).

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