Liebe Freundinnen und Freunde von Sozialismus.de,

Covid-19 hat das Leben fest im Griff. Es liegt deshalb auf der Hand, dass die Mai-Ausgabe von Sozialismus.de ein Schwerpunktheft ist, das sich mit verschiedenen Rahmenbedingungen und Folgen der Pandemie auseinandersetzt. Zu einem Zeitpunkt, zu dem in einigen Staaten erste Lockerungen des Shutdown und Lockdown erprobt werden, während andernorts die Infektionen exponentiell zunehmen. Aber bei aller Ungleichzeitigkeit: Die Krise ist noch lange nicht durchgestanden, ihre Nachwirkungen werden gewaltig sein.

Die Bitte an unsere Leser*innen:
Passt gut auf euch auf, bleibt gesund und widerständig!
Die Redaktion

Das neue Heft

Noch im vergangenen Jahr forderte die Bertelsmann-Stiftung in einem Gutachten ein rabiates Zusammenstreichen der Kapazitäten in der Krankenhausversorgung. Im Lichte der Krise kann man sagen: eine geradezu mörderische Empfehlung. Cornelia Heintze hat sich die Versorgungskapazitäten in verschiedenen europäischen Gesundheitssystemen näher angeschaut, deren Schwächen und Stärken herausgearbeitet. Den »schlimmsten wirtschaftlichen Abschwung seit der Großen Depression« trotz gewaltiger Stützungsprogramme nehmen Joachim Bischoff und Bernhard Müller unter die Lupe: in China, der Dritten Welt, der EU, den USA.  Eine systemische Krise neoliberaler Globalisierung mit der Realität massiver sozialer Polarisierung – Dieter Klein stellt erste Überlegungen zu den Lehren für linke Strategiedebatten zusammen.

Denn das gilt es zu verhindern: schlechter aus den Umwälzungen herauszukommen, als man hineingeraten ist. Die Auto-Lobby kämpft in Brüssel intensiv dafür, die nächste Stufe der CO2-Reduktion hinauszuschieben. Weshalb das im Ansatz verhindert werden muss, zeigt die Memo-Gruppe auf: Kernstrategien für nachhaltige Mobilität.

Covid-19 global: Wolfgang Müller erläutert, wie China es geschafft hat, die Übertragung des Virus zu bekämpfen. Klaus Busch ist sich sicher: Die Corona-Pandemie führt die EU in eine Existenzkrise. Bernhard Sander sieht Frankreich an der Scheidelinie zwischen einem Vorsorge- oder Nationalstaat. Thomas Jaitner schildert die zugespitzte Lage in Spanien und – wie im Fall Italien – die Erosion europäischer Politik. Otto König und Richard Detje sehen in Lateinamerika eine »soziale und gesundheitspolitische Zeitbombe«.

Die britische Labour-Party hat nach der Wahlniederlage im Dezember vergangenen Jahres eine neue Führung gewählt. Auf Jeremy Corbyn (Parteichef von 2015 bis 2020) folgen als Vorsitzender Keir Starmer und als Stellvertreterin Angela Rayner. Florian Weis kommentiert: »weder Corbyn noch Blair«.

Im Forum Gewerkschaften beleuchtet Jakob Habermann die »sozialen Ungleichheiten im Schatten der Pandemie«. Sybille Stamm und Reinhard Bispinck eröffnen einen neuen Debattenschwerpunkt: »Meine Zeit ist mein Leben – Neuaufnahme der Kämpfe um Arbeits- und Lebenszeit«. Weitere Beiträge über neue Ansätze gewerkschaftlicher Zeitpolitik in Industrie und Dienstleistungen und europäischen Nachbarstaaten, über das Verhältnis von Zeit- und Leistungspolitik sowie die Verschränkung von tariflichen und gesetzlichen Initiativen folgen in den kommenden Heften.

Der Film des Monats ist nicht im Kino, sondern noch bis Anfang Juli in der ARD-Mediathek zu sehen: die Adaption des Romans von Siegfried Lenz »Der Überläufer«. Für Marion Fisch eine »weitere Ad-absurdum-Führung aller Ansätze, ›stolz zu sein auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen‹« (Gauland).

Das neue Supplement

EuroMemo Gruppe
EuroMemo 2020
Ein Green New Deal für Europa: Möglichkeiten und Herausforderungen
Mit einer Stellungnahme zur Covid-19-Krise
Sozialismus.de Supplement zu Heft 5/2020
52 Seiten | EUR 7.00 | ISBN 978-3-96488-069-7

»Zusammen mit zunehmender sozialer Ungleichheit, wiedererstarkenden autoritären Nationalismen und der Krise der globalen Governance erfordert der Klimawandel dringend umfassende und wirkungsvolle politische Gegenmaßnahmen. Ein Green New Deal könnte ein erster Schritt zu einer umfassenderen und langfristigen sozial-ökologischen Transformation sein, wenn er als politisches Programm verstanden wird, das mit einem massiven Investitionsprogramm und einer Agenda der sozialen Inklusion einhergeht.«

1. Mai 2020


Zum ersten Mal seit der Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbundes 1949 wird es 2020 keine Demos und Kundgebungen auf Straßen und Plätzen zum Tag der Arbeit am 1. Mai geben. Denn in Zeiten von Corona heißt Solidarität: mit Anstand Abstand halten. Und trotzdem stehen Gewerkschafter*innen, abhängig Beschäftigte, Arbeitslose am Tag der Arbeit 2020 zusammen – digital, in den sozialen Netzwerken, mit einer Live-Sendung am 1. Mai ab 11:00 Uhr auf dgb.de/erstermai sowie auf Facebook und Youtube.

Neue Kurzanalysen

Die Schuld der Anderen

»Befreit Minnesota!«, »Befreit Michigan!«, »Befreit Virginia« und »rettet unseren großartigen zweiten Verfassungszusatz, der attackiert wird!«, twitterte Donald Trump und rief zum Widerstand gegen den von Gouverneuren der Bundesstaaten angeordneten »Shutdown« auf. Mehr...

Pandemie verschärft die soziale Spaltung und die Verteilungsauseinandersetzungen

Die Corona-Epidemie und die damit verbundenen Folgen des gesellschaftlichen »Lockdowns« führen weltweit zu einem Absturz in den nationalen Wirtschaftsleistungen. Der erhoffte und teils eingeleitete Rekonstruktionsprozess wird davon abhängen, wie lange der gesundheitspolitisch notwendige »Lockdown« der Wirtschaft andauert. Mehr...

»Opening Up America Again«

Bereits im März hatten sich in den USA Kongress und Regierung auf einen Rettungsschirm gegen die Folgen des »Lockdowns« in Höhe von 2,2 Bio. US-Dollar verständigt. Jetzt haben sich Republikaner und Demokraten nach Angaben des Mehrheitsführers im Senat auf ein viertes staatliches Programm in Höhe von 480 Mrd. US-$ (442 Mrd. Euro) geeinigt. Mehr...

Die Pandemie macht die Systemfrage sichtbar

Es war in der Botschaft Japans in Berlin zu Beginn des Jahres. Die ersten besorgniserregenden Nachrichten aus der Volksrepublik China hatten auch Europa erreicht. Für manchen deutschen Politiker, der der Einladung des Botschafters gefolgt war, schien das aber alles noch sehr weit weg. Mehr...

Trumps Erdöl-Deal ist wirkungslos

Die Corona-Krise drückt den Ölpreis auf ein immer tieferes Niveau: Trotz der von den größten Förderländern vereinbarten drastischen Produktionsdrosselung hat er erneut nachgegeben. Angesichts der durch die Pandemie bedingten geringen Nachfrage sank der Preis für ein Barrel der US-Referenzsorte WTI auf 14,90 US-Dollar. Dies ist der niedrigste Stand seit rund zwei Jahrzehnten. Mehr...

Von Lenin lernen – und es anders machen

Am 22. April jährte sich zum 150. Mal der Geburtstag von Lenin. Michael Brie wurde aus diesem Anlass zu mehreren Veranstaltungen eingeladen. Da diese nicht stattfinden können, gab es den Vortrag als Livestream auf der Facebook-Seite der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Mehr...

Vom Applaus zur Mehrarbeit

Welcher Politiker hat nicht in den zurückliegenden Tagen Beifall heischend Reden über die herausgehobene Rolle von Beschäftigten in »systemrelevanten« Berufe geschwungen. Pflegekräfte in Krankenhäusern und Altenpflegestätten, Ärzt*innen, Kassiererinnen in den Supermärkten, Müllabfuhr, LKW-Fahrer und all die anderen »Held*innen des Alltags« (so Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, SPD) in der Coronakrise wurden aus dem Schatten der Nicht-Aufmerksamkeit hervor gezerrt. Mehr...

Der amerikanische Albtraum

Die rasante Ausbreitung der Corona-Pandemie und die Gegenmaßnahmen der Trump-Administration haben das öffentliche Leben in den USA weitgehend zum Erliegen gebracht. Es zeigt sich das aus anderen Ländern bekannte Erscheinungsbild: Die große Mehrheit der rund 330 Mio. Amerikaner*innen unterliegt Ausgangsbeschränkungen. Mehr...

»Weder Fluch noch Segen«

Rentenpolitik im Schatten von Covid 19 droht vor allem wieder eins zu werden: Krisenpolitik. Eigentlich war eine »Grundrente« zwischen den Koalitionsparteien fest vereinbart: Ab kommendem Jahr sollen rund 1,3 Millionen Versicherte finanzielle Zuschläge auf ihre nicht existenzsichernden Niedrigstrenten erhalten. Mehr...

Weitere Kommentare und Kurzanalysen gibt es hier.

VSA: Bücher

Im Mai erscheinen:

Ulrich Brand: Post-Wachstum und Gegen-Hegemonie
Klimastreiks, Krise der imperialen Lebensweise und Alternativen zur autoritären Globalisierung
192 Seiten | EUR 16.80 | ISBN 978-3-96488-027-7

Michael Brie/Judith Dellheim (Hrsg.): Nulltarif
Luxus des Öffentlichen im Verkehr: Widersprüchlicher Fortschritt einer Idee im ÖPNV
Eine Veröffentlichung der Rosa-Luxemburg-Stiftung
240 Seiten | EUR 16.80 | ISBN 978-3-96488-011-6

IG Metall-Bezirksleitung Küste (Hrsg.): Matrosenaufstand und Novemberrevolution 1918
Was Republik und Demokratie für Gewerkschaften bedeuten
112 Seiten | EUR 9.80 | ISBN 978-3-96488-063-5

Jens-F. Dwars/Dieter Hausold/Christiane Schneider/Paul Wellsow: Ein Sokrates der DDR
Nachdenken über Dieter Strützel (1935-1999) | Herausgegeben von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen | 72 Seiten | EUR 6.00 | ISBN 978-3-96488-061-1

Dietlind Kautzky/Thomas Käpernick (Hrsg.): »Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden«
Der Todesmarsch von Hamburg nach Kiel 1945 – Neun Biografien
192 Seiten | Hardcover | Fotos | EUR 19.80 | ISBN 978-3-96488-064-2

Franz J. Hinkelammert: Die Dialektik und der Humanismus der Praxis
Mit Marx gegen den neoliberalen kollektiven Selbstmord
Eine Veröffentlichung der Rosa-Luxemburg-Stiftung
240 Seiten | durchgehend vierfarbig | EUR 16.80 | ISBN 978-3-96488-056-7

Tipps

An dieser Stelle verweisen wir sonst auf Veranstaltungen zu aktuellen politischen Themen. Da diese aufgrund der Covid-19-Pandemie bis auf weiteres abgesagt sind, einige Hinweise darauf, wie Weiterbildung & Aktion im Netz trotzdem gehen können.

Winter adé

In der (äußerst ergiebigen) Mediathek der Bundeszentrale für politische Bildung findet sich dieser Dokumentarfilm von Helke Misselwitz aus dem Jahr 1988.
Ein Jahr vor dem Fall der Mauer fängt die Regisseurin auf ihrer beeindruckenden, in Schwarz-Weiß gedrehten Reise durch die DDR die Stimmung im Land und die Hoffnungen, Wünsche und Enttäuschungen insbesondere der Frauen ein. Zusätzlich gibt es in der Mediathek ein 2018 geführtes Gespräch mit der Regisseurin über diesen Film und seine Entstehungsbedingungen in der DDR. »Winter adé« empfiehlt sich nicht zuletzt als Ergänzung für die in Sozialismus 4/2020 dokumentierten Beiträge von Frauen zur Strategiekonferenz der LINKEN am 29.2/1.3.2020, aber z.B. auch zu »Frauen in der DDR und der BRD – ein Vergleich« von Ursula Schumm-Garling in Sozialismus 11/2019, S. 35ff.

Die Linke und die globale Pandemie
Das europäische Netzwerk transform! hat bereits eine Reihe von Videos zu den strategischen Herausforderungen der Covid-19-Pandemie und Alternativen der Linken veröffentlicht. Mit Beiträgen des Mitherausgebers des »Socialist Register«, Leo Panitch, interviewt von Kate Hudson; Luciana Castellina und Nancy Frazer, interviewt von Haris Golemis; sowie Alex Demirovic im Gespräch mit Gerassimos Kouzelis. Weitere Webinare setzen sich mit der Lage der Flüchtlinge auf dem Balkan und in Griechenland in Zeiten der Pandemie auseinander.

Globale Solidarität

»Unsere Welt gerät aus den Fugen: Soziale Spaltung, Ungleichheit, Wirtschaftskrise, Klimakatastrophe und der Aufstieg eines neuen Autoritarismus stellen unsere Zivilisation grundlegend infrage. Der Kapitalismus ist gescheitert, ob in seiner protektionistischen oder globalisierten Variante, und es wird immer klarer, dass vernünftige Antworten auf diese drängenden Zukunftsfragen demokratisch und sozialistisch sein müssen.« Dieser Aufgabe stellt sich das Dossier der Rosa-Luxemburg-Stiftung: Globale Solidarität – für einen Internationalismus der Zukunft.

Soziale Ungleichheit
Inzwischen haben 725.000 Betriebe Kurzarbeitergeld beantragt. Einer Hochrechnung der Hans-Böckler-Stiftung zufolge sind annähernd vier Millionen Beschäftigte von Kurzarbeit betroffen. Nach einer HBS-Befragung sind »Beschäftigte in niedrigeren Einkommensgruppen … häufiger in Kurzarbeit als Arbeitnehmer mit höheren Einkommen. Nur 32% der Betroffenen berichten, dass sie eine betriebliche Aufstockung erhalten, für die Mehrheit der Beschäftigten (52%), vor allem Frauen, gilt das nicht. Von den Befragten, die in Kurzarbeit sind und keine Aufstockung erhalten, geben 40% an, in dieser Situation maximal drei Monate finanziell durchhalten zu können.« Zudem kommt es verstärkt zu einem Rückfall in traditionelle Formen geschlechtlicher Arbeitsteilung. Zur Befragung ­äußerte sich auch die designierte WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch in der verlinkten Presseerklärung.

Zu diesem Newsletter

Sie erhalten diese E-Mail, weil Sie sich für den kostenlosen Bezug der »SozialismusNews« angemeldet haben (siehe auch Punkt 8. unserer aktualisierten Datenschutzerklärung). Sie können Ihr Abonnement jederzeit beenden. Wenn Sie das Abonnement ändern oder löschen möchten, klicken Sie bitte hier und beachten Sie die Hinweise zur weiteren Vorgehensweise. E-Mails an die Absenderadresse werden nicht gelesen. Wenn Sie die Inhalte dieser Information kommentieren möchten, senden Sie bitte eine E-Mail an redaktion@sozialismus.de.

© 2020 Redaktion Sozialismus